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Der Ruf des Kookaburra

Der Ruf des Kookaburra

Titel: Der Ruf des Kookaburra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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»Na ja, ich humpele wohl eher.«
    Wortlos ergriff Emma seine Hand.
    Langsam gingen sie durch die wogende Weite der Grasebene. John hatte bis jetzt geschwiegen und Emma auch nicht angesehen. Sie begann sich zu fragen, was in aller Welt wohl so schlimm sein konnte, dass der stets gelassene Engländer es nicht über sich brachte, es auszusprechen.
    Unvermittelt sagte John: »Es war Birrinbirrin.«
    Er blieb stehen und sah Emma ins Gesicht. Dabei war sein Blick so schuldbewusst, als sei mit diesen drei dürren Worten alles gesagt.
    »Und weiter?«
    Für Emma war überhaupt nichts klar.
    John seufzte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Prompt zuckte er vor Schmerz zusammen und ließ den Arm wieder sinken.
    »Birrinbirrin ist sehr … besitzergreifend«, sagte er zögerlich, »obwohl ihm keinerlei Ansprüche auf Nowalingu zustehen. Schließlich ist sie irgendeinem Alten aus einem anderen Clan versprochen.«
    »Nowalingu? Was hat die denn damit zu tun?«
    Und dann dämmerte es ihr.
    Birrinbirrin, John und Nowalingu.
    Meine Güte, was war sie nur für ein naiver Dummkopf! Ihre Lippen begannen zu zittern.
    »Du und Nowalingu. Ihr seid …«
    »Nein, nein, nein!« John hob abwehrend beide Hände. »Wir sind kein Paar, denk bitte so was nicht! Schon allein die Vorstellung ist völlig abwegig.«
    Emma blinzelte verwirrt. »Aber dann verstehe ich nicht …«
    »Wir sind kein Paar«, sagte John. »Wir haben nur … na ja …« Er brach ab und suchte nach den richtigen Worten.
    Emma verschränkte die Arme vor der Brust. John humpelte vor ihr hin und her, strich sich ein ums andere Mal durch das zerzauste Haar und räusperte sich schließlich.
    »Emma, du warst verheiratet«, versuchte er es schließlich neu. »Du weißt, dass Männer gewisse Bedürfnisse haben. Körperlicher Art, meine ich.« Erwartungsvoll sah er sie an.
    Körperliche Bedürfnisse? Die haben Frauen auch, lag es Emma auf der Zunge. Doch sie sagte bloß steif: »Das ist mir bewusst.«
    »Gut. Dann weißt du auch, dass diese Bedürfnisse in regelmäßigen Abständen gestillt werden müssen. So sind Männer nun einmal beschaffen, ob es ihnen gefällt oder nicht.«
    Emmas Augen wurden zu schmalen Schlitzen.
    John sah leicht verzweifelt aus, als er gestikulierend fortfuhr: »Und wenn diese Männer nicht verheiratet sind, dann müssen sie ihre Bedürfnisse eben auf andere Art und Weise stillen als … als im Hafen der Ehe.«
    Beinahe hätte Emma gelacht. Gleichzeitig aber spürte sie so giftig ihre Eifersucht, dass ihr das Lachen im Halse stecken blieb.
    John und Nowalingu waren also tatsächlich ein Paar.
    Nein, verbesserte sie sich gallig, kein Paar. Nur Bettgespielen. Wobei es das ebenfalls nicht traf: Mangels richtiger Betten hatten die zwei sich wohl in die Büsche geschlagen. Während sie, Emma, sich den Kopf darüber zermartert hatte, ob es für sie und John eine gemeinsame Zukunft geben könnte.
    Sie spürte, wie ihr schlecht wurde.
    Wunderbar. Jetzt würde sie sich gleich wieder übergeben wie zu Anfang ihrer Wanderung, vor ihrem Angriff auf Dayindi. Vielleicht war das ja ihre ganz persönliche weibliche Reaktion auf schlechte Nachrichten: den Magen zu entleeren, statt hysterische Anfälle zu bekommen. Ob John später mit Nowalingu über sie lachen würde?
    »Emma.« Seine leise Stimme drang in ihre Bitterkeit. »Das mit Nowalingu ist nichts, weswegen du dir Sorgen machen müsstest. Es hat nichts zu bedeuten, es erreicht mein Herz nicht. Es ist nur … der Trieb, verstehst du? Über solche Dinge dürfte ich mit dir eigentlich überhaupt nicht sprechen, aber …«
    »Ach, mit mir darfst du nicht darüber sprechen, aber mit ihr darfst du es tun?«, brach es aus Emma hervor. »Wenn du so zartfühlend Frauen gegenüber bist, John, warum misst du uns dann nicht alle mit dem gleichen Maß?«
    »Weil manche Frauen, zum Beispiel die Dirnen oder eben die Wilden, andere Moralvorstellungen haben als junge Damen wie du«, sagte John im Brustton der Überzeugung. »Sie legen es auf ihr Vergnügen an oder auf Geld. Über ihr Seelenheil und ihren Ruf machen sie sich keine Gedanken. Als Mann lädt man also keine Schuld auf sich, wenn man das Angebot eines solchen Weibes annimmt.«
    Emma starrte ihn an. Sie konnte kaum glauben, dass er sich die Sache wirklich so einfach machte. Fassungslos schüttelte sie den Kopf.
    Sie dachte an ihr eigenes Begehren in jener Nacht, als John mit ihr in einem Zelt geschlafen hatte. Plötzlich kam sie sich entsetzlich dumm vor. Hatte

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