Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)
einige höhnisch grinsend, andere wachsam. Sie waren selbst nicht stark, aber alle hatten ihren Gefährten gerufen, und sie benutzten ihre Macht, um Asharti zu unterstützen, die inmitten des Kreises regelrecht surrte.
Ein schwerer Mantel aus roter Wolle wirbelte über einem Kleid aus cremefarbenem Kaschmir, das mit spinnennetzfeiner Stickerei im passenden Rotton verziert war. Die Säume des Mantels waren mit Ornamenten aus Gold geschmückt. Ashartis Augen wirkten wie boshafte schwarze Schlitze. »Ich habe dich einst gewarnt, dass du nicht willkommen sein würdest, solltest du je in mein Leben zurückkehren.« Ihre Stimme hallte in dem Zimmer wider, genährt von der Macht ihrer fünf Handlanger, die sich ihrer eigenen zugesellte. »Und jetzt hast du etwas gestohlen, das mir gehört.«
Beatrix schluckte. Das Summen der Macht umgab sie. Nur ein Vampir, der sehr viel älter als sie war, oder mehrere, die ihre Macht vereinten, konnten Beatrix überwältigen und fesseln. Es war ihr noch nie widerfahren. Angesichts eines Vampirs pro Stadt waren die Möglichkeiten minimal, Macht zusammenfließen zu lassen. Beatrix hob das Kinn. »Genau genommen hast du gesagt, ich würde es bedauern, dich verlassen zu haben. Das habe ich nie. Und er gehörte mir.« Es klang bockig, aber es war das Beste, das sie zustande brachte.
»Was hat er dann in Paris zu suchen? Es war ein faires Spiel«, zischte Asharti. Ihre Gestalt schien in dem verdunkelten Zimmer größer zu werden. »Wo ist er? Thierry hat gesagt, er habe zwei Vibrationen gespürt, du musst ihn also geschaffen haben.« Sie lächelte Beatrix spöttisch an. »Das ist doch gar nicht dein Stil.«
»Er ist fort.«
»Er hat dich zum zweiten Mal verlassen?« Asharti lachte. »Du bist ziemlich tief gesunken in der Welt, Bea.«
»Er war … aufgebracht. Du vor allem weißt, wie unangenehm die ersten Tage als einer von uns sein können.«
»Wir werden ihn finden, keine Angst.«
Genau davor hatte Beatrix Angst. Ich hoffe, du bist weit und schnell gelaufen, mein lieber John.
Asharti begann, unruhig hin und her zu gehen, während sie den Blick durch das Zimmer wandern ließ. »Denk nicht, dass ich dir deinen Verrat vergebe, nur weil er dir davongelaufen ist. Du behinderst mich bei jedem meiner Schritte. Wie kann ich das sein, zu dem ich bestimmt bin, wenn du mir ständig über die Schulter siehst?«
Was? Sie hatte die Frau seit sechshundert Jahren nicht mehr gesehen. »Und wozu bist du bestimmt?«, fragte Beatrix, nur um irgendetwas zu sagen.
»Ich wurde von Robert le Blois geschaffen, wenn du dich erinnerst«, erwiderte sie und richtete sich auf. »Nach unserem Verständnis bin ich sein Abkömmling. Und das heißt, dass Frankreich mir gehört …«
»Frankreich gehört dem französischen Volk, auch wenn Bonaparte wenig geneigt zu sein scheint, das zuzugeben.« Beatrix wurde bewusst, dass Asharti kurz davor stand, dem Wahnsinn zu verfallen.
Asharti schnaubte. »Vermutlich unterstützt du die Republik, obwohl sie so viel Blut vergießt. Es ist fast so schlimm wie auf dem ersten Kreuzzug, das kannst du mir glauben. Nicht, dass mich das kümmert. Ich strebe etwas Wichtigeres an als ein Kaiserreich der Menschen.«
Was führte Asharti im Schilde? Beatrix spürte, wie Angst ihr den Rücken hinaufkroch.
»Du hast immer gedacht, du bist etwas Besseres als ich«, tobte Asharti weiter, und ihre Stimme wurde lauter. »Sogar Stephan dachte das. Nun, ich werde beweisen, wer von uns beiden die Bessere ist.« Sie begann, vor dem Halbkreis ihrer Konsorten hin und her zu gehen. »Was hast du schon mit deinem Leben angefangen, Beatrix? Selbst wenn du Kriege geführt hast, waren es Kriege der Menschen, Kriege um ihres Gewissens willen oder Kämpfe für ihre Freiheit. Verschwendete Mühe. Und jetzt höre ich, dass du die Kunst und die Musik liebst. Wie albern.«
Beatrix war getroffen genug, um scharf zu entgegnen: »Wäre das wirklich ein so großer Unterschied dazu, Bonaparte zu unterstützen?«
»Europa und Afrika unter Kontrolle zu bringen ist das Mittel der Wahl, all das zu beenden. Wir Vampire werden uns ernähren, wie wir es wollen, wir werden leben, wie wir es wollen. Die Menschen werden den ihnen zugewiesenen Platz als das Vieh einnehmen, das wir zu unserem Nutzen züchten. Ich werde unseresgleichen die Freiheit bringen.«
»Ein ungewöhnliches Konzept für eine Utopie«, sagte Beatrix angespannt. »Ich nehme an, du sprichst von dir und den Vampiren, die du schaffst. Wenn jeder Vampir
Weitere Kostenlose Bücher