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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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das zarte Köpfchen. »Ja, Belle passt zu ihr.«
    Emma setzte sich neben die Freundin an den Tümpel. Einträchtig schauten sie auf die stille, braungrüne Wasseroberfläche.
    »Möchtest du auch wissen, wie ich meinen Jungen nenne?«, fragte Purlimil.
    »Natürlich. Verrate es mir!«
    Purlimil wandte den Kopf und sah Emma ernst in die Augen. »Er heißt Gelar.«
    »Sehr schön«, meinte Emma höflich. »Und was bedeutet das?«
    »Bruder«, sagte Purlimil schlicht. »So wird er nie vergessen, dass er noch eine Schwester hat. Egal, wohin diese Schwester eines Tages gehen wird.«
    Es gelang Emma nicht sofort, der Freundin zu antworten. Betroffen blickte sie auf den kleinen Gelar in seiner Trage. Ihr war klar, worauf Purlimil anspielte: dass Emma den Clan irgendwann einmal verlassen würde. Ewig würden die finanziellen Mittel aus Sydney nicht fließen; jedes Forschungsprojekt war einmal beendet, und Gott allein wusste, wohin es Emma und Carl danach verschlagen würde.
    Und Belle mit ihnen.
    Aber noch war es ja nicht so weit. Ein Blick auf Belle machte Emma klar, dass in diesem Moment sowieso ein ganz anderes Problem gelöst werden musste – nämlich das, weshalb sie hergekommen war.
    »Womit hast du Gelar eigentlich gewickelt?«, lenkte sie das Gespräch in weniger bedrückende Bahnen. »Das sieht ja fast aus wie Papier.«
    Purlimil ließ sich bereitwillig auf den Themenwechsel ein. Was sie hatte sagen müssen, war gesagt worden, und jetzt konnte man sich wieder dem Alltag widmen. »Es ist Rinde. Sie ist dünn und weich und hält Gelar warm. Wenn sie schmutzig ist, werfe ich sie weg und wickele Gelar einfach in neue Rinde. Aber du, Emma, was hast du da um Belle geschlungen? Es ist …« Sie schien nach einer freundlichen Umschreibung zu suchen. Doch dann lachte sie und sagte ehrlich: »Es ist nass, und es riecht.«
    Emma stimmte in ihr Lachen ein. »Ja, wenn Belle so weitermacht, werde ich bald nackt herumlaufen müssen. Weil sie mir all meine Kleidung verschmutzt und ich nichts mehr habe, was ich anziehen könnte!«
    »Warum du dich so dagegen sträubst, ohne Kleidung herumzulaufen, ist mir sowieso ein Rätsel«, feixte Purlimil. »Bist du so hässlich unter all deinen Stoffschichten? Und Carl? Der wäre doch bestimmt eines Blickes wert, oder?«
    Emma ging auf das Spielchen ein und knuffte Purlimil übertrieben empört gegen die Schulter.
    Belle verlor die Brustwarze und begann zu weinen.
    »Oh, tut mir leid.« Zerknirscht sah Emma zu, wie Purlimil dem Baby die Brustwarze wieder ins Mündchen schob. »Wie dumm von mir, sie zu erschrecken. Ich glaube, ich muss noch viel lernen, was den Umgang mit Babys betrifft.«
    Purlimil nickte. »Das müssen wir beide. Aber wir haben ja Hilfe. Gunur und die anderen werden uns unterweisen.«
    »Carl wird mich auch nicht mit seinen Ratschlägen verschonen, fürchte ich.« Emma dachte an die morgendliche Lektion im Zelt.
    »Ist doch gut«, fand Purlimil. »Wir werden noch froh um jeden Ratschlag sein, den wir bekommen können, jedenfalls wenn das stimmt, was Gunur sagt.«
    Emma zog fragend die Augenbrauen hoch.
    »Sie meint, zu Anfang befänden sich die Babys noch gar nicht richtig in unserer Welt«, erklärte Purlimil. »Sie lebten noch halb in der Welt der Geister, und hier bei uns schliefen sie so viel, dass für die Mütter alles ganz einfach sei. Aber wenn die Babys erst einmal aufwachten und richtige Menschenkinder würden, dann, ja, dann …«
    Welcher Art die Schwierigkeiten waren, die sie dann erwarten würden, ließ Purlimil wohlweislich offen. Doch Emma konnte sich schon denken, was sie meinte: Ein Baby zu versorgen war in der Wildnis des Regenwaldes fernab jeder Zivilisation keine Kleinigkeit. Diese Aufgabe konnte nicht mal so nebenher erledigt werden. Emma und Purlimil würden die Erfahrung, die Hilfe und das Vorbild der anderen Clanfrauen dringend brauchen.
    Emma betrachtete Belle, die konzentriert und mit fest geschlossenen Augen an Purlimils Brust saugte. Hoffentlich, dachte sie, wichen die Vorstellungen der Schwarzen, was gute Kindererziehung betraf, nicht allzu sehr von ihren eigenen ab. Und von denen Carls … Denn Streitereien wegen des Babys wollte Emma auf jeden Fall vermeiden.
    Aber sie würden das schon hinbekommen. Carl und sie liebten sich, und deshalb würden sie diese neue Herausforderung gemeinsam meistern, so wie sie bisher alles gemeistert hatten. Sie würden nach Ipswich reiten und Windeln kaufen, und wenn das Baby erst einmal aufhören würde,

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