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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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bist gemein.«
    »Ich bin ehrlich. Hast du sie dir vorhin angeschaut? Hat deine beste Freundin dich überhaupt begrüßt?«
    Da war es wieder, das ganze Elend ihrer Wirklichkeit. Emma schloss für einen Moment die Augen. Yileen hatte sie willkommen geheißen; Purlimil an seiner Seite hatte wie ein lebloser Schatten gewirkt. Das Schlimmste aber war, dass Emma ihr Zustand nicht einmal mehr aufgefallen war. Purlimils Schwermut war normal für sie geworden.
    Höchste Zeit zu handeln.
    »In Ordnung«, sagte sie und hob Belle entschlossen auf ihren Schoß. »Ich füttere Belle, und dann rede ich mit Birwain. Um Gelar kümmern wir uns danach.«
    Mit etlichen Breispritzern verziert, saß Emma eine halbe Stunde später mit Belle und Birwain am Flussufer.
    Gegessen hatte Belle natürlich nichts, doch sie hatte sichtlich Vergnügen daran gefunden, ihre Händchen in den Brei zu patschen oder Spuckübungen damit zu machen. Irgendwann hatte Emma aufgegeben und Belle zum Stillen zu Purlimil gebracht.
    Emma fröstelte, als sie daran dachte. Die Freundin hatte zwar ein paar Worte mit ihr gesprochen und Belle genährt, aber sie hatte dabei gewirkt wie ein Gespenst. Gelar war gar nicht da gewesen, ihn hatte Emma später bei Gunur entdeckt. Offensichtlich traute niemand mehr es Purlimil zu, sich allein um ihren Sohn zu kümmern.
    Emma war mit Belle zu Birwain gelaufen und hatte ihm mit dem Mut der Verzweiflung erklärt, dass sie reden müssten, sofort und allein.
    Stumm hatte Birwain sich vom Feuer erhoben und war ihr gefolgt.
    Und nun saßen sie hier, unter einer sonnengelb blühenden Akazie, blickten auf das sumpfige Wasser und schwiegen. Die Äste des Baumes hoben sich scharf gezeichnet gegen den blauen Himmel ab, Belle widmete sich mit Feuereifer ihren Krabbelversuchen, und in einiger Entfernung graste eine Herde Kängurus. Alles wirkte so absurd friedlich, dachte Emma, während in ihr selbst ein solcher Sturm tobte! Denn von dem Gespräch, das jetzt folgen musste, hing die Zukunft ab: Johns, ihre eigene und die des Clans.
    Oder überschätzte sie sich fürchterlich? Hatte sie in Wirklichkeit weder die Aufgabe noch die Macht, irgendetwas zu verändern?
    Wenn Birwain meine Hilfe zurückweist, dann habe ich meine Antwort, dachte Emma unruhig.
    Der innere Druck ließ sie hervorstoßen, was sie eigentlich mit langer, diplomatischer Vorrede hatte einleiten wollen.
    »Birwain, ich will, dass diese Düsternis verschwindet. Purlimil soll wieder gesund werden! Niemand soll mehr über die verfluchten D’anba nachdenken müssen. Du hast gesagt, ich habe immer noch eine Aufgabe, und ich glaube, du hattest recht. Lass mich euch helfen, Birwain.«
    Der Schamane schwieg.
    Hatte er ihr überhaupt zugehört?
    Emma atmete tief durch.
    »Birwain, mir ist klar, dass du mir nicht mehr vertraust. Aber … ich habe diese seltsamen Ahnungen. Ein Gefühl, als ob etwas in mir mich wachrütteln will, eine innere Stimme. Tja, als Weiße ist man so was nicht gewohnt und kann es schlecht ignorieren, verstehst du?« Sie lachte nervös. Wahrscheinlich vergriff sie sich gerade völlig im Ton, aber sie wusste einfach nicht, wie sie zu Birwain durchdringen sollte.
    Früher war es so einfach gewesen. Als Birwain noch verschmitzt und zufrieden gewesen war und sie selbst glücklich und unbefangen. Sie, Emma Scheerer, Forscherin und Carls Ehefrau.
    Wie lange war das her!
    Ihre Schultern sackten herab. Vielleicht war es zu lange her. Vielleicht bestand die Antwort auf ihre innere Unruhe, auf ihre Suche, ja genau darin: in beredtem Schweigen.
    In diesem Moment wandte Birwain sich ihr zu. Irrte sie sich, oder glomm da ein Funke der Hoffnung in Birwains Augen auf?
    »Hast du Träume?«, krächzte der Schamane.
    Emma leckte sich nervös über die Lippen.
    »Ja, natürlich. Ich träume von Carl und von Belle und …«
    Schlagartig fiel ihr der Traum von letzter Nacht ein: Nachdem sie trotz ihrer Grübeleien endlich in den Schlaf gefunden hatte, war er ihr erschienen – er , der sie so oft heimgesucht hatte, seit Carl verschwunden war.
    Der Dunkle lockt sie mit seinem langen, dürren Zeigefinger.
    »Komm, Emma, und erfülle eure Bestimmung. Du und Carl, ihr seid beide dem Untergang geweiht. Das weißt du doch, nicht wahr?«
    Ja, das weiß sie. Hat es immer gewusst.
    Und dennoch weigert sie sich aufzugeben.
    »Kämpfe nicht dagegen an«, sagt der Dunkle beinahe väterlich. »Es verlängert eure Qualen nur unnötig. Obwohl … warum eigentlich nicht? Windet euch nur, ihr

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