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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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alles und jeden nasszupieseln, dann würde es schon werden.
    Optimismus war das Gebot der Stunde.

17
    FEBRUAR 1860
    I m Regenwald ein Baby aufzuziehen war nicht einfach nur schwierig. Es war absolut nervtötend.
    Frustriert schaute Emma auf das kleine Bündel, das zappelnd und brüllend vor ihr auf dem Boden lag und sich beharrlich weigerte, sich in die Rinde einwickeln zu lassen, die ihm als Windel dienen sollte.
    Emma biss die Zähne zusammen und versuchte es noch einmal. Ganz ruhig, sagte sie sich, ein Schritt nach dem anderen: Baby mit einer Hand auf der Rinde festhalten, das Ende der Rinde in die andere Hand nehmen, um das Baby legen, feststecken … Belle strampelte, und die mühsame Verpackung fiel wieder auseinander.
    Verflixt noch mal! Emma schimpfte leise vor sich hin. Bei Purlimil hatte es doch so einfach ausgesehen. Was zum Teufel machte die Freundin mit Gelar anders?
    Ich sollte nicht so viel fluchen, ging es ihr durch den Kopf. In letzter Zeit fluchte sie ständig. Das war eine ungute Entwicklung. Sollte eine junge Mutter nicht ruhig und heiter sein, erfüllt von sanften, liebevollen Glücksgefühlen?
    Nun, wenn das so war, dann war sie, Emma, eine Ausnahmeerscheinung. Selten hatte sie sich so nervös und unzufrieden gefühlt wie in den Wochen, seit Belle bei ihnen lebte. Und das lag nicht nur am Schlafmangel. Sondern vor allem daran, dass sie das Gefühl hatte, auf ganzer Linie zu versagen.
    Purlimil riet ihr dies, Gunur jenes und Carl etwas völlig anderes. Sie selbst bemühte sich, es allen recht zu machen, inklusive des undankbaren Babys, das vor ihr lag und wie am Spieß brüllte. Doch es war vergebene Liebesmüh, sie kam einfach auf keinen grünen Zweig, zum Teufel!
    Und schon wieder hatte sie in Gedanken geflucht.
    Missmutig beschloss sie, das Rindenexperiment für heute aufzugeben. Dann würde sie ihr Baby eben doch wieder in die Windeln wickeln, die Carl ihr aus Ipswich mitgebracht hatte. Na und? Es waren gute Stoffwindeln, sie waren teuer gewesen, und auch schwarze Babys sollten sich darin wohlfühlen können. Rindenstreifen, pah! Emma würde ihr Baby ja wohl noch auf zivilisierte Art und Weise wickeln dürfen.
    Ich würde aber wirklich gerne die Technik mit der Rinde beherrschen. Windeln zu waschen ist so unendlich mühsam.
    Sie seufzte. Ja, es war mühsam. Mühsam, den schweren Feldkessel zum Bach zu schleppen und dann auf kleinen Feuern so viel Wasser zu erhitzen, dass es für die vielen schmutzigen Stoffstreifen reichte. Mühsam, sich die Hände an den Windeln wund zu schrubben, anstatt einfach die alte Rinde ins Gebüsch zu werfen und sich eine neue zu suchen. Mühsam, das Ganze jeden Tag zu wiederholen, während ihre Forschungsarbeit brachlag. Was Carl natürlich merkte. Und was ihm ganz und gar nicht gefiel.
    In düstere Gedanken versunken legte Emma die Rinde beiseite und griff nach einer Stoffwindel.
    Sie musste zugeben, dass Gelar unter der Obhut Purlimils mindestens genauso gut gedieh wie Belle unter ihrer eigenen. Immer öfter fragte Emma sich, woran sie sich eigentlich orientieren sollte – an den Sitten ihrer alten Welt oder an denen der Eingeborenen, die sich ja ebenfalls zu bewähren schienen. Emma schüttelte verzagt den Kopf. Im Moment fühlte sie sich, als säße sie zwischen allen Stühlen, und das verunsicherte sie zutiefst. Carl war ihr in dieser Hinsicht keine große Hilfe, er war genauso gespalten wie sie selbst. Immerhin musste sie ihm zugestehen, dass er sich bemühte: Er hatte in Ipswich ein kleines, schlaues Buch für sie erstanden. Es hieß »Die ersten Mutterpflichten und die erste Kindespflege. Belehrungsbuch für junge Frauen und Mütter«, und geschrieben war es von Dr. Friedrich August von Ammon.
    Emma seufzte erneut, als sie an das vermaledeite Büchlein dachte. Carl hatte es in einem Laden entdeckt, der von einem deutschen Ehepaar mit fünf reizenden Kindern geführt wurde. Das Ehepaar hatte Carl versichert, jeder einzelne der vielen Ratschläge des Dr. von Ammon, Leibarzt des Königs von Sachsen, sei Gold wert. Sie selbst besäßen ebenfalls ein Exemplar dieses Werkes, und es habe ihnen bei all ihren Kindern gute Dienste geleistet. Nach einem zweiten Blick auf die wohlerzogenen Buben und Mädchen, die im Laden aushalfen, den Boden blank fegten und Waren abwogen, hatte Carl nicht nur die Windeln, sondern kurzentschlossen auch das Buch gekauft. Und nun lag es hier im Zelt, ein kleiner, dunkelgrüner Band mit Goldschnitt, der so harmlos aussah … und der

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