Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
Vom Netzwerk:
übrig!«
    »Die Passagiere aus der ersten Klasse könnten es sich leisten. Du hättest auf dieser Reise ein Vermögen machen können!«
    »Aber ich bleibe dabei, Maureen – ich nehme kein Geld für etwas, was ich nicht tue.«
    Ihre Kabinengenossin seufzte auf. »Wir wissen doch beide, dass du eine besondere Gabe hast, Tara, egal wie du es nennst oder wie heftig du es abstreitest. Denk zum Beispiel an Sarah Finlay. Du hast ihr gesagt, sie solle auf den Treppen vorsichtig sein, und prompt rutschte sie aus und brach sich beinahe den Knöchel. Das war natürlich alles reiner Zufall, nicht wahr?«
    »Nein, Maureen. Ein Betrunkener auf einem vom Hurrikan gebeutelten Schiff könnte nicht unsicherer auf den Beinen sein als Sarah Finlay. Ich hoffe nur, dass der Arzt herausfindet, was ihr fehlt, bevor sie sich wirklich ernsthaft verletzt. Es würde mich nicht überraschen, wenn mit ihrem Gleichgewichtsorgan irgendetwas nicht stimmt.« Tara starrte nachdenklich vor sich hin, bis sie Maureens eindringlichen Blick auf sich ruhen spürte. Abwehrend fügte sie hinzu: »Das war wirklich nur eine Vermutung!«
    Ihr Gegenüber sah sie noch immer an. »Jedenfalls war sie so beeindruckt von deiner offensichtlichen Begabung, dass sie jedem rät, dich zu konsultieren. Es gibt da übrigens auch eine junge Frau, die sich wünscht, ein gewisses Crewmitglied namens James O’Brien möge sich in sie verlieben – und du sollst ihr mit einem Zauberspruch dabei helfen. Ich hatte nicht das Herz, ihr zu sagen, dass James ziemlich heftig in dich verliebt zu sein scheint!«
    »Das ist er nicht, Maureen!«, wehrte Tara energisch ab. »Und ich kann auch nicht zaubern. Wenn sie anfangen, auf demSonnendeck Scheiterhaufen zu errichten und mich Johanna von Orléans zu nennen, musst du auf alle Fälle etwas unternehmen!« Tara war trotz ihrer allzu eifrigen Beteuerungen die Röte in die Wangen gestiegen.
    Maureens blaue Augen glitzerten vor Übermut. »Was sagtest du vorhin über die Sprache des Körpers? Dein Erröten nehme ich als klaren Beweis für deine Schuld!«
    Tara musste an die glühenden Blicke denken, die zwischen ihr und James hin und her gegangen waren, und die Farbe auf ihren Wangen vertiefte sich noch. »Schuld? Das Ganze ist doch purer Unsinn – Zaubersprüche, also wirklich!«
    Maureen wurde immer vergnügter. »Wir wissen doch beide, dass James dir überallhin folgt, Tara«, sagte sie. »Er steht ganz offensichtlich in deinem Bann. Dieser Mann ist so verliebt, wie ich es selten bei jemandem gesehen habe. Er bekommt ständig Schwierigkeiten, weil er sich irgendwo herumtreibt, wo er nicht sein sollte, nur um in deiner Nähe zu sein. Warum machst du nicht das Beste daraus, bevor wir in Adelaide an Land gehen?«
    Tara sah die Freundin lächelnd an. »Ach, Maureen, du bist hoffnungslos romantisch! Ich habe wirklich kein Interesse an einem Flirt mit einem Besatzungsmitglied – und auch mit keinem anderen, um genau zu sein.« Sie senkte den Kopf.
    Maureen begriff, dass sich Tara noch immer als verheiratete Frau fühlte. Ihr Mann hatte sie zwar freigegeben, doch sie fühlte sich noch nicht so. Den Gedanken, dass man Garvie tatsächlich gehenkt hatte, konnte sie einfach nicht ertragen.
    Maureen hatte ihr zugeredet, die Vergangenheit und ihre Ehe hinter sich zu lassen und neu anzufangen. Jetzt fragte sie mit aufforderndem Lächeln: »Was ist denn gegen eine kleine Schiffsromanze einzuwenden?«
    Tara musste ebenfalls lächeln. »Du solltest dich schämen!«
    »Es ist aber doch besser, sich im Leben ein bisschen Spaß zu gönnen, als sich zu Tode zu langweilen und tugendhaft zu sterben, oder?«
    »Wie sollte ich mich langweilen, bei diesen Menschenmassen, die täglich zu mir kommen, nur weil du ihnen erzählt hast, ich könnte in die Zukunft blicken? Ich komme mir vor wie eine Betrügerin! Niemand an Bord weiß, was nach der Ankunft geschehen wird. Dann ist einfach alles möglich!« Ihre so genannte Gabe, die sie mittlerweile mehr als Fluch betrachtete, war ihr immer noch unverständlich. Jedes Mal wenn Tara sich fragte, woher sie diese Fähigkeit haben mochte, musste sie an Eloisa, die von der Sippe verstoßene Zigeunerin, denken und an deren Worte. Sie konnte nicht glauben, dass in ihren Adern tatsächlich Zigeunerblut fließen sollte. Ihre Mutter hatte das fahrenden Volk so sehr gehasst, dass dieses in ihrer Gegenwart nicht einmal hatte erwähnt werden dürfen.
    Maureen war wieder ernst geworden. »Ich weiß, Tara, und die anderen wissen es

Weitere Kostenlose Bücher