Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)
suchen, wo er leben kann. Aber ich habe Arbeit, und wenn dieser Job vorbei ist, suche ich mir einen neuen.«
»Ich weiß, dass du mir das Geld zurückzahlst, Matthew, genauso wie ich weiß, dass es mir egal ist.«
»Mir ist es aber nicht egal.«
»Nun, das verstehe ich. Ich stelle dir den Scheck unter der
Bedingung aus, dass du mich über Bucks Fortschritte auf dem Laufenden hältst.«
»Ich nehme den Scheck an. Unter der Bedingung, dass niemand davon erfährt. Absolut niemand.«
»Mit anderen Worten, du willst nicht, dass Buck oder Tate davon wissen.«
»Genau.«
»Du machst es dir nicht leicht, Matthew.«
»Kann sein, aber so will ich es nun mal.«
»In Ordnung.« Da Ray offenbar nicht mehr für ihn tun konnte, würde er Matthews Wunsch erfüllen. »Ich hinterlege den Scheck an der Rezeption.«
»Danke, Ray.« Matthew hielt ihm die Hand hin. »Für alles. Eigentlich war es ein toller Sommer.«
»Zum größten Teil. Es wird noch mehrere Sommer geben, Matthew, andere Wracks. Es wird die Zeit kommen, dass wir wieder zusammen tauchen. Die Isabella liegt immer noch da unten.«
»Und der Fluch der Angelique.« Matthew schüttelte den Kopf. »Nein danke. Der Preis ist zu hoch, Ray. Im Augenblick ist mir danach, das Amulett den Fischen zu überlassen.«
»Wir werden sehen. Gib auf dich Acht, Matthew.«
»Ja. Sag … sag Marla, dass ich ihre Kochkünste vermissen werde.«
»Sie wird dich auch vermissen. Wie wir alle. Was ist mit Tate? Soll ich ihr etwas von dir ausrichten?«
Es gab so viel zu sagen. Und auch wieder nichts. Matthew schüttelte den Kopf.
Als Matthew kurz darauf allein an der Bar saß, schob er sein Bier beiseite. »Whiskey«, orderte er. »Am besten gleich die ganze Flasche.«
Es war sein letzter Abend auf der Insel, und er wusste keinen Grund, warum er ihn nüchtern verbringen sollte.
ZWEITER TEIL
Gegenwart
Das Jetzt, das Hier,
durch das alle Zukunft
in das Vergangene stürzt.
JAMES JOYCE
Erstes Kapitel
A n Bord der Nomad befanden sich siebenundzwanzig Besatzungsmitglieder. Tate war stolz, zu dieser Mannschaft zu gehören.
Fünf Jahre lang hatte sie hart gearbeitet und sich ausschließlich auf ihr Studium konzentriert, bis sie endlich ihren Abschluss in Meeresarchäologie bestanden hatte. Freunde und Familie hatten sich schon ernsthafte Sorgen um sie gemacht und ihr geraten, das Studium lieber ein wenig langsamer anzugehen, aber sie war davon überzeugt gewesen, dass dieser akademische Grad der einzige Bereich in ihrem Leben war, auf den sie selbst Einfluss nehmen konnte.
Und sie hatte es geschafft. Die drei Jahre, die seither vergangen waren, hatte sie genutzt, und dank ihrer Verbindungen zum Poseidon-Institut und ihrem Forschungsauftrag an Bord der Nomad nahm sie gerade die nächste Hürde auf dem Weg zu ihrem Doktortitel und einer guten Reputation in wissenschaftlichen Kreisen.
Vor allem aber tat sie das, wovon sie immer geträumt hatte.
Bei dieser Expedition ging es sowohl um Wissenschaft als auch um Profit, der für Tate einzig logischen und akzeptablen Reihenfolge.
Die Unterkünfte für die Crew wirkten ein wenig karg, dafür waren die Labors und die Ausrüstung nach dem allerneuesten Stand der Technik ausgestattet. Der alte Frachter war für Meeresforschung und Ausgrabungen komplett umgebaut worden. Er mochte langsam sein und nicht sonderlich elegant aussehen, aber Tate hatte schon vor langer
Zeit eingesehen, dass ein attraktives Äußeres selten auf das Innere schließen ließ. Diese Lektion hatte sie am Ende eines Sommers voller naiver Träume gelernt.
Die Crew der Nomad setzte sich aus den besten Wissenschaftlern und Technikern verschiedener Fakultäten zusammen. Und sie, Tate, gehörte dazu.
Der Tag hätte nicht schöner sein können. Das Wasser des Pazifik glitzerte wie ein blauer Edelstein, und darunter, viele Faden tief, in Bereichen, in die weder Licht noch Menschen vordrangen, lag der Raddampfer Justine mit seinen Schätzen.
Tate machte es sich auf ihrem Liegestuhl gemütlich und öffnete den Laptop auf ihren Knien, um den Brief an ihre Eltern zu beenden.
Wir werden sie finden. Die Ausrüstung auf diesem Schiff ist die beste, die ich je gesehen habe. Dart und Bowers können es kaum erwarten, ihren Roboter auszuprobieren. Wir haben ihn »Chauncy« getauft, keine Ahnung warum. Aber wir setzen viel Vertrauen in den kleinen Kerl. Bis wir die Justine gefunden haben und mit der Arbeit beginnen können, halten sich meine Aufgaben in Grenzen. Jeder übernimmt
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