Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)
Bewegung zu setzen, diese Massenflucht ins Quarter hatte uns überrumpelt. Endlich schossen wir beide los und folgten Clio. Sie war an der Spitze der Gruppe, bis sie die Bourbon Street erreichte. Dann schwärmten alle aus wie Planeten, die rund um die Sonne kreisten. Clio stolzierte um drei Männer in der Mitte der Straße herum, die Bierflaschen umklammert hielten. Schließlich nahm sie Blickkontakt zu einem von ihnen auf, lief jetzt vor ihnen her, schaute über ihre Schulter zurück und fing ihn mit einem Blick ein, der ihn aufforderte, ihr zu folgen. Und das tat er auch. Je näher er ihr kam, desto schneller schritt sie voran, sie ging rückwärts, lächelte, schlängelte sich durch die Menge und zog ihn mit sich, während sie Straße um Straße entlanglief. Nur kurze Zeit später hatte sie ihn in ein Gässchen zwischen zwei Geschäften manövriert. Allein. Wir hielten einen gewissen Abstand, ich presste mich mit dem Rücken an die Ziegelwand und griff nach dem Beutel mit dem Pulver, um ihn im richtigen Moment zu werfen.
»Du hast mich erwischt!«, sagte Clio zu dem Mann.
»Sieht ganz so aus. Hi. Bist du allein unterwegs?«, lallte er.
»Kommst du von hier?«, wollte sie wissen und fuhr mit den Fingern die Wand entlang, während sie langsam auf ihn zuging. Wie in Trance glitt sie sanft voran, bis sie plötzlich ins Straucheln geriet – sie fing sich aber sofort wieder mit einem Lächeln. Der Mann war so fasziniert, dass er es wohl gar nicht bemerkte. Mir aber rutschte das Herz in die Hose, als mir klar wurde, dass sie vermutlich gerade über den schattenhaften Lance gestolpert war.
»Du bist ein ganz Süßer, nicht?«, schnurrte Clio den Mann an. Er war ungefähr so groß wie sie und ein wenig rundlich, ohne dick zu sein. Er schien einfach an den Stellen gut gepolstert zu sein, wo einst Muskeln gewesen waren – wie bei jemandem, der früher Sport getrieben hatte, sich ihn jetzt aber lieber im Fernsehen anschaute. Sie schlang ihm die Arme um den Hals, als wollte sie ihn küssen, doch ich sah, wie etwas in ihrer Hand aufblitzte.
Es geschah viel zu schnell, und alles auf einmal. Ich griff in meine Tasche, um etwas von dem Pulver hervorzuholen, als plötzlich die Massen herbeistürmten. Eine der Frauen rannte direkt in mich hinein, deshalb ließ ich das Pulver genau in dem Moment fallen, als Clio die messerscharfe Spitze in den Nacken des Opfers rammte. Ich versuchte, ein Keuchen zu unterdrücken, und stolperte von der Meute weg. Wie Geier schossen sie auf den Mann herab und zerfetzten ihn. So schnell, wie sie erschienen waren, zerstreuten sie sich auch wieder, wobei einige die Gestalt wechselten.
Ein paar von ihnen blieben jedoch zurück. »Clio, ich hatte fast schon gedacht, den würdest du behalten.« Das war die junge Frau, die mich über den Haufen gerannt hatte. Sie trug das Haar zu einem dünnen Zopf geflochten, der ihr über die Schulter fiel.
»Ja, ja.« Clio seufzte und zündete sich mit dem Zeigefinger eine Zigarette an. »Ich hab tatsächlich darüber nachgedacht. Das war ein netter Typ. Aber weißt du, ich fange den Abend immer gerne mit einem Körper an, um mich in Stimmung zu bringen, und nicht mit einer Seele. Und da draußen wartet ja noch jede Menge Beute auf uns. Um zu uns zu gehören, muss man wirklich etwas ganz Besonderes sein.« Sie schienen wieder hinaus in die Nacht zu schweben. Der Mann lag mit offenem Brustkorb in einer Blutlache. Ich wünschte mir, ich hätte nicht hingesehen.
»Ich war zu langsam«, hörte ich jetzt den zerknirschten Lance von der anderen Seite der Gasse.
»Ich auch«, stöhnte ich. Das machte mich ganz krank.
»Beim nächsten Mal«, flüsterte er, und seine Schritte näherten sich. »Jetzt komm, bevor wir sie noch verlieren.« Wir liefen los und erreichten schließlich wieder die Bourbon Street. Clio hatte sich jetzt Wylie und seiner Freundin angeschlossen, und dieses Mal blieben wir ihnen dicht auf den Fersen. Wylie hielt seine Geliebte fest umklammert, presste sie schützend gegen seine Hüfte, während sie sich durch die Menge schoben und den Blick über die Gesichter wandern ließen. Die Bourbon Street war so hell erleuchtet, dass wir aufpassen und uns von den Neonlampen der Lokale fernhalten mussten. Mit der Zeit wurde uns klar, dass wir am sichersten waren, wenn wir uns mitten im Gedränge durch die Menschen schoben, nah genug dran an Wylie, um Fetzen der Unterhaltung mitzubekommen.
»Entscheide du, Schätzchen«, murmelte er ihr ins Haar. Mit einem
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