Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)
Lethargie durchdringen.
»Hat Bea Sie hergeschickt?«, fauchte Sincai.
»Gewissermaßen. Sie sagte, Sie wären der Einzige, der Asharti zur Rechenschaft ziehen kann.«
»Warum kommen Sie mit dieser alten Geschichte zu mir? Ich habe an keiner von beiden mehr Interesse.« Sincai trank seinen Brandy aus und schenkte sich einen weiteren ein.
Du lügst , dachte John. Ich kann deine Unruhe spüren. Jetzt konnte er seine Trumpfkarte ausspielen. »Weil Asharti Beatrix ins Gefängnis geworfen hat und sie am Sonntag durch die Guillotine hinrichten lassen will.«
Sincai hielt mit erstarrter Miene inne; das Glas machte auf halbem Weg zu seinem Mund Halt. Dann stürzte er den Brandy hinunter. »Unsinn. Sie waren wie Schwestern, sehr enge Schwestern. Darin zumindest hatte ich recht.«
»Sie meinen, dass Geschaffene und Vampirgeborene gleich sind?« Er starrte Sincai provozierend an. »Sie haben sie verletzt, als sie herausfand, dass sie nur Teil irgendeines Experiments war.«
»Ich weiß.« In diesen Augen zeigte sich keine Regung. Er blinzelte. »Aber ich bin überzeugt, sie hat danach begonnen, mich aufrichtig zu hassen, so wie Asharti. Sie haben mich leichten Herzens verlassen und meine … Fürsorge zurückgewiesen.«
»Ich weiß, dass Beatrix in ihrem Schmerz Asharti gefolgt ist, nachdem Sie sie verlassen hatten. Aber sie sind nicht gleich.«
»Ich glaube, ich kenne beide besser als Sie«, sagte Sincai bitter und machte eine abschätzige Handbewegung.
»Ich habe gerade einen Monat als Ashartis … Gast verbracht. Ich kenne Beatrix seit drei Monaten. Wie lange ist es her, seit Sie mit einer von beiden Kontakt hatten?« Er wartete, um das sacken zu lassen. »Sie wissen nicht, was aus Asharti geworden ist oder was sie plant.«
Sincai ließ alle vorgetäuschte Gelassenheit fahren. Seine Augen färbten sich rot, dann wurden sie wieder zu schwarzbraunen Seen. Er stellte sein Glas ab. Anspannung vibrierte durch das Zimmer. Sincai holte tief Luft, und die Schwingungen ließen nach. Auf seinem Gesicht zeigte sich etwas, das Bedauern hätte sein können; dann verhärteten sich seine Züge, als wappnete er sich. »Nun gut. Sagen Sie mir, was aus Asharti geworden ist.«
John schluckte, plötzlich war ihm, als hätte er einen Knoten in der Zunge. Konnte er diesem Mann, genauer gesagt diesem Vampirmann alles über Asharti sagen? Er zuckte zusammen, als das Glas in seiner Hand barst und Brandy auf den türkischen Teppich spritzte. Die Innenfläche seiner Hand wies einen tiefen Schnitt auf. Das hervorquellende Blut schien eine Metapher für das zu sein, wozu Sincai ihn aufgefordert hatte. Während John noch auf den Schnitt starrte, begann dieser, sich zu schließen. Er ballte die Hand zur Faust, weil er die Heilung nicht sehen wollte, diesen sichtbaren Beweis seiner Verwandlung. Er wandte den Blick ab und atmete schwer.
»Setzen Sie sich.« Es war ein knapper Befehl. John schaffte es aufzuschauen. Zum zweiten Mal an diesem Abend bedeutete Sincai ihm, sich zu setzen. John beherrschte sich. Dies war es, was von ihm verlangt wurde. Er musste seine Seele offenlegen und Sincai irgendwie von Asharti erzählen. John setzte sich. Sincai wandte sich ab, um einen frischen Brandy einzuschenken. John schaute verstohlen auf seine Handfläche. Der Schnitt war zu einem rosafarbenen Strich geworden, der jetzt ganz verschwand.
Sincai reichte ihm mit ernster Miene das Glas. John biss die Zähne zusammen und nahm es. Jetzt war er an der Reihe zu trinken, was, wie er hoffte, flüssiger Mut sein würde. Er sah Sincai mit so viel Festigkeit an, wie er aufbringen konnte. »Sie plant, Bonaparte zu beherrschen und ihn zu stürzen oder durch ihn zu regieren, sobald Europa in seiner Hand ist. Sie schafft Vampire. Viele Vampire. Sie will eine Welt schaffen, in der die Menschen in Sklaverei und wie Vieh gehalten werden, und die sie beherrscht.« Er schluckte hart. »Vermutlich werden Sie denken, dass diese Art von Welt wünschenswert sei.«
»Natürlich denke ich das nicht«, blaffte Sincai. »Die Ordnung würde verloren gehen. Viele der geschaffenen Vampire würden wiederum neue schaffen. Niemand würde die Regeln mehr achten. Bald würde es zu viele Vampire geben und nicht mehr genug Blut. Das Gleichgewicht würde aus den Fugen geraten. Ich mag einst dagegen gewesen sein, sie zu töten, sollten sie durch Zufall geschaffen worden sein; aber ich wollte nicht, dass sie einfach so mir nichts, dir nichts geschaffen werden.«
John nickte. Was Sincai nicht
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