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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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war, auf Hannah Acht zu geben. Nachdem siemehrere Minuten lang mit sich gerungen hatte, hin- und hergerissen zwischen ihrem Stolz und den nicht zu leugnenden Vorteilen des Angebots, das ihre Mutter ihr soeben unterbreitet hatte, siegte schließlich ihr Sinn für das Praktische.
    »Gut, Mutter – du kannst bleiben; aber erst einmal nur bis Weihnachten. Und ich werde nicht dein ganzes Geld annehmen, weil du sonst selber mittellos bist. Was uns beide angeht, so ist der Schaden in unserer Beziehung nicht wieder gutzumachen, also erwarte bitte keine Wunder.«
    Elsa war schon zufrieden, die erste Hürde überwunden zu haben. Für sie war schon die Tatsache, dass sie vorerst bei Tara und den Kindern bleiben konnte, ein kleines Wunder.
    Tara ging wieder auf den Balkon hinaus, und Elsa folgte ihr.
    »Ich muss dir noch etwas sagen, Mutter«, meinte Tara, als sie nebeneinander an der Brüstung standen. »Ich bin nicht die leibliche Mutter von Jack und Hannah.«
    Elsa zuckte zusammen, als habe Tara sie geschlagen. »Dann hast du also gelogen?« Elsa fand, dass ihre Tochter ihr nichts Grausameres hätte antun können, denn sie hatte immer von dem Tag geträumt, da Tara sie zur Großmutter machen würde.
    »Ihre Eltern sind ertrunken, als das Schiff unterging. Wir standen uns sehr nah ...« Sie fühlte, wie sich ihre Kehle schmerzhaft zusammenzog. »Ich habe vor, Jack und Hannah aufzuziehen, als seien es meine eigenen Kinder.«
    »Oh Tara, das ist sehr großzügig von dir. Sie scheinen wirklich nette Kinder zu sein.« Elsa war ein wenig versöhnt.
    »Niemand außer Tante Victoria und Ethan Hunter weiß, dass ich nicht ihre Mutter bin – und ich möchte vor allem vermeiden, dass der Farmverwalter es erfährt: Ihm ist nicht zu trauen.«
    »Natürlich«, erwiderte Elsa. Sie hätte zwar gern gewusst, warum diese Sache Geheimhaltung erforderte, wollte jedoch nichts fragen, um ihren gerade erreichten Erfolg nicht wieder zu gefährden.
    Tara war neugierig darauf, was aus ihren Brüdern Liam undDaniel geworden sein mochte. Sie fragte sich, ob sie wohl Kinder hatten – doch sie konnte sich nicht überwinden, ihre Mutter danach zu fragen.
    Tara blickte über das Land hinaus. Der Regen hatte etwas nachgelassen, doch sie hörte das Wasser gluckernd vom Dach in die Wassertanks laufen. »Weißt du, Mutter, hier muss jeder seinen Teil tun – besonders jetzt, wo Nerida fort ist.«
    »Natürlich – ich tue, was ich kann!«
    »Bist du bereit mitzuarbeiten? Das Haus müsste gründlich geputzt werden, und der Koch braucht eine starke Hand.« Tara wollte ihre Mutter prüfen, in der Gewissheit, dass diese versagen würde.
    Elsa zögerte nur einen ganz kurzen Augenblick. »Ja, sicher.«
    »Bist du wirklich sicher, dass du es auch kannst? Du hast schließlich noch nie körperlich gearbeitet.«
    Tara dachte daran, wie nutzlos sie sich am Anfang in der Gemeinschaft der Zigeuner gefühlt hatte, und das, obwohl sie jung und willig gewesen war. Es hatte ihr nichts genützt.
    »Ich bin sicher, dass du überrascht sein wirst!« Elsa hatte während der vergangenen Monate vieles eigenhändig tun müssen, weil sie nicht mehr die Mittel besessen hatte, Bedienstete zu bezahlen. Zwar hatte sie kein so großes Haus zu reinigen gehabt, aber immerhin für sich selbst geputzt und gekocht.
    Tara hörte die Unsicherheit in Elsas Stimme und bezweifelte ernsthaft, ob ihre Mutter ihr Vorhaben auch nur eine Woche durchhalten würde – doch sie sprach es nicht aus.
    Als sie kurz darauf den Flur entlanggingen, fragte Elsa leise: »Wie viele Räume hat das Haus?«
    »Genug, um dich eine Woche lang zu beschäftigen. Danach kannst du dann wieder von vorn anfangen.« Sie hatte natürlich vor, ihrer Mutter zu helfen, doch sie sagte es ihr nicht.
    Elsa wirkte niedergeschlagen.
    »Mutter, wenn du Sanja dazu bringen kannst, etwas anderes alsCurrygerichte zu kochen, vielleicht sogar einen ›Irish Stew‹, dann ...«
    Elsa hoffte inständig, sie würde sagen: ... ›verzeihe ich dir alles‹, doch sie fuhr fort: »... wäre das wirklich eine Überraschung!«
    Tapfer erwiderte Elsa: »Ich nehme die Herausforderung an.« Die Miene ihrer Tochter machte sie wütend, denn Tara ließ keinen Zweifel aufkommen, dass sie es für ein fast hoffnungsloses Unterfangen hielt. Das machte Elsa nur umso neugieriger – und ließ fast so etwas wie Sympathie für den rebellischen Koch in ihr aufsteigen.

23
    N achdem Tara ihre Mutter zu Victoria zurückgebracht hatte, entschuldigte sie sich und eilte

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