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Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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deutlich zu verstehen.
    »Mitten in der Nacht Brot zu backen!« Eine Stimme wie das Krächzen eines Raben sagte das mit Missfallen. »Wo soll das noch enden?«
    Eine andere lachte rau; das Lachen endete in einem Hustenanfall. Als er vorüber war, fuhr sie fort: »Was kümmert es uns? Sie bezahlen uns gut dafür, dass wir um diese Zeit hier sind.«
    »Sie sollten mich lieber dafür bezahlen, dass ich dorthinaufgehe, wo all diese roten Augen in jeder Ecke glühen. Es sind Totenaugen, sage ich dir.« Dies sagte die Stimme, die wie ein Vogel krächzte.
    »Du bist an der Reihe zu gehen, Leesi«, sagte die hustende Stimme. »Ich hab vorhin das Wasser hochgebracht.«
    Eine Idee begann sich in Johns Kopf zu formen. Diese Frauen wussten vermutlich, wo Beatrix war. Es war ihnen erlaubt, zu ihr zu gehen, wenn auch nur, um ihr Essen und Wasser zu bringen.
    »Mir tut sie leid, so schön und so traurig, wie sie ist.« Diese Worte kamen von einer sanften weiblichen Stimme. »Was kann sie getan haben, dass man ihr dafür den Kopf abschlagen will?«
    »Ich dachte, wir hätten diesen Unsinn hinter uns, alles umzubringen, was sich bewegt.«
    »Ihr seid zwei alte Zimperliesen. Wir sollten lieber überlegen, was …«
    In Johns Kopf nahm ein Plan Gestalt an. Drei Frauen, die Zutritt zu Beatrix hatten. Zumindest zwei von ihnen waren Seelen, die die Arbeit in einem Gefängnis hart gemacht hatte. Würden sie wirklich helfen? Andererseits hatte er immer auf sein Glück vertraut und das genutzt, was ihm zur Hand gewesen war. Und wie sonst sollte er sie finden?
    Er trat aus dem Korridor in die hell erleuchtete riesige Küche, die mittelalterlich anmutete mit ihrem gigantischen Ofen, der einen Menschen gefasst hätte, und mit den Holztischen, auf denen Brotlaibe in ordentlichen Reihen lagen. Der Raum war erfüllt vom Geruch von Hefe, Salz und Schmalz und dem Rauch vom Feuer.
    Die drei Frauen keuchten auf. Eine griff nach einem großen Küchenmesser. »Wer sind Sie?«, rief die stämmige Frau mit der Krähenstimme. Ihre Hängebäckchen schwangen hin und her, während sie mit dem Messer herumfuchtelte.
    »Wie sind Sie hier hereingekommen?«, fragte das junge Mädchen erschrocken.
    »Oh bitte, nicht«, sagte John und streckte beruhigend die Hände aus, als die dritte Frau, ein grauhaariges altes Weib mit einem dünnen, sehnigen Hals und Venen wie Seilen auf den knorrigen Handrücken, sich von dem Tisch erhob, an dem sie gesessen und eine Liste auf grobes Papier geschrieben hatte. »Ich will Ihnen nichts tun.« Er wich an die Wand neben der Tür zurück. Er wusste, er sah heruntergekommen aus und hatte vermutlich einen Blick zum Fürchten, aber das konnte ihm auch zu seinem Vorteil gereichen. »Ich komme im Namen der Liebe.«
    Die drei zogen die Augenbrauen zusammen. »Liebe«, spottete die Stämmige.
    »Meine Verlobte, Beatrix, hat rotes Haar.«
    »Oh«, keuchte das junge Mädchen. »Sie ist das!«
    »Sie können hier nichts für Sie tun, Junge«, sagte die alte Frau mit der Schreibfeder; es klang freundlich trotz ihres rauen Tons. »Am Sonntag wird ihr Kopf in den Korb fallen.«
    »Sie werden sie niemals hier herausholen können, falls Sie das denken sollten«, sagte die Stämmige barsch.
    »Ist es so hoffnungslos?« Er ließ die Schultern sinken, während er die Frauen ansah.
    Die Stämmige räusperte sich. »Sie lassen sie die ganze Zeit von fünf dieser Kreaturen bewachen.«
    Fünf von Ashartis Vampiren? Hielten sie Beatrix allein durch ihre Zahl gefangen? Das also hatten die Frauen gemeint, als sie von roten Augen in allen Ecken gesprochen hatten.
    »Geister, würde ich sagen. Man kann nicht gegen Geister kämpfen.« Die Alte unterstrich ihre Worte, indem sie mit der Schreibfeder herumfuchtelte.
    Große Hoffnungslosigkeit erfüllte Johns Seele. Er würde es nicht schaffen. Wenn er doch nur mit Beatrix sprechen könnte; sie würde ihm vielleicht sagen, wie er ihr helfen konnte. Er sah in die drei Gesichter. In zweien sah er Mitleid, in einem Verachtung. »Dann bitte ich nur darum, ihr ein letztes Mal sagen zu dürfen, dass ich sie liebe. Vielleicht wird ihr das Kraft geben bei ihrem letzten …« Er ließ Tränen in seine Augen steigen. Es fiel ihm nicht schwer.
    »Sie glauben doch wohl nicht, dass man Sie einfach so hinauf zur Zelle gehen lässt, damit Sie da anfangen können, Gedichte oder so ’n Zeug aufzusagen, oder?« Die stämmige Frau machte aus ihrer Verachtung keinen Hehl. Während John sie beobachtete, schob sie einen hölzernen

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