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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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letzten Blick auf die Kinder stand Elsa auf und folgte ihrer Tochter mit zusammengepressten Lippen. Tara sah ihrer Mutter an, dass sie tief verletzt war, doch sie selbst blieb nach außen hin gänzlich unbewegt. Innerlich aber zitterte sieangesichts ihrer eigenen Gehässigkeit, die sie selbst überraschte ...
    Die beiden Frauen betraten eines der unbenutzten Schlafzimmer, das ein paar Türen von Hannahs Zimmer entfernt lag. Tara schloss die Flurtür, damit sie ungestört reden konnten, während Elsa die Balkontür öffnete und hinaustrat. Sie befanden sich an der Rückseite des Gebäudes, weit weg von den Kindern, Victoria und Riordan.
    Elsa umklammerte das Balkongeländer so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten, und tat einen tiefen Atemzug. Dann schaute sie hinaus über das Land, das Victoria und nun auch Tara und deren Kinder ihre Heimat nannten. Die Eukalyptusbäume schienen ihre Zweige dem lang ersehnten Regen entgegenzustrecken, der die Heuschrecken am raschen Weiterziehen gehindert hatte. Der Boden war noch immer buchstäblich mit Insekten übersät.
    »Du kannst nicht hier bleiben, Mutter«, sagte Tara. Elsa wandte sich langsam um. »Victoria hat gesagt, Riordan und ich könnten so lange bleiben, wie wir es wünschen, und ich denke, wir beide brauchen Zeit, um unser Verhältnis zu klären, Tara.«
    »Ich begreife nicht, wie du darauf kommst, dass es so einfach ist, Mutter.«
    »Ich bin sicher, dass wir uns wieder näher kommen, wenn wir viel Zeit miteinander verbringen«, beharrte Elsa.
    »Ich erinnere mich nicht, dass wir uns je nahe gewesen wären.«
    Elsa neigte den Kopf, und plötzlich sah man ihr jeden Tag ihrer fünfzig Jahre an. »Tara, warum bist du so grausam?«
    »Das Gleiche hätte ich dich vor zwölf Jahren auch gern gefragt.«
    Elsa blickte auf den polierten Holzboden. »Ich wollte dich nicht absichtlich verletzen. Ich wusste damals einfach nicht, was ich glauben sollte. Aber ich habe mich geirrt, und es tut mir schrecklich Leid. Gib mir die Gelegenheit, es wieder gutzumachen, bitte, Tara!«
    Tara schüttelte den Kopf und ging zurück ins Zimmer. Elsa folgte ihr.
    »Du hättest nicht herkommen sollen, und ich wünschte, du hättest Riordan Magee nicht mit hergebracht. Ich mag ihn absolut nicht.«
    Elsa seufzte. »Er ist nach dem Tod deiner Vaters sehr gut zu mir gewesen. Ohne seine Hilfe hätte ich dich überhaupt nicht gefunden. Er hat sogar Privatdetektive engagiert.«
    Taras Kommentar war ein wütendes Schnauben.
    Elsa wunderte sich sehr über Taras feindselige Haltung Riordan gegenüber. »Ich denke, er ist vor ein paar Jahren auf der Suche nach dir fast umgebracht worden – unter diesen Umständen könntest du wirklich ein bisschen dankbarer sein!«
    »Danke für die Kritik, Mutter; aber er hätte wissen müssen, dass es unklug war, ins Lager zu kommen, noch dazu mitten in der Nacht! Die Zigeuner beschützen ihre Frauen und Kinder nun mal sehr gut!«
    Elsa zuckte merklich zusammen, und es war offensichtlich, dass sie noch immer nicht gern über die Zigeuner sprach. Deshalb hielt Tara es auch nach wie vor für unmöglich, dass sie selbst Zigeunerblut in den Adern haben sollte, wie Eloisa behauptet hatte.
    »Warum hasst du Riordan so sehr?«, fragte Elsa. »Ich glaube, er hat dich wirklich gern.«
    Tara dachte daran, wie er sie bei ihrer letzten Begegnung behandelt hatte – ein Wunder, dass er sie nicht als Lügnerin beschimpft hatte. Wenn das seine Art war, jemanden gern zu haben, dann konnte sie gut darauf verzichten.
    Als sie nicht antwortete, sagte Elsa: »Er ist ein wunderbarer Mann, so charmant und gut aussehend!«
    Diese Worte hatte Tara früher öfter von ihr gehört: Riordan war genau die Art von Mann, mit dem ihre Mutter sie gern verheiratet gesehen hätte. Plötzlich durchzuckte sie der Gedanke, dass Elsa vielleicht gekommen war, um sie mit ihm zusammenzubringen. Immerhin hatte Elsa Ethan angestarrt, als sei er einverachtenswerter Zigeuner. Ganz offensichtlich war sie entsetzt gewesen, Tara in seinen Armen zu sehen, und das machte Ethan in Taras Augen seltsamerweise noch begehrenswerter. Spontan sagte sie: »Wenn du Riordan so wundervoll findest, Mutter, warum heiratest du ihn dann nicht selbst?«
    Elsa starrte sie schockiert an, doch Tara erwiderte ihren Blick äußerlich unbewegt. Sie war voller Abwehr – und doch herrschte in ihrem Innern ein wahrer Sturm widerstreitender Gefühle.
    Die beiden Frauen bemühten sich, ihre Fassung wiederzugewinnen, und einige

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