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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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zwar nicht beobachtet werden, würde aber nichtsdestoweniger stark auf den Körper des Kranken wirken.
    Emma und Carl hatten höflich genickt und danach eine äußerst skeptische Bemerkung in ihren Forschungsbericht geschrieben.
    Und nun hatte Birwain offensichtlich den gleichen Zauber bei Belle vollführt.
    Emma suchte nach einer unverbindlichen Antwort. Auf keinen Fall sollte Nowalingu ihr anmerken, dass sie an derlei Heilung nicht glaubte, mehr noch: dass sie das Ganze für kompletten Humbug hielt.
    »Das ist nett von Birwain«, sagte sie schließlich lahm.
    Emma war sich ziemlich sicher, dass Belles Verwandlung in ein zufriedenes, ruhiges Baby nicht von Dauer sein würde. Aber wenn sie auch nur ein paar Tage hielt, dachte Emma sehnsüchtig, wäre das schon wunderbar und erholsam genug.
    »Wo ist Belle denn jetzt?«, fragte sie Nowalingu. »Und hast du zufällig Carl gesehen?«
    Die junge Frau nickte. »Belle ist bei Birwain. Und Carl habe ich heute Morgen gesehen. Als die Sonne noch orangefarben war, ist er weggegangen.«
    Das wusste Emma selbst. »Aber seitdem?«
    »Nein, heute Morgen war das letzte Mal.«
    Emma bedankte sich bei Nowalingu und machte sich auf den Weg zu Birwains Hütte. Je näher sie seiner Behausung kam, desto sicherer erwartete sie, Belles Weinen zu hören; doch alles blieb ruhig.
    »Lässt du mich rein?« Mit sanftem Nachdruck schob Emma den Dingo beiseite, der vor der Hütte gedöst hatte, nun aber bereitwillig aufstand und sich ein paar Schritte entfernt auf den Boden plumpsen ließ. Emma bückte sich und schlüpfte in die Hütte.
    Sie sah Belle sofort. Wach und zufrieden lag die Kleine auf dem staubigen Boden, keine Decke schützte sie vor Erde und Staub. Doch das schien sie nicht zu stören. Als sie Emma entdeckte, fuchtelte sie noch ein wenig heftiger mit ihren dicken Ärmchen, gluckste und verzog den Mund zu etwas, das fast so aussah wie ein begeistertes, zahnloses Lächeln.
    Emma schluckte, ihr Hals wurde eng. Belle hatte noch nie gelächelt, außer manchmal im Schlaf. Wie süß sie dabei aussah! Wie glücklich. Gott, sie liebte dieses Baby so sehr … trotz allem.
    »Geht es dir besser?«, krächzte Birwain zur Begrüßung, und Emma nickte verlegen.
    »Nowalingu hat mir erzählt, du hättest Belle geheilt. Stimmt das?«
    »Wir alle haben sie geheilt, Purlimil, Gunur und ich«, antwortete er bedächtig. »Heilung ist immer ein Zusammenspiel von vielem und vielen. Für Belle war es an der Zeit.«
    Emma unterdrückte ein Seufzen. Sie hatte sich bereits daran gewöhnt, dass Birwain sich blumig und gerne auch geheimnisvoll ausdrückte. Jetzt aber brauchte sie eine klare Aussage.
    »Wird es von Dauer sein, Birwain?«, fragte sie den Schamanen und blickte ihm direkt in die Augen. »Oder geht alles von vorn los, wenn sie wieder bei mir ist?«
    Birwain lächelte, sein Gesicht wurde zu einem Meer aus Falten und feinen Runzeln. »Du bist zu zögerlich, das ist alles. Du musst unseren Frauen vertrauen. Musst die Ratschläge aus deiner Welt vergessen, Emma. Du lebst nicht mehr unter deinesgleichen, sondern bei uns.«
    Stumm beugte Emma sich zu Belle hinab. Es stimmte, sie lebte nicht mehr unter ihresgleichen. Sie lebte hier – und war weder richtig weiß noch schwarz.
    Emma hob Belle vom Boden auf, strich ihr sanft den Staub von Kopf und Rücken und drückte das warme, glucksende Baby an sich. Sofort fühlte sie sich besser. Irgendwie hatten die Schwarzen es geschafft, aus einem verzweifelten Schreihals ein glückliches Baby zu machen. Ob es nun die Organheilung gewesen war, die Kräuterräucherung oder doch Purlimils Pflanzenmedizin, wichtig war allein, dass es Belle gut ging.
    Carl wird sich freuen, dachte Emma.
    Lächelnd verabschiedete sie sich von Birwain.
    Der Schamane schaute Emma nach. Er konnte das Gefühl der Sorge um sie nicht unterdrücken, das sich ihm so urplötzlich aufgedrängt hatte. Etwas war zu Ende gegangen, aber Birwain bekam nicht zu fassen, was es war. Sosehr er sich auch bemühte, er konnte die Zeichen nicht deuten.
    Mit gefurchter Stirn wandte er sich ab.
    Als Emma aus Birwains Hütte in den Abend trat, der bereits in eine samtschwarze Nacht überging, wurde ihr zum ersten Mal bewusst, dass der Sommer vorüber war. Jetzt, Ende März, hatte eine trockene Frische die große Hitze abgelöst, und Emma nahm sich vor, Belle nun an die Babykleidung zu gewöhnen, die Carl aus Ipswich mitgebracht hatte.
    Mit neuem Mut schritt sie durchs Lager, das stillvergnügte Baby in ihren

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