Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
Vom Netzwerk:
Emma. Der Cunningham’s Gap Scrub gehört nun nicht mehr zu New South Wales.«
    Emma runzelte die Stirn.
    Leichthin fügte ihr Mann hinzu: »Das hatte ich dir wohl noch gar nicht erzählt?«
    »Allerdings nicht! Was ist denn geschehen?«
    »Es wurde eine neue Kolonie gegründet, Queensland. Zu der gehört auch unser Regenwald hier. Seit einigen Wochen hat Queensland den Segen der englischen Königin, ist offiziell eigenständig, und Brisbane fungiert als Amtssitz seines Gouverneurs.«
    Emma starrte ihn an. »Und was bedeutet das für unser Forschungsprojekt?«
    »Gar nichts«, beruhigte er sie. »Wir dürfen hierbleiben.«
    »Gott sei Dank.« Emma atmete auf.
    »Schön zu sehen«, sagte Carl und klang mit einem Mal ganz ernst, »dass unser Projekt dich noch interessiert. Ich hatte schon Angst, dass du an nichts anderes mehr denkst als an das Baby.«
    Noch bevor Emma ihrem Mann versichern konnte, dass sie weiterhin mit Leib und Seele Forscherin war, meldete besagtes Baby sich zu Wort. Es öffnete seinen kleinen Mund und begann laut und fordernd zu schreien.
    Carl zuckte unter dem plötzlichen Geschrei zusammen. Rasch warf er sich ein Hemd über und zog sich seine Hose an. »Wir müssen unser Gespräch wohl auf später verschieben. Die kleine Madame fordert ihr Recht. Und ich gehe jetzt lieber. Ich mache uns Frühstück … Beeren und Fladen.«
    Emma hob das nasse Baby auf und drückte es an ihre Brust, bevor ihr einfiel, dass sie sich gerade umgezogen hatte und dass nun auch dieses Hemd nach Urin riechen würde. Oje. Würde sie von nun an ständig stinken wie ein voller Nachttopf? Schöne Aussichten …
    Das Baby schrie ohrenbetäubend.
    »Wahrscheinlich ist Madame zornig«, rief Carl mit Kennermiene über das Gebrüll hinweg.
    »Warum sollte sie zornig sein?«, rief Emma. Sie fühlte sich überfordert. »Und warum nennst du sie ständig Madame?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Zwei Fragen, eine Antwort: Das Baby hat keinen Namen. Wärst du nicht ungehalten, wenn ich dich ständig nur die Frau nennen würde?«
    Betroffen blickte Emma auf das schreiende Baby auf ihrem Arm. Sie schüttelte den Kopf angesichts ihrer Säumigkeit; über all der Aufregung hatte sie das völlig vergessen.
    »Tja, wie heißt du, meine Kleine?«, murmelte sie und wiegte das brüllende Bündel sanft hin und her, während Carl fluchtartig das Zelt verließ. »So ein schönes Mädchen … wie möchtest du heißen?«
    Sie betrachtete die Kleine, ihre geballten, karamellfarbenen Fäustchen, die zusammengekniffenen Augen, die winzige Nase. Sogar wenn sie brüllte, war sie wunderschön, fand Emma.
    Und da wusste sie, wie das Baby heißen sollte.
    »Dein Name soll Belle sein«, flüsterte Emma und lächelte.
    Purlimil saß am Wassertümpel, der schlafende Säugling lag neben ihr in der von Yileen gefertigten Holztrage. Sie sah erschöpft aus. Sowohl die Zwillingsgeburt als auch die seelische Anspannung zeichneten sich deutlich in ihren Zügen ab.
    »Emma!«, begrüßte sie die Freundin mit einem matten Lächeln. »Bringst du mir deine Kleine?«
    »Ja. Sie braucht die Milch ihrer Mutter.«
    Emma reichte ihr die schreiende Belle, und Purlimil legte sie an. Augenblicklich herrschte Ruhe, nur unterbrochen von zarten Schmatzgeräuschen. Emma atmete auf. Es war wohltuend, statt Gebrüll wieder die Geräusche des Regenwaldes vernehmen zu können. Rascheln, Vogelgezwitscher, Quaken.
    »Gunur hat mir erzählt, dass es nun entschieden ist.« Purlimil sprach leise, um das trinkende Baby nicht zu stören. »Ich habe dir noch gar nicht richtig für das Leben meines Babys gedankt.«
    »Das brauchst du auch nicht. Es war eine vollkommen egoistische Entscheidung«, sagte Emma. Ihre Worte sollten Purlimil zeigen, dass sie nicht in Emmas Schuld stand; zudem waren sie nicht ganz unwahr.
    Bevor Purlimil ihr widersprechen konnte, fügte Emma rasch hinzu: »Ich habe ihr übrigens einen Namen gegeben. Sie heißt Belle.«
    »Belle? Das Wort kenne ich nicht. Es ist nicht englisch, oder?«, fragte die Freundin neugierig.
    »Französisch. Es heißt ›Schöne‹«, erklärte Emma. Als sie Purlimils fragenden Blick sah, fügte sie verlegen hinzu: »Na ja, ich weiß, eure Namen sind tiefgründiger. Aber ich finde, Belle passt auch. Nicht nur, weil ich sie hübsch finde. Sondern weil ich sicher bin, dass ihre Seele ebenso vollkommen ist wie ihr Äußeres.«
    »Belle«, wiederholte Purlimil, als müsse sie den Namen prüfen. Sie nickte und strich dem Baby an ihrer Brust über

Weitere Kostenlose Bücher