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Der Ruf des Kolibris

Der Ruf des Kolibris

Titel: Der Ruf des Kolibris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Mal mussten wir im Gebirge Don Antonio und seinen Kriegern nicht in die Hände fallen.
    Wir frühstückten draußen im Patio. Und weil sich keine Kerze organisieren ließ, sang ich zur Flamme eines Streichholzes Elena das Geburtstagsständchen. Wir umarmten sie alle und wünschten ihr alles Gute. Ihr Vater versprach ihr eine Überraschung, sobald wir in Inza seien, nur ich konnte ihr mein Geschenk jetzt schon überreichen, denn das Buch für sie hatte mir niemand abgenommen. Es waren Songtexte von Grönemeyer. Ich hatte das Büchlein bei einem Antiquar gefunden. Den vielen Buchläden im Zentrum verdankte Bogotá auch den Namen »Stadt der Bücher«.
    Elena freute sich.
    Als nach dem Frühstück weder Damián noch irgendein anderer Indio erschien, schlug ich vor, dass wir ins Büro des CRIC gingen. Dort könnten wir uns bedanken und uns auch, wenn wir das wollten, nach Damián erkundigen. Ich versuchte, so gleichgültig wie möglich zu klingen. Es sollte sich nicht so anhören, als brannte ich darauf, Damián wiederzusehen.
    Elena feixte. Ich trat ihr unterm Tisch gegen das Bein. Mein Vater musterte mich kurz. Er hatte doch was gemerkt. Papa wirkte zwar manchmal ziemlich verpeilt, aber er bekam wohl viel mehr mit, als ich immer dachte.
    Tatsächlich war ich voller Angst, dass Damián, aus welchen Gründen auch immer, wieder abgetaucht war. Ich hatte ihn doch erst mühsam überzeugen müssen, dass mein Vater seiner Schwester vielleicht helfen konnte. Womöglich hatte Damián mir nur zugestimmt, damit ich Ruhe gab, so wie er mir auf dem Ball versprochen hatte, sich bei mir zu melden, damit ich ohne Gegenwehr ging. Doch schlimmer als diese Befürchtungen war meine Angst, dass ihm etwas passiert sein könnte. Und deshalb musste ich unbedingt los und herausfinden, warum er heute Nacht bei unserer Befreiung nicht dabei gewesen war.
    Es dauerte noch eine Weile, bis unsere Väter sich darauf verständigt hatten, dass sie dem jungen Mann, der sich für unsere Befreiung eingesetzt und sie organisiert hatte, auf jeden Fall danken mussten, und sei es in Form eines Briefs, den sie im Büro des Regionalrats hinterlegen würden. Zuvor musste das Risiko abgewogen werden, dass ein ergrimmter Major Antonio uns mit der Waffe in der Hand stellen und erschießen würde. Doch das schien unseren Vätern dann doch gering, in Anbetracht der Menge bewaffneter Polizisten, die im Zentrum von Popayán herumstanden. Und so schlenderten wir endlich bei leichtem Nieselregen über den Platz des Parque Caldas mit der weißen Fassade der Kathedrale und dem Uhrenturm, wo ich gestern stundenlang gewartet hatte, in die Gasse, wo das Büro des CRIC lag.
    Rocío saß an ihrem Schreibtisch mit Bildschirm in der Ecke am Fenster zwischen Papieren und übervollem Aschenbecher, als wäre sie über Nacht gar nicht weggewesen. Ein Mann mit Bart, Pferdeschwanz und haarigen Armen stand bei ihr und diktierte ihr etwas. Beide drehten sich um, als wir zu viert hereinkamen.
    » Ah, los alemanes «, bemerkte Rocío und lächelte. » Todo bien? Alles okay? Ist das Hotel in Ordnung?«
    Wir nickten.
    Leandro fand am schnellsten von uns die Richtung. »Wir suchen Damián. Wir möchten uns bedanken.«
    Der Bärtige setzte sich wortlos in Bewegung und verschwand durch die Tür zum Nachbarraum.
    Rocío lächelte weiter. »Vielleicht möchten Sie auch eine kleine Spende an uns machen. In drei Wochen haben wir unser großes Treffen der indigenen Völker.«
    »Selbstverständlich«, sagte mein Vater. »Ich habe nur momentan kein Geld. Aber wenn Sie mir eine Kontonummer geben.«
    Doch Leandro besaß noch Reserven in den tiefen, verborgenen Innentaschen seiner Weste. Er zog einen Scheck hervor und füllte ihn auf einem der sperrmüllalten Tische aus. Rocío bekam Stielaugen. Offenbar war die Summe hoch. Bei den vielen Nullen, die hier die Währung hatte, konnte ich das nicht so schnell beurteilen.
    Rocío nahm den Scheck und bedankte sich strahlend.
    »Trotzdem«, sagte mein Vater, »eigentlich wollten wir mit Damián sprechen. Er hat meiner Tochter erzählt, dass ...«
    Da öffnete sich die Tür zum Nachbarraum und der Bärtige erschien wieder, gefolgt von einer abgekämpften Gestalt in verschlammten Gummistiefeln und verdreckter und regennasser Hose.
    Ich erschrak immer noch, sobald ich Damián erblickte.
    »Da ist er«, hörte ich Rocío noch sagen. Danach hörte ich kaum noch, was gesprochen wurde.
    So hatte ich Damián noch nie gesehen. Sein Gesicht war ausdruckslos vor

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