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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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sich Ethan urplötzlich von ihr. Sie schwankte einen Moment unsicher hin und her und öffnete die Augen. Ethan trat ein paar Schritte von ihr zurück.
    »Ich sollte das nicht tun«, sagte er leise, und seine Stimme war heiser vor unterdrückten Gefühlen. Dann nahm er eine Bewegung wahr und schaute hinauf zu dem Balkon vor dem Festsaal, wo er Riordan stehen sah. Benommen blickte Tara über ihre Schulter zurück und bemerkte Riordan ebenfalls. Sie war nicht sicher, ob er sie im Schatten der Bäume hatte ausmachen können. Jetzt trat Maddy neben ihn und reichte ihm ein Glas Wein.
    Tara wandte sich wieder Ethan zu, konnte aber den Ausdruck im Blick seiner dunklen Augen nicht lesen. Sie sehnte sich danach, wieder in seinen Armen zu liegen und seine Lippen auf den ihren zu spüren, doch sie nahm sich zusammen. Auf jeden Fall hatte sie jetzt die Antwort auf ihre Frage: Sein Kuss hatte in ihr genau die gleichen Empfindungen wachgerufen wie am Tag der Heuschreckenplage. Das war seltsam, und sie wusste nicht recht, was es zu bedeuteten hatte. Ob sie sich doch, ohne es zu merken, in Ethan verliebt hatte? Oder hatte er einfach ein Talent dafür, Frauen um den Verstand zu bringen? Beides erschien ihr eher unwahrscheinlich.
    »Ich sollte wieder hineingehen«, sagte sie leise.
    Ethan, der kein Wort herausbrachte, nickte nur stumm.
    »Kommst du mit? Bestimmt wären alle froh, dich zu sehen.«
    »Nein ... ich glaube nicht. Würdest du ... würdest du Victoria sagen, dass ich ein Telegramm für sie auf den Tisch im Esszimmer gelegt habe? Es könnte etwas Wichtiges sein.«
    »Natürlich.«
    Er wandte sich zum Gehen.
    »Ethan – du bist ja schon zurück!«, rief Maddy aufgeregt. »Komm doch zu uns herauf!«
    Ethan sah Tara an und fand, dass sie sehr verletzlich und einfach unwiderstehlich wirkte. Er hätte sie gern wieder in die Arme gezogen, und der letzte Mensch, den er jetzt sehen wollte, war Maddy. Doch das konnte er kaum umgehen, ohne extrem unhöflich zu erscheinen.
    »Du willst sie doch nicht enttäuschen, oder?«, meinte Tara, hakte sich bei ihm unter und zwang ihren Herzschlag wieder auf eine normale Frequenz herunter.
    Von dem Augenblick an, da Ethan den Raum betrat, wurde er zum Zentrum von Maddys Universum. Es war, als habe Riordan für sie aufgehört zu existieren. Diese Verwandlung war verblüffend zu beobachten. Riordan sagte nichts darüber, ob er Tara und Ethan beobachtet hatte, doch sie glaubte einen eigenartigen Blick von ihm aufzufangen, als sie mit Ethan den Raum betrat.
    »Ich habe eigentlich immer Frauen mit etwas mehr Fingerspitzengefühl vorgezogen«, meinte Riordan, als sie eine Bemerkung über Maddys raschen Meinungsumschwung machte.
    Tara zog die Brauen hoch. »Wie meinst du das?«
    »Sie nennt die Dinge immer genau beim Namen«, erklärte er.
    »Was für Dinge?«
    »Nun, sie ist sehr ... unverblümt. Ich kann mir schon vorstellen, dass Männer sie aufregend finden.«
    »Das ist in ihrem Beruf sicher von Vorteil«, stellte Tara trocken fest.
    »Ja, Victoria hat es mir gesagt.« Riordan war sichtlich unbehaglich zumute.
    Tara beobachtete Maddy und errötete vor Verlegenheit. Ihr war klar geworden, dass sie neben Maddy wie ein braves Schulmädchen wirken musste. Sie hatte sich in ihrem ganzen Leben noch nie so wenig begehrenswert gefunden.
    Riordan sah sie an und bemerkte den Schatten in ihrem Blick. »Diese Art von Anziehung ist sehr kurzlebig, Tara. Eine etwas weniger offenherzige Frau ist sehr viel anziehender, besonders wenn sie auch noch ein rotes Kleid trägt.«
    Tara versuchte zu lächeln, doch Maddy flüsterte irgendetwas in Ethans Ohr, und sie sah das Lächeln um seine Mundwinkel und das Zwinkern in seinem Blick ... Während sie zu ihm hinübersah, hob er den Kopf, und ihre Blicke trafen sich. Der Ausdruck in seinen dunklen Augen wurde fremd.
    »Würdest du mit mir tanzen?«, fragte Riordan.
    »Ja, gern«, erwiderte Tara, dankbar für die Ablenkung.
    Während sie im Walzertakt durch den Raum wirbelten, hörte sie ihre Mutter zu Lottie sagen, sie seien ein sehr hübsches Paar. »Da stimme ich ihr zu«, flüsterte Riordan ihr ins Ohr, und sie lächelte.
    Dann hörte sie, wie ihre Mutter Lottie von Riordans Galerie in Dublin erzählte, und versuchte, sich im Geist als seine Ehefrau zu sehen – doch stattdessen drängten sich ganz andere Bilder in ihr Bewusstsein: Bilder von Wüsten und Sternen und das Abbild eines dunkelhaarigen Mannes, der ihr die Sinne zu verwirren vermochte ...
    Victoria schlüpfte

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