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Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wollust: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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bringen konnte, sie in Ruhe zu lassen, würde sie sich betäuben müssen, um sich ihnen zu entziehen. Sie würde sich nicht zurück in eine Zeit zerren lassen, die so schmerzlich gewesen war, oder zu Menschen, die sie so sehr verletzt hatten. Sollte Laudanum diesen Wahnsinn beenden. Laudanum würde auch ihren Gefährten und sein Verlangen nach Blut in Schach halten. Es war die perfekte Lösung.
    Es dauerte vier Tage, bis John es schaffte, wieder seinen Rundgang auf dem Toppdeck zu machen – unter dem höhnischen Spott der Wachmänner. Er konnte noch immer nicht das raue Baumwollhemd der Gefängnistracht tragen, das Reynard so sorgsam geflickt hatte, deshalb war er nackt bis zur Taille. Striemen zierten seinen Rücken. Die Leichen der Entflohenen waren verschwunden. Aber John hatte sie nicht vergessen. Es würde keine Hilfe geben. Faraday musste ein Hirngespinst Barlows sein. Oder irgendetwas war schiefgelaufen. Es lag allein an ihm, das Unmögliche zu vollbringen und mit Dupré zu fliehen.
    Er beobachtete aufmerksam, wie die Vorratsfässer mit dem Ausleger, den die Seeleute »Katzenpfote« nannten, über die Seitenwand an Bord geholt wurden. Weder er noch Dupré waren in der Verfassung, die sechs Kilometer bis zur Küste durch das eisige Wasser zu schwimmen. Genau genommen war Dupré heute sogar noch nicht einmal fähig gewesen, seinen Freigang zu machen.
    Die Gefangenen schlurften über das gefrorene Deck. Es lag ein dichter und kalter Nebel über dem Hafen. »Du hast also überlebt, du Scheißkerl.« Die nun schon vertraute Fratze Waltons, des Wachmannes, der ihn ausgepeitscht hatte, tauchte aus dem Nebel auf. »Niemand überlebt das Auspeitschen und das Loch so lange.«
    »Tut mir leid, Sie zu enttäuschen«, murmelte John. Die Glocke kündigte das Ende des Freigangs an.
    »Gib noch einmal eine solche Antwort, und du wirst noch eine Abreibung bekommen«, drohte der Wächter grinsend. »Eines nicht allzu fernen Tages werden wir ja sehen, wie weit du gehst, um die Peitsche zu vermeiden, jetzt, da du sie gekostet hast.«
    John unterdrückte jede Emotion und taumelte nach unten. Er machte besser, dass er bald von diesem Schiff herunterkam – falls er überlebte. Dann wollte er eine kleine Bombe für Rose basteln, die explodieren würde, wenn er fort war. Sinnlos, das wusste er. Wenn Rose nicht mehr war, würde eben jemand anders das Gefängnisschiff übernehmen, der wahrscheinlich ein ebenso übler Bursche war. Nichtsdestotrotz blieb John stehen, um zu sehen, ob der Plan, den er ausgeheckt hatte, Früchte trug.
    Garneray war der Wohlhabendste unter den Gefangenen, weil seine Bilder ein Pfund pro Stück einbrachten und weil seine Habseligkeiten nicht über Bord geworfen worden waren. Ein grober Vorhang schirmte den Platz ab, an dem er malte. John rief einen Gruß und wurde in das luxuriöse Privatgemach eingeladen.
    Garnerays Hafengemälde mit den vielen Schiffen stand noch immer auf der Staffelei. Garneray beugte sich gerade über ein Fass, als John näher trat. Es roch nach Säure. Garneray hatte eine Einpfundnote vor sich liegen und kopierte sie sorgfältig mittels Säureätzung auf eine kleine Metallplatte. Schweres Hadernpapier lag in einem Stapel auf dem Boden.
    »Wie geht es voran, mein Freund?«, fragte John. Er ließ sich erschöpft auf einen Stuhl sinken.
    Garneray grinste. »Ich lerne ein ganz neues Handwerk – gegen die Zeit, weil ich sicher bald entlassen werde.«
    John räusperte sich. »Ich muss Bedarf an Ihrer neuen Kunst anmelden, weil die Wachen mir mein Geld abgeknöpft haben.«
    »Ich hörte, Sie und Dupré haben Informationen, die unsere Regierung erreichen müssen.«
    John zog die Augenbrauen hoch.
    »Auf einem Schiff wie diesem gibt es keine Geheimnisse.«
    »Muss ich mir Sorgen machen?«
    »Wenn Ihre Flucht eine von der üblichen Art wird, würde ich sagen: ja.« Er betrachtete prüfend die Metallplatte. Zur Hälfte zeigte sie ein perfektes Abbild der Pfundnote der Bank von Dorchester. Die andere Hälfte war noch leer. »Aber es gibt nicht einen Mann an Bord, der den Engländern nicht die Augen ausstechen würde. Obwohl ich für keinen von uns die Hand ins Feuer lege, wenn man uns der Folter unterzieht.«
    »Niemand weiß, ob er die Folter ertragen kann.« Er sah Garneray durchdringend an. »Werden Sie liefern?«
    Garneray nickte. »Sie haben mir dieses Geschäft angedient. Hatten Sie das dabei nicht im Sinn?«
    »Nein. Da dachte ich noch, ich hätte genug Geld. Ich hatte einen anderen Grund,

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