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Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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setzen konnte. Dort verharrte ich einen Moment und wartete auf Lance. Der war so groß, dass es für ihn viel einfacher war, und er schwang sich mit einer eleganten Bewegung in die Höhe.
    Auf der einen Seite erstreckte sich der Friedhof vor uns, all die langen Reihen von Gräbern. Auf der anderen Seite glühten nur wenige Blocks entfernt die Lichter der Bourbon Street. »Coole Aussicht«, hauchte ich lautlos. Lance lächelte. Ich schwang mich über das Tor, rutschte auf der anderen Seite hinunter und landete hart, aber fast lautlos auf den Füßen. Ich schüttelte die Beine aus, um sie wieder zum Leben zu erwecken, während Lance jetzt mit einem Satz zu mir runtersprang. Wir rührten uns nicht und spitzten die Ohren, um die Stimmen ausfindig zu machen. Ich deutete auf den hinteren Bereich des Friedhofs.
    Nun ging ich vor und wählte eine Route voller Grabmäler, hinter denen man sich perfekt verstecken konnte. Die Stimmen wurden lauter, und schließlich entdeckten wir das Paar, das taumelnd über die Wiese bei Latrobes Grab schlenderte. Wir verbargen uns hinter einem hoch aufragenden Bauwerk und schauten dann um die Ecke, um die beiden zu beobachten. Es waren nur ihre Umrisse zu erkennen.
    »Warum wolltest du denn hierherkommen?«, lallte der Mann.
    »Machst du Witze? Das ist doch sooooo romantisch«, schwärmte die junge Frau. »Findest du es hier nicht super?« Man hörte ein Schmatzen, irgendwo in einer dunklen Ecke küssten sich die beiden jetzt, dann hörte man ihr zwitscherndes Lachen und konnte ihren spielerischen Versuch beobachten, vor ihm davonzulaufen. Sie landete auf einem mondbeschienenen Fleckchen. Es war Clio. Ihr Geliebter packte sie, und sie quiekte verspielt, als er sie für einen weiteren Kuss an sich heranzog.
    »Also wirst du mich hier wieder herschleppen?«, protestierte er wenig überzeugend.
    »Das ist eben mein Lieblingsort. Außerdem steigt hier auch bald eine Party, das wird absolut super«, versicherte sie ohne jeden Zweifel. »Du bist dabei, klar?«
    »Da bleibt mir ja wohl nichts anderes übrig«, erwiderte er. Ihn kannte ich nicht, aber er hatte den typischen Studenten-Look. Er hätte ein Kumpel von Connor sein können, ein typischer Nachtschwärmer aus dem French Quarter. Eng umschlungen landete das Paar jetzt auf dem Boden. Mir wurde bald klar, dass Lance und ich nun nicht mehr herausfinden, uns in spätestens einer Minute aber wie Voyeure vorkommen würden. Mir brannten ja jetzt schon die Wangen, und deshalb hätte ich auch fast nicht mitbekommen, dass die Narben auf meiner Brust in Flammen aufgegangen waren. Ich deutete in Richtung Ausgang, Lance nickte, und wir machten uns so schnell und so lautlos wie möglich davon.
    Dann kletterten wir wieder über das Tor und traten den Heimweg an. Für heute Abend ließen wir es gut sein. Auf der Royal Street war um diese Zeit wenig los. Ich konnte in der Stille den Wind in der LaLaurie-Villa pfeifen hören und vermutete, dass dort wohl ein Fenster offen stand. Die Kerze war nicht entzündet, aber mir blieb einen Moment das Herz stehen, als ich den Umriss einer Hand entdeckte. Sie schien eine Flasche hochzuhalten und verschwand dann aus meinem Blickfeld. Ich dachte an Marie Laveaus Grab, an all die dargebrachten Gaben, unter denen sich auch Flaschen befanden. Aus irgendeinem Grund war ich mir ganz sicher, dass es sich hier um eine Gabe für mich handelte. Am liebsten wäre ich augenblicklich auf dieses Fenster zugelaufen. Neben mir war Lance in Gedanken versunken, unter schweren Lidern hatte er den Blick in die Ferne gerichtet. Mit einem Mal ging er nicht mehr weiter und stand einfach nur da. Ich blieb auch stehen und wartete darauf, dass er irgendetwas sagte, aber da kam nichts.
    »Alles klar?«
    »Ich glaube, ich brauche ein bisschen frische Luft«, erklärte er schließlich.
    »Echt? Ich meine, wir waren doch den ganzen Abend im Freien«, gab ich sanft zu bedenken.
    »Schon. Aber geh du ruhig vor. Ich bin bald zurück.«
    »Ich kann doch auch hier draußen …«
    »Nein. Ich drehe einfach nur eine Runde um den Block, um den Kopf frei zu kriegen«, versprach er und machte ein paar Schritte zurück in die Richtung, aus der wir gekommen waren. »Wir sehen uns dann später.« Damit wandte er sich ab, die Hände in den Taschen, und verschwand im Dunkel der Nacht.
    Das gefiel mir gar nicht, aber es war offensichtlich, dass er gern allein sein wollte, also ließ ich ihn in Ruhe. »Na gut, aber bleib nicht zu lange weg, okay?«
    Zurück im Haus

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