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Der Ruf des Kulanjango

Der Ruf des Kulanjango

Titel: Der Ruf des Kulanjango Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Lewis
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übers Wasser warf. Hoch droben am Himmel segelte ein Fischadler mit ausgebreiteten Schwingen ins Blickfeld. Er zog seine Kreise und überprüfte den See unter ihm. Es war Iris’ Partner auf der Suche nach Fisch für sein Junges.
    Rob und Euan kabbelten sich noch.
    »Vielleicht hast du die falsche Angelrute?«, sagte Rob.
    »Das ist die beste Rute, die man kriegt, aus Carbonfaser«, gab Euan zurück.
    Der schwebende Fischadler schlug mit den Flügeln, bereit, sich in die Tiefe zu stürzen. Ich hatte das bereits gesehen, aber jedes Mal fesselte mich das Schauspiel aufs Neue.
    »Vielleicht verwendest du die falsche Fliege«, meinte Rob.
    »Ach, halt’s Maul, Rob«, fauchte Euan. »In diesem See gibt’s keine einzige Forelle. Da ist die Chance größer, einen Goldfisch zu angeln.« Er schnalzte wieder mit dem Ende der Angelrute und ließ die Fliege übers Wasser schnellen.
    Der Fischadler ging in den Sturzflug über. Flügel angelegt. Kopf nach unten. Krallen ausgestreckt.
    Ein Farbklecks schoss durch die Luft und tauchte in der Nähe von Euans Bristol Hopper in den See. Das Wasser spritzte in die Höhe. Ich hatte erwartet, dass der Fischadler geradewegs davonfliegen würde, aber er schlug ein paar Mal mit den Flügeln, setzte sich einfach aufs Wasser, schaukelte hin und her und starrte uns an.
    »Was zum Teufel ist das denn?«, stotterte Rob.
    »Ein Fischadler!«, rief Euan.
    Der Vogel schüttelte den Kopf, flatterte und erhob sich. Er mühte sich ab, schlug heftig mit den Flügeln und seine Krallen furchten tief durchs Wasser. Schließlich löste er sich nicht weit von unserem Boot von der Oberfläche des Sees, schüttelte sich die Nässe aus dem Gefieder und im Sprühschleier aus diamentenen Wassertropfen bildete sich ein Regenbogen. Der Fischadler hielt eine der größten Forellen in den Krallen, die ich je gesehen hatte. Der Fisch war so nah,dass ich erkennen konnte, wie sich die hellroten Kiemenklappen öffneten und schlossen.
    Rob fiel vor Lachen fast aus dem Boot. Aber Euan saß einfach nur da, mit offenem Mund. Das erste Mal in seinem Leben hatte es ihm gänzlich die Sprache verschlagen.
    Die Konkurrenz hatte Euan Douglas den Fisch weggeschnappt.

Kapitel 21
    »Fischadler!«, sagte Euan und ließ sich auf die Bootsbank plumpsen. Er beobachtete, wie das Adlermännchen die Forelle zurück in den Horst trug, wo das Junge sie schnappte. »Auf eurem Land nisten Fischadler! Warum hast du uns nichts davon erzählt?«
    Ich starrte auf die sich kräuselnden Wellen im Kielwasser. »Sie sind selten«, murmelte ich, »und stehen unter Naturschutz.«
    »Und da hast du gedacht, wir ziehen los und erzählen’s überall rum«, sagte Euan. Jetzt sah er gekränkt aus und wütend. »Du hast gedacht, du kannst uns nicht trauen?«
    Ich griff nach den Rudern und zog sie kräftig durch. »So war es nicht«, gab ich zurück.
    »Hat sie es gewusst?«, fragte Rob.
    Ich nickte. »Iona hat sie entdeckt. Sie hat sie gerettet … na ja, zumindest Iris.«
    »Iris?« Rob lachte.
    »Ja, Iris«, blaffte ich zurück. »Warum musst du immer alles verarschen?« Die Ruder klatschten ins Wasser und ich steuertedas Boot über den See. Kaum hatte es sich knirschend an den Kiesstrand geschoben, sprang ich raus und schlang das Tau um einen Baumstumpf. »Ich hab Iona versprochen, mich um Iris zu kümmern. Und das werde ich auch tun!«
    Ich stürmte den Pfad hinauf. Rob und Euan mussten rennen, um mich einzuholen.
    Rob fasste mich am Arm. »Es tut mir leid, okay?«
    Ich drehte mich wütend zu ihm. »Du hast gesagt, ich sei ein totaler Loser, erinnerst du dich?«
    »Ich war wütend auf dich. Du hattest überhaupt keine Lust mehr, mit uns was zu unternehmen.«
    »Es ging um die Fischadler«, setzte ich an. »Ich …« Meine Stimme versagte. Ich ließ mich auf einen feuchten, bemoosten Stein sinken.
    Euan lehnte sich an einen Baum. »Und wo ist sie jetzt? Wo ist Iris?«
    »Weggeflogen«, sagte ich, »nach Süden. Sie ist zu ihrem Winterquartier aufgebrochen.«
    »Das war’s dann wohl«, meinte Euan. »Du musst bis zum nächsten Frühjahr warten?«
    Ich saß da, zupfte kleine Büschel Moos vom Stein und rollte sie zwischen den Fingern.
    »Nein«, sagte ich.
    Weder Rob noch Euan sagten ein Wort.
    Ich schnippte das Moos auf die Erde. »Ich kann sie aufspüren. Sie trägt einen Funksender auf dem Rücken. Ich werde ihre Reise nach Afrika und zurück verfolgen.«
    »Du verarschst mich«, sagte Rob. Er hatte ganz große Augen.
    »Nein«, entgegnete ich. »Wir

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