Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
Vom Netzwerk:
sagen.

18
    D ayindi war zufrieden, ein Gefühl, das er nicht oft verspürte.
    Die dunklen Geister waren erschienen, und sie hatten ihm den Weg gezeigt.
    Vergnügt dachte Dayindi, dass es schon seltsam war mit den D’anba: Man stellte sie sich grausig und grotesk vor, und dann kamen sie in Gestalt zweier ganz normaler Männer daher. Obwohl, ganz normal stimmte auch wieder nicht: Sie waren weiß gewesen.
    Dayindi lachte in sich hinein. Die D’anba hatten ihre Rache an den Fremden, die in ihr Land eingedrungen waren, gut gewählt. Weiße Menschen willenlos zu machen, indem man ihre Seelen besetzte, war immer gut. Keine Strafe war erniedrigender, keine Unterwerfung absoluter, als besessen zu sein.
    Dayindi hatte ihr Angebot natürlich angenommen. Wie hätte er auch ablehnen können? Es war die Lösung, um die er die D’anba so lange angefleht hatte. Er selbst würde gar nicht viel zu tun haben. Er musste lediglich warten, beobachten und den richtigen Augenblick abpassen.
    Danach kam der Teil, auf den er sich am meisten freute: Emma, die Gesetzesbrecherin, würde an ihren Schuldgefühlen zugrunde gehen.
    Und Dayindi würde ihr in aller Ruhe dabei zusehen.

19
    MÄRZ 1860
    V ielleicht brüllt sie, weil sie keine Matratze aus Seegras hat, wie Dr. von Ammon es empfiehlt«, sagte Carl. Ratlos kratzte er sich am Kinn. Belle war nun zwölf Wochen alt, und nie hatte sie mehr geschrien als in diesen Tagen.
    Es war noch früh. Orangefarbene Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg durch den graugrünen Dunst, doch weder Carl noch Emma hatten Augen für die Schönheit der Natur. Carl blätterte in seinem schlauen Büchlein herum, während Emma erschöpft und genervt auf den Decken im offenen Zelt hockte, neben sich die schreiende Belle.
    »So ein Unfug, Seegrasmatratzen«, beschied sie ihrem Mann unwirsch. »Die Decken sind weich und warm genug, jedenfalls sind sie weicher und wärmer als die Holztrage, in der Gelar schläft. Und schreit der sich etwa die Lunge aus dem Leib? Nein.«
    »Aber irgendeinen Grund muss das unaufhörliche Gebrüll doch haben!« Carl hatte dunkle Schatten unter den Augen.
    »Hungrig ist sie jedenfalls nicht, sie hat ja gerade erst getrunken. Sie hat Schmerzen, glaube ich.« Emma streichelte bekümmert den Bauch des Babys, das seine Beinchen ruckartig anzog und wieder von sich wegstieß. »Es sieht aus, als leide sie unter Krämpfen, findest du nicht? Sag doch was, schließlich bist du der Arzt!«
    »Sie ist gesund, da bin ich mir ziemlich sicher.« Carl betrachtete Belle und schüttelte langsam den Kopf. »Sie mag Bauchweh haben, aber sie hustet nicht … hat kein Fieber … leidet nicht an Verstopfung … Blähungen hat sie, gut, aber das allein ist noch kein Krankheitszeichen.«
    »Aber was hat sie denn dann, um Gottes willen?«
    Emma hörte selbst, wie verzweifelt sie klang. Sie war übernächtigt, ihre Nerven zum Zerreißen gespannt. Jesusmaria, das Kind musste doch etwas haben! Denn wenn es etwas hatte, konnte man etwas dagegen unternehmen.
    Eine Lösung finden.
    Und dann würde dieses furchtbare Geschrei aufhören.
    Carl begann vor dem Zelt hin und her zu wandern. »Wenn du mich fragst: Sie hat Blähungen und schreit deshalb. Dagegen können wir nichts tun. Es ist aber wenigstens nicht gefährlich.«
    »Für sie ist es nicht gefährlich. Uns macht es verrückt!«, entfuhr es Emma. Erschöpft fügte sie hinzu: »Vielleicht sollte ich es doch einmal mit dieser Pflanzenmedizin versuchen, die Purlimil mir ständig andrehen will.«
    »Vielleicht.« Carl wiegte den Kopf. »Aber wir wissen nichts Genaues über die Wirkungsweise dieser Medizin. Ich finde das ein bisschen fahrlässig. Aber warte mal, vorhin habe ich etwas gelesen … Moment, ich hab’s gleich …« Er blätterte in dem Büchlein, bis er gefunden hatte, wonach er gesucht hatte. »Ah, hier steht es, hör zu: ›Findet man die Ursache des Schreiens nicht auf, oder kann man ihm nicht abhelfen, und das Kind beharrt im Schreien, so darf man es keineswegs zu lange liebkosen, sondern muß es schreien lassen.‹ «
    Sein Blick fiel auf Emmas Hand, die immer noch Belles Bäuchlein streichelte.
    Dann fuhr er fort: »›Ein Kind schreit sich wohl kaum krank. Das Schreien ist eine Art Bewegung. Durch diese Thätigkeit der Lunge und der Bauchmuskeln geschieht eine beschleunigtere Circulation des Blutes und eine vermehrte Thätigkeit in vielen Theilen des Körpers.‹«
    Carl ließ das Buch sinken. »Da haben wir’s. Es ist nicht gefährlich, das

Weitere Kostenlose Bücher