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Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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Haut kleben blieben. Ich schloss die Lider und umfasste den Kopf mit beiden Händen. Dann zwang ich mich, die Augen wieder aufzuschlagen, und bemerkte, dass mich der Junge hinter seiner Schutzbrille aus Plastik verwirrt anstarrte.
    »Alles in Ordnung?«, rief er über den Maschinenlärm hinweg.
    Ich nickte nur und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Ich musste mich zusammenreißen, um auch nur ein paar Schritte weiterzugehen, während er sich wieder an die Arbeit machte. Was war denn nur mit mir los? Jetzt war wirklich kein guter Zeitpunkt, um Schwäche zu zeigen.
    Ein paar Meter weiter überfiel mich das stechende Gefühl erneut. Ich kam gerade am Kostümkommitee vorbei. Ihr Reich war mit Kleiderständern umzäunt, hinter denen auf einem Tisch Nähmaschinen summten. Drei Mädchen gingen ein paar Polaroidfotos durch. »Ich finde, wir brauchen viel mehr Farbe. Und zwar überall«, drängte eine von ihnen mit rollenden Augen. »Mal im Ernst, die auf dem letzten Wagen wollen nur rot und schwarz? Das sind die mit dem Friedhof, oder? Gott, langweiliger geht’s wohl kaum!« Ich musste schon wieder innehalten und mich aufs Atmen konzentrieren. Die Mädchen verstummten und sahen zu mir rüber. Während ich den Blick über ihre Gesichter wandern ließ, flammte in meiner Brust plötzlich stechender Schmerz auf. Trotzdem zwang ich mich dazu weiterzugehen, bis ich endlich Lance erreichte.
    »Wo hast du denn plötzlich gesteckt?«, fragte er, während er ein Brett in die Replik des riesigen kreisrunden Grabmals einfügte, auf dem wir vor einiger Zeit mal eine kleine »Pause« eingelegt hatten. Ich hasste dieses Ding. Noch bevor ich antworten konnte, musterte mich Lance und meinte: »Hey, das ist jetzt nicht böse gemeint, aber du siehst gar nicht gut aus.«
    Ich lehnte mich an die Nachbildung, und sie rutschte beiseite. Ich strauchelte, hatte mich aber schnell wieder gefangen.
    »Das ist nicht aus Marmor und Zement wie das Original. Was ist denn los?«
    Ich atmete ein paarmal tief durch und versuchte, aufrecht zu stehen. »Wahrscheinlich bist du immer noch völlig fertig, das ist alles«, vermutete er, und hinter seinen Worten klang die Sorge durch.
    »Ich hoffe, du hast Recht.«
    Jetzt unterbrach uns eine Stimme: »Ich mache gerade eine Umfrage: Was haltet ihr von Pailletten auf den Kostümen?« Das war Emma. »Dafür oder dagegen?« Wir starrten sie nur entgeistert an.
    »Ist das dein Ernst?«, wollte Lance wissen.
    »Absolut dagegen«, antwortete ich.
    »Aber ihr wisst doch noch gar nicht, wo wir die aufnähen würden!«
    »Absolut dagegen«, wiederholte ich.
    »Wir werden ja sehen.« Sie notierte etwas auf ihrem Klemmbrett und nahm ihr nächstes Opfer ins Visier.
    Ich stand noch ein weiteres Mal kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren, bevor wir im Lagerhaus fertig waren. Lance drängte mich, mich etwas auszuruhen, sobald wir zuhause waren. »Das waren ein paar verrückte Tage, und wir können nicht riskieren, dass du diese Ohnmachtsnummer beim Mardi Gras abziehst.« Hinter seinem Gefrotzel verbarg sich aber echte Sorge. Also ging ich früh ins Bett und beschloss, mich mit etwas Schwebetraining zu beruhigen. Ich konzentrierte mich auf einen der Turnschuhe unten auf dem Fußboden und sah ihn scharf an. Innerhalb von Sekunden flog er auf mich zu. Ich zog eine Hand unter der Bettdecke hervor und packte ihn im Flug. Nicht schlecht, mit der Zeit wurde ich schneller. Endlich fielen mir die Augen zu, und ich begann einzudösen, aber plötzlich meldete sich wieder mein Handy. Ich zog kurz in Erwägung, es einfach piepsen zu lassen, aber es schien immer lauter und lauter zu werden. Also streckte ich die Hand danach aus und fand auf dem Bildschirm eine neue Nachricht. Ich machte mich auf alles gefasst und begann zu lesen, die erste Zeile erfüllte mich jedoch mit Erleichterung, nicht mit Angst.
    Es freut dich sicher zu hören, dass deine Empfindungen von heute Nachmittag nichts mit einer Krankheit zu tun haben. Bisher warst du daran gewöhnt, drohende Gefahr durch deine Narben zu erkennen. Jetzt entwickelst du eine noch viel weiterreichende Fähigkeit, Probleme vorherzusehen. Schenk diesem Gefühl größte Aufmerksamkeit. Heute hast du ganz ohne jede Fotografie Seelen erkannt, die mit der dunklen Seite kokettieren. Nutz diese neue Gabe: Von nun an wirst du es wissen, wenn du jemandem begegnest, dessen Seele in Gefahr ist, gestohlen zu werden, oder bereits geraubt wurde. Du wirst es einfach spüren. Heute war diese neue Fähigkeit

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