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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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schließlich im Zigeunerlager gelandet. Garvie hatte sich um sie gekümmert, bis sie sich beruhigt hatte, und sie dann überredet, wieder nach Hause zurückzukehren.
    »Als ich dich damals heimbegleitete, habe ich dir noch vom Waldrand aus nachgeschaut, bis du im Haus verschwundenwarst. Ich wollte gerade gehen, da bemerkte ich einen Mann, der im Dunklen um die Ställe herumschlich. Sein Verhalten führte mich zu dem Schluss, dass er wahrscheinlich derjenige war, der dich überfallen hatte. Als ich ihn im hintersten Stall verschwinden sah, folgte ich ihm. Aus dem Schatten der Heuballen gleich hinter der Tür heraus beobachtete ich, wie er eine Lampe anzündete und sein Hemd auszog. Er fing an, Wunden auf seinem Körper zu untersuchen, die wie Bisswunden aussahen. Mir fiel ein, dass du gesagt hattest, dein Hund sei dir zu Hilfe gekommen, als du überfallen wurdest. Dann entdeckte ich die Kratzspuren auf seiner Brust und seinen Schultern. Du musst sie ihm zugefügt haben, als du dich gegen ihn gewehrt hast.«
    Tara schlug entsetzt eine Hand vor den Mund.
    »Als ich daran dachte, was er dir angetan hatte, stieg blinde Wut in mir auf. Ich ging auf ihn zu, und wir stritten miteinander. Er war auch noch stolz auf das, was er angerichtet hatte. Er brüstete sich sogar damit, deinen Vater davon überzeugt zu haben, dass es ein Zigeuner gewesen wäre, der dich ...«, er flüsterte nur noch, und Tara fühlte, wie sie vor Scham errötete, »vergewaltigt hatte. Ich schlug auf ihn ein, bis er zu Boden fiel. Ich war völlig erschöpft, mein Körper und meine Seele waren müde, und doch fühlte ich noch immer Wut in mir. Als ich so über ihn gebeugt stand und ihn aufforderte, wieder hochzukommen, hörte ich draußen die Stimmen von Menschen, die rasch näher kamen. Ich wusste zwar, dass die Wunden auf Stantons Körper Beweis genug für seine Schuld waren, aber man hätte trotzdem mich, den Zigeuner, verhaftet. Also versteckte ich mich wieder hinter den Heuballen und hoffte, wer immer dort draußen war, würde vorbeigehen. Zwei junge Männer, ich hielt sie für Lieferanten eines Restaurants, blieben an der Stalltür stehen. Sie sahen das Licht und Stantons am Boden liegenden Körper und kamen herein. Sie haben ihn untersucht und festgestellt, dass er noch am Leben war. Während einer von ihnen Hilfe holen ging, kümmerte der andere sich um Stanton, und so schlüpfte ich unbemerkt aus dem Stallund rannte davon. Als ich auf den Wald zulief, hörte ich deinen Vater in irgendeinem der oberen Räume herumbrüllen und dachte, er sei wütend wegen der Sache, die Stanton dir angetan hatte. Ich war froh, dass ich Stanton niedergeschlagen und damit an der Flucht gehindert hatte. Erst im Lager merkte ich, dass ich die Kette und das Medaillon verloren hatte, die ich immer trug. Ich dachte, die Kette sei vielleicht im Kampf mit Stanton zerrissen. Gerade als ich deshalb zurückgehen wollte, kamst du und sagtest, die Polizei sei zu uns unterwegs. Dein Vater glaubte, einer von uns habe dich vergewaltigt. Ich war wie vor den Kopf geschlagen und wütend auf deinen Vater, weil er dir nicht geglaubt hatte. Ich war sicher gewesen, dass er sich Stanton nur ansehen müsste und dass die Bisswunden auf dessen Körper ihm sagen würden, was wirklich geschehen war. Sonst hätte es bedeutet, dass der Mann ohne Strafe für das, was er dir angetan hatte, davonkommen würde! Ich wollte zurückgehen, um mit deinem Vater zu sprechen. Aber deine Worte überzeugten mich davon, dass nichts Gutes dabei herausgekommen wäre. Wenn er seiner eigenen Tochter schon nicht glaubte, hätte er schon gar keinem Zigeuner getraut. Du konntest an nichts anderes denken als an den Verrat deines Vaters, und ich dachte, es sei das Beste, dich mit uns zu nehmen. Nachdem wir damals weitergezogen waren, habe ich diese Goldkette und das Medaillon für lange Zeit völlig vergessen.«
    Tara schüttelte den Kopf, unfähig, seine Worte wirklich zu begreifen.
    »Die Zeit ist um, Flynn«, sagte der Wärter wieder.
    »Bitte«, flehte Tara, »nur noch ein paar Minuten!« Sie öffnete ihre Börse und schob einige Münzen in seine Richtung. Nachdem er sich vorsichtig umgesehen hatte, steckte der Mann das Geld ein und wirkte sehr mit sich zufrieden.
    Dieses Mal schien Garvie von dem unverschämten Handel nichts mitbekommen zu haben. Er musste seine Geschichte zu Ende bringen und sich dem Menschen gegenüber rechtfertigen, der ihm näher stand als alle anderen. Er hoffte inständig, dass Taranicht

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