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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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Minuten lang herrschte absolutes Schweigen zwischen ihnen. Danach war Tara die Erste, die sprach, und ihr Ton verriet, dass sie langsam die Geduld verlor. »Mutter, ich habe keine Ahnung, warum du unbedingt hier draußen bleiben willst.«
    »Das habe ich dir doch gesagt!«
    »Aber hast du dir denn deine Umgebung wirklich genau angeschaut? Das Nächste, was man mit viel gutem Willen als Zivilisation bezeichnen könnte, ist Wombat Creek mit seinem winzigen Laden, dem einen Hotel und genau vier Häusern.« Sie hätte beinahe auch das Bordell erwähnt, unterließ es jedoch aus Rücksicht auf Lottie. »Die nächsten Nachbarn sind meilenweit entfernt.«
    »Ich habe einige Zeit im Wombat-Creek-Hotel verbracht, Tara«, erwiderte Elsa. »Ich weiß, wie es in der Stadt zugeht.«
    Es hatte Riordan mehrere Stunden und eine horrende Summe Geld gekostet, Rex Crawley zu überreden, sie nach Tambora zu fahren. Der Mann hatte die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und sie buchstäblich ausgeraubt. Die wenigen Stunden in Wombat Creek waren die längsten in Elsas Leben gewesen: Ferris Dunmore hatte sie mit seiner Lebensgeschichte unterhalten, die aus einer einzigen langen, bizarren Folge von Missgeschicken bestand. Ferris’ Frau, ein wildes Eingeborenenmädchen, das so ähnlich hieß wie ›Hope‹ oder ›Charity‹, war halb nackt herumgelaufen und dazu noch hochschwanger gewesen. Sie hatte es tatsächlich gewagt, Elsa zu bitten, ihr beim Abhäuten von Kaninchen zu helfen. Daraufhin war Elsa jeglicher Appetit auf dasMittagessen vergangen. Und dann dieser Wein! Er hatte wahrhaftig die Farbe alten Waschwassers gehabt. Außerdem hatte sie es abstoßend gefunden, dass er weder Socken noch Schuhe trug. Insgesamt hatte Wombat Creek auf sie den Eindruck eines Schrecken erregenden Ortes gemacht. Es war ein staubiges Loch am Ende der Welt.
    Elsa hatte irrtümlich gehofft, die Fahrt hinaus zur Farm werde dagegen die reine Erholung sein, doch in Wirklichkeit war sie entsetzlich gewesen. Rex Crawley musste von allen guten Geistern verlassen sein. Er war mit halsbrecherischer Geschwindigkeit Kängurus hinterhergejagt, um dann plötzlich abzudrehen und in rasantem Tempo über Sanddünen hinweg Emus nachzusetzen, während ständig Heuschrecken auf die Windschutzscheibe prallten und vom heißen Wind durch die offenen Fenster ins Innere des Wagens getrieben wurden. Elsa hatte ihn sogar beschuldigt, betrunken zu sein, doch er behauptete, es sei ihm noch nie so gut gegangen. Er hatte sogar noch die Frechheit besessen, sie daran zu erinnern, dass er dafür sehr großzügig bezahlt worden war.
    »Du würdest hier nicht zurechtkommen«, erklärte Tara ihrer Mutter. »Ich wollte zuerst selbst nicht bleiben und bin immer noch nicht sicher, ob ich es tun werde. Aber zumindest war ich durch das Leben mit den Zigeunern halbwegs auf das vorbereitet, was mich hier erwartete. Das Outback ist eine der härtesten Umgebungen überhaupt. Wie würdest du dich fühlen, wenn überall Staub und Fliegen wären und du von Tausenden von Schafen und Rindern und stinkenden Kamelen umgeben wärst?«
    »Tara, du vergisst offensichtlich, dass ich die Frau eines Farmers bin!«
    »Oh Mutter! Du warst die Frau eines Großgrundbesitzers, eines Mitglieds der Oberschicht. Ich bezweifle, dass du jemals näher als hundert Meter an ein Schaf herangekommen bist. Du hast ein behütetes Leben gehabt, umgeben von Bediensteten, und für dich war Arbeit gleichbedeutend mit einem Spaziergang imRosengarten und den Besuchen von Blumenschauen und Teepartys. Hier draußen gibt es kein gesellschaftliches Leben, nur harte Arbeit. Wenn du Beweise dafür brauchst, sieh dir meine Hände an.« Sie hielt ihrer Mutter ihre schwieligen Handflächen entgegen.
    Obwohl Elsa sich bemühte, es zu verbergen, spürte Tara, wie ihre Mutter erschauerte. Ihre Nägel waren stumpf, ihre Haut trocken, rau und rissig. Jede Waschfrau in Irland hatte gepflegtere Hände, und sogar die Zigeunerinnen ...
    »Ich habe Tage damit zugebracht, eisenharten Boden umzugraben, in der Hoffnung, ein bisschen frisches Gemüse ziehen zu können. Aber nach all diesen Anstrengungen sind die Pflanzen ein Festessen für die Heuschrecken geworden.«
    »Aber warum um Himmels willen hast du die Arbeit nicht dem Gärtner überlassen oder ihn zumindest um Hilfe gebeten?«, fragte Elsa verständnislos.
    Tara sah sie verzweifelt an. »Welchen Gärtner? Hast du mir nicht zugehört, Mutter? Es gibt hier draußen keine Bediensteten. Nerida, das

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