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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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aus dem Festsaal, um nach Nerida zu sehen. Sie hatte das Mädchen den ganzen Abend über nicht zu Gesicht bekommen und machte sich Sorgen um sie. Als sie durch den dunklen Flur zu Neridas Zimmer ging, sah sie, dass deren Zimmertür leicht angelehnt war und dass in dem Raum gedämpftes Licht brannte. Beim Näherkommen meinte sie erstickte Laute zu vernehmen. Victoria blieb vor der Tür stehen und fragte sich, ob Nerida jemanden bei sich hatte – eines der Kinder vielleicht. Langsam schob sie die Tür auf ...
    »Nerida?«, sagte sie leise, um gleich darauf furchtbar zu erschrecken. Zuerst konnte sie nicht glauben, was sie sah: Tadd lag auf Nerida und war gerade dabei, ihr das Kleid zu zerreißen. Das Aborigines-Mädchen schluchzte und versuchte, sich zu wehren,doch es hatte keine Chance. Keiner der beiden bemerkte Victoria, die fassungslos an der Tür stehen geblieben war.
    »Still, du kleine Hure!«, fluchte Tadd, während er weiter versuchte, in sie einzudringen – doch Nerida entwand sich ihm immer wieder.
    »Tadd!«, rief Victoria außer sich. Sie stürmte in den Raum hinein und ergriff den nächsten schweren Gegenstand, den sie finden konnte – einen steinernen Türstopper.
    Tadd wandte sich um; sein Blick war irr vor Schrecken und animalischem Verlangen. Nerida wirkte zutiefst gedemütigt. Als Tadd vom Bett herunterstieg, zog sie ihr zerrissenes Kleid wieder über ihren nackten, schon leicht gerundeten Körper und rollte sich schluchzend zusammen.
    »Was für ein Schwein bist du nur!«, rief Victoria und warf den Türstopper nach Tadd. Er trat gerade noch rechtzeitig beiseite, sodass der Stein hart an die hinter ihm liegende Wand prallte. Victoria war nie in ihrem Leben so wütend gewesen und konnte kaum einen klaren Gedanken fassen.
    »Was tust du denn da? Du hättest mich verletzen können, Victoria!«, stieß Tadd ungläubig hervor.
    »Nerida ist schwanger«, sagte Victoria. Und plötzlich begriff sie, warum niemand wusste, wer der Vater des Kindes war. Tadd hatte Nerida anscheinend schon öfter ... vergewaltigt! Der Gedanke allein war ein furchtbarer Schock für Victoria: Während sie ahnungslos oben geschlafen hatte, hatte Tadd dem armen Mädchen Gewalt angetan ...
    »Schwanger?«, rief Tadd, und sein Gesicht nahm eine ungesunde, tiefrote Farbe an. Während er sich bemühte, seine Hose zu schließen, starrte er Nerida an, als sei sie das verdorbenste Geschöpf auf Gottes Erdboden. »Dumme Gans!«, schrie er dann. »Du wirst mein Kind nicht bekommen!« Er hob die Hand, um sie zu schlagen.
    Nerida wimmerte vor Angst und barg das Gesicht in den Händen.
    »Tadd«, rief Victoria warnend und näherte sich ihm, »du wirst jetzt auf der Stelle mein Haus verlassen und es nie wieder betreten!«
    Erstaunt wandte Tadd sich ihr zu. »Sie hat mich hereingelegt, Victoria. Sie wollte, dass ich sie heirate!«
    »Lüg mich nicht an, Tadd Sweeney. Nerida ist kaum mehr als ein Kind. Du hast großes Glück, dass ich dich nicht anzeige. Ich möchte, dass du jetzt gehst und nie mehr einen Fuß auf Tambora-Land setzt – nie mehr, hörst du? Und jetzt raus hier, bevor ich der Versuchung nachgebe, meine Peitsche zu holen!«
    Es gab nichts mehr zu sagen. Tadd wusste, dass Victoria es ernst meinte, denn er hatte sie nie so entschlossen erlebt. Victoria schlug die Tür hinter ihm zu, nachdem er gegangen war, und blieb einen Moment stehen, um ihre Fassung wiederzugewinnen, bevor sie wieder zu Nerida zurückkehrte. Jetzt hätte sie selbst gern geweint oder einfach geschrien und irgendetwas gegen die Wand geworfen. Doch nach einigen tiefen Atemzügen gelang es ihr, sich wieder in die Gewalt zu bekommen.
    »Du armes Mädchen«, sagte sie zu Nerida, »es tut mir so Leid, dass dir das in meinem Haus geschehen konnte!«
    Nerida schluchzte noch immer haltlos. Victoria dachte an Neridas Mutter Cissie, die an einem Schlangenbiss gestorben war und der sie versprochen hatte, sich um Nerida zu kümmern. »Ich weiß, dass ich dich im Stich gelassen hab, Nerida, aber ich schwöre dir, mich von jetzt an besser um dich zu kümmern – und um das Baby.« Sie nahm das Mädchen in ihre Arme. »Ich wünschte, du hättest mir erzählt, was Tadd dir angetan hat – dann hätte ich ihn schon vor langer Zeit entlassen!«
    »Ich haben Angst, Missus«, stieß Nerida weinend hervor. »Tadd hat gesagt, Sie mich fortschicken!«
    »Ich kann nicht glauben, dass ich so blind gewesen bin«, flüsterte Victoria und ließ endlich ihren Tränen freien Lauf. »Tara

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