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Der Ruf des Abendvogels Roman

Titel: Der Ruf des Abendvogels Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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meinte sie.
    »Jemand mit sehr viel Mut hat mir das Geld für den Hausbau geliehen«, erklärte Charlotte. »Ich habe das Darlehen längst zurückgezahlt, aber ich werden demjenigen seine Freundlichkeit nie vergessen!«
    Tara fragte sich, ob Lottie von jemandem aus der Gegend sprach, doch bestimmt war sie ihm noch nie begegnet.
    Bei einem weiteren Glas Wein berichtete Tara Lottie über das Schiffsunglück und davon, wie sie dazu gekommen war, sich umdie Kinder zu kümmern. Lottie stellte keine Fragen nach der Rechtmäßigkeit ihres Tuns, und Tara ging nicht ins Detail. Lottie zeigte viel Interesse an den Kindern, besonders an Jack, und erzählte Tara, dass sie einen Sohn gehabt hatte.
    »Johnny würde im nächsten Monat dreißig Jahre alt«, sagte sie und nahm ein Foto von einem der Regale. »Aber der arme kleine Kerl ist drei Tage vor seinem fünften Geburtstag in meinen Armen an Tuberkulose gestorben.«
    Auf den Regalen standen noch andere Aufnahmen; verschiedene davon zeigten auch Kinder, doch Tara scheute sich zu fragen, um wen es sich handelte. Sie schaute auf den kleinen blonden Jungen, der mit einer langstieligen Schaufel in der Hand neben einem großen schwarzen Pferd stand. »Er hat seinem Vater unten in der Mine geholfen«, erklärte Lottie. »Ich wollte noch ein Kind, hatte aber zwei Fehlgeburten. Die Zeit verging, aber ich bin nie wieder schwanger geworden. Wahrscheinlich lag es einfach daran, dass ich schon zu alt war. Jack und ich waren allein, bis er mich schließlich verließ. Ich frage mich oft, ob er auch gegangen wäre, wenn wir noch ein Kind bekommen hätten.« Sie blickte Tara traurig an. »Siehst du? Nur ein paar Gläser Wein, und ich erzähle lauter traurige Geschichten!«
    In diesem Moment hörten die beiden Frauen ein Geräusch von der Tür her, die zu einem der Schlafräume führen musste, und wandten sich um. Dort stand eine andere Frau, die ebenfalls ein fast durchsichtiges Nachthemd, jedoch keinen Hausmantel trug. Tara erkannte deutlich die schlanke Form ihres Körpers.
    »Entschuldigt, wenn ich euch störe«, sagte sie zu Lottie, während sie Tara von oben bis unten musterte. Sie sprach mit walisischem Akzent und schien nicht im Mindesten verlegen wegen ihrer leichten Bekleidung. »Ich dachte, du sprichst mit Maddy!« Sie sah aus, als sei sie gerade erst aufgewacht. Ihre braunen, glatten Haare waren in Unordnung, und auf ihrem Gesicht waren Abdrücke des Kissens zu erkennen. Sie war jünger als Lottie, etwa Ende dreißig oder Anfang vierzig, und eine von den Frauen, dienichts Besonderes an sich hatten, jedoch auch nicht unattraktiv waren. Ihre Haut war glatt, doch ohne Schimmer, ihre Augen weder braun noch grau. Ihre Nase sah aus wie viele andere auch, war weder hübsch noch hässlich. Ein Mann hätte bei ihr nicht zweimal hingeschaut.
    Tara blickte verwirrt von der Jüngeren zu Lottie, die ahnte, was sie dachte.
    »Wir haben seltsame Zeiten, nicht wahr?«, sagte sie erklärend, und Tara sah, dass sie errötete. Tara verstand, dass die Mädchen bis spät in die Nacht mit ›Kunden‹ beschäftigt gewesen sein mussten.
    »Tara, das ist Belle. Belle, ich möchte dir Tara Flynn vorstellen.«
    »Hallo«, sagte Belle ruhig, griff hinter sich an einen Haken an ihrer Zimmertür und warf sich einen leichten Hausmantel über, als sei ihr erst jetzt aufgefallen, wie leicht sie bekleidet war. Tara meinte die Gedanken erraten zu können, die ihr durch den Kopf gingen. Belle fragte sich, ob sie vielleicht gerade so etwas wie ein Vorstellungsgespräch führten.
    »Ah, dann bist du Corabelle!«, stieß Tara lächelnd hervor und sah Lottie an. »Ich habe gehört, Lottie, du lebtest mit einer Corabella und einer Madeline zusammen, und sie seien weder deine Kinder noch andere Verwandte. Ich dachte schon, sie wären Katzen!«
    »Das könnten sie auch sein – sie schnurren, wenn sie zufrieden sind, und verschlafen den ganzen Tag«, erwiderte Lottie mit leicht verlegenem Lachen. Auch Tara und Belle stimmten ein, und davon wachte Madeline auf.
    »Was ist denn hier los?«, fragte sie mürrisch, als sie in die Wohnküche gestolpert kam. Sie hatte die Tür zu ihrem Schlafzimmer einen Spalt offen stehen gelassen, und von ihrem Platz aus konnte Tara ein Stück von dem Zimmer sehen, das eher wie ein Boudoir wirkte. Sie blickte auf ein schwarz-rot bezogenes Himmelbett und eine Frisierkommode, auf der in wirremDurcheinander eine ganze Sammlung von Puderdosen, Pinseln und schön geformten Parfümflaschen stand.
    »Es

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