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Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Bösen: Die Erleuchtete 2 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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fand ich unser Zimmer dunkel und leer vor. Connor und die anderen hatten bei ihren Streifzügen durch Kneipen und Clubs auch kein Glück gehabt. Als ich ihm erzählte, wie wir Sabine zunächst gefunden und sie dann wieder aus den Augen verloren hatten, versuchte er mich zu beruhigen: »Ihr habt alles getan, was in eurer Macht stand.« Als er meinen frustrierten Blick bemerkte, fügte er noch hinzu: »Jetzt ruh dich erst einmal aus.«
    Ich schlüpfte in meinen Kittel und holte den Stapel Fotos hervor. Das Bild von Jimmy war in den wenigen Stunden, seit ich es mir zum letzten Mal angesehen hatte, viel schlimmer geworden. Inzwischen zerflossen seine Gesichtszüge, und Wunden übersäten seine Haut. Ich stopfte die Aufnahme zurück in meinen Nachttisch und knallte die Schublade zu. Dann suchte ich in meinem Rucksack nach meinen beiden Schweizer Taschenmessern – neuerdings hatte ich vorsichtshalber immer ein zweites dabei. Das legte ich jetzt in die Schublade, neben die Fotos. Es lief mir kalt den Rücken hinunter. Als ich das Licht ausmachte, entdeckte ich eine neue Nachricht auf meinem Handy:
    Deine Augen haben dich heute Abend nicht getrogen. Sieh morgen nach, dann wirst du etwas finden.
    Ich hatte Lucian im Sinn, als ich eindöste, und er geisterte auch durch meine Träume.
    Das Klopfen an der Tür hörte einfach nicht auf. Draußen war es immer noch völlig dunkel, und ich stöhnte. Warum machte Connor das nur? Konnte unser Training nicht zu normalen Tageszeiten stattfinden? Da das Hämmern an der Tür nicht nachließ, kroch ich schließlich die Leiter hinunter. Inzwischen war ich etwas wacher, und mir fiel auf, dass die Klopfgeräusche in immer größeren Abständen erklangen, als würde jemand mehrmals seinen Körper an der Tür abprallen lassen. Gähnend machte ich auf.
    Lance stolperte über die Türschwelle und stürzte praktisch auf mich. »Hoppla!«, rief ich.
    »Tut mir leid, ich bin’s nur«, lallte er leise. Er hörte sich an, als wäre er betrunken. Oder vielmehr so, wie ich ihn mir betrunken vorstellte, da er nie viel Interesse an Alkohol gezeigt hatte. Er strauchelte, stolperte über Sabines Nachttischchen und ging mit dem Möbelstück zu Boden. »Kann ich mich vielleicht hier hinlegen? Nur ein paar Minuten? Das macht dir doch nichts aus, oder?«
    »Alles klar bei dir? Wo hast du denn nur gesteckt? Hast du Sabine und Wylie gefunden?«
    »Mir geht’s guuuut, glaub ich. Ich weiß auch nicht«, murmelte er benommen. »Ich brauche jetzt einfach ein bisschen Schlaf.«
    »Vielleicht hättest du gern ein Glas Wasser oder so? Du siehst aus, als müsstest du dich gleich übergeben.« Ich schaute auf ihn herunter, in der Dunkelheit war er auf dem Boden in sich zusammengesunken.
    »Nein, schlafen, ich will einfach nur schlafen«, lehnte er ab. Er rührte sich nicht und lag mit geschlossenen Augen da. Das Mondlicht spiegelte sich in seiner Brille. Ich hockte mich hin. Diese Rückenlage war gar keine gute Idee, falls er wirklich erbrechen musste, also rollte ich ihn auf die Seite. Und da bemerkte ich sie: die Wunde an seinem rechten Oberarm, ein Schnitt durch den Ärmel hindurch und tief ins Fleisch. Darüber war das Blut zu einer dicken Kruste getrocknet.
    »Was ist denn nur mit dir passiert?«, fragte ich laut und weckte ihn auf.
    »Hm?«, murmelte er und döste sofort wieder ein.
    Ich stürzte zum Schrank und wühlte auf der Suche nach einem Verband und Salbe in meinem Erste-Hilfe-Set herum. Dann zerriss ich seinen Ärmel. Die klaffende Wunde sah mit ihren ausgefransten Rändern wirklich übel aus. Als ich die Binde darum wand, begann das Desinfektionsmittel darunter zu blubbern, es fühlte sich an wie ein Brodeln. Wäre es im Zimmer nicht so still gewesen, hätte ich es nicht gehört und vermutlich auch gar nicht geglaubt, aber es stieg ein leises Zischen auf, wie bei einem Spiegelei in der heißen Pfanne. Im Schlaf bewegte Lance den Arm, als versuche er, einen Käfer abzuschütteln. Ich griff nach seiner Hand, um ihn zu beruhigen, bis er irgendwann aufhörte. Dann schob ich ihm den Mülleimer rüber und machte mich auf den Weg in die Küche, um ihm eine Flasche Wasser zu holen.
    Bevor ich in mein eigenes Bett stieg, legte ich ihm noch den Kopf auf die Brust, um seinen Atem zu kontrollieren. Der klang ganz okay, vielleicht ein bisschen abgehackt, aber auf jeden Fall lebte Lance. Trotzdem machte ich mir Sorgen. Wenn jemand anders in diesem Zustand zur Tür hereingestolpert wäre, wäre ich nicht so unruhig

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