Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
Vom Netzwerk:
beiden, wie kleine, widerliche Fliegen im klebrigen Netz der Spinne. Eine reizvolle Vorstellung, findest du nicht? Zumindest für die Spinne.«
    Er lacht, und Emma weiß, er hat das Spiel schon fast gewonnen.
    Sie haben keine Chance.
    Sie sind dem Untergang geweiht.
    »Nein!«
    Emma schlug mit der flachen Hand auf den Uferboden. Verdammt sollte sie sein, wenn sie sich ihren Ängsten unterwarf! Sie, Emma Scheerer, war nicht dazu geschaffen, sich wie ein gelähmtes Beutetier verschlingen zu lassen! Und wenn es sie das Leben kosten sollte: Sie würde kämpfen, um sich und um Carl, wo auch immer er war.
    Emma reckte das Kinn, und dann erzählte sie Birwain ihren Traum in allen Einzelheiten.
    Sie schloss mit der drängenden Frage: »Was muss ich tun, Birwain? Sag es mir. Ohne dich komme ich nicht weiter.«
    »Ist es denn möglich?«, murmelte Birwain. »Ist es wirklich möglich?«
    Ungeduldig griff sie nach seiner Hand. »Was ist möglich? Sprich nicht auf diese Weise mit mir, ich verstehe eure Rätsel nicht! Bitte, Birwain, ich brauche deine Hilfe. Allein werde ich niemals herausfinden, worin meine Aufgabe besteht. Wer der Dunkle ist. Ob Carl noch lebt. Ach, verflixt, das ist alles so verwirrend!«
    »Du bist es«, stellte der Alte bewegt fest.
    »Was bin ich, Birwain? Was meinst du damit?«
    Er sah sie bloß an, mit Tränen in den Augen.
    Und dann, gerade als es Emma durch den Kopf schoss, dass John ihren Traum und dieses Treffen bestimmt wieder als ungesund bezeichnen würde und dass die Grenzen zwischen ungesund und irrsinnig fließend waren, riss Birwain sie in seine Arme.

4
    E r wusste, dass er Emma zu nahe getreten war, aber er hatte nicht anders gekonnt. Zu sehr hatte ihm die Erkenntnis zugesetzt, dass er beinahe den größten Fehler seines Lebens gemacht hätte, indem er Emma hätte ziehen lassen, und zu heftig war die Erleichterung gewesen, dass Emma schließlich doch noch, ganz ohne Birwains Zutun, aufgewacht war.
    Sie hatte auf ihre Ahnungen, ihre Träume, auf die Geister gehört.
    Vielleicht war doch noch nicht alles verloren.
    Emma räusperte sich, strich sich das Oberteil glatt und sah ihm in die Augen.
    Birwain musste lächeln, so überrumpelt wirkte sie. »Ich nehme an, das hieß gerade, dass du mir helfen willst?«, fragte sie ihn.
    Zum ersten Mal seit vielen Wochen fühlte sein Herz sich leicht an. Er nickte. »Du bist es, die ihn finden muss. Das ist deine Aufgabe. Endlich sehe ich klar.«
    Emma schaute ihn gespannt an, wartete auf mehr. Aber Birwain wollte wissen, ob sie von selbst darauf käme. Auf die Lösung, nach der er so lange im Dunkeln getastet hatte, obwohl sie sich direkt vor seinen blinden Augen befunden hatte.
    Schließlich hielt sie es nicht mehr aus. »Wen soll ich denn finden?«
    Sie schien sich mit aller Kraft zurückhalten zu müssen, um Birwain nicht zu schütteln.
    Also gut. Sie war eine Weiße, es war zu viel verlangt, dass sie es erkannte.
    »Den mächtigsten aller D’anba«, erklärte Birwain, ohne sie aus den Augen zu lassen. »Den, der es geschafft hat, die anderen zu entfesseln. Der Purlimils Seele gestohlen und Dayindi auf seine Seite gezogen hat. Der bereits nach Gunur greift, nach Birrinbirrin und nach mir.« Leises Mitleid schwang in Birwains Stimme mit, als er hinzufügte: »Und der es als eine seiner ersten Taten geschafft hat, dich und deinen Mann zu entzweien. Er hat Carl von dir fortgerissen.«
    Emma wandte sich ab und schaute über den Fluss.
    Langsam sagte sie: »Niemand hat uns entzweit, Birwain. Jedenfalls kein Geist. Höchstens …« Sie zögerte. »Höchstens ich selbst.«
    Birwain legte den Kopf schief. Jetzt war er es, der wartete.
    Emma knetete ihre Hände. »Ich habe immer von Carl erwartet, dass er perfekt ist, weißt du? Dass er stets stark ist, alles kann und alles weiß, aber wiederum nicht so viel, dass er mir damit allzu sehr überlegen ist.«
    Beschämt schüttelte sie den Kopf. »Als ich dann so gar nicht mit Belle zurechtgekommen bin«, ihr Blick flog zu dem Kind, das im Gras saß und an einem Stöckchen lutschte, »da habe ich ihm nutzlose Besserwisserei vorgeworfen. Habe ihm gesagt, dass ich mir unsere Ehe anders vorgestellt hätte. Ach, Birwain, ich war so dumm! Ich hatte alles, Liebe, Freiheit und Glück, und habe doch immer noch mehr verlangt. Und jetzt ist Carl fort.«
    Birwain legte seine faltige Hand auf ihre glatte, weiße. Er hatte nicht erwartet, dass sie sich ihm so sehr öffnen würde. Fast schien es ihm, als habe dieses Geständnis

Weitere Kostenlose Bücher