Der Ruf des Kulanjango
nicht vorstellen, warum«, sagte Euan und grinste.
Hinter der Farm zogen wir los. Sogar Rob musste sein Fahrrad den Hügel hochschieben. Wir zerrten und zogen unsere Räder durch zerfurchte, ausgetrocknete Bachläufe und auf Schafspfaden bergan. Als wir den Gipfel erreicht hatten, warfen wir uns ins Heidekraut.
»Das Nest ist immer noch da«, bemerkte Euan.
Er schaute hinüber zum Adlerhorst auf der Insel. Seit die Vögel das Nest verlassen hatten, hatte es ein paar stürmische Nächte gegeben.
»Dad und Hamish sind hinaufgestiegen und haben das Nest fixiert«, sagte ich.
»Was glaubst du, warum sie in den Süden ziehen?«, fragteRob. »Ich meine, warum machen sie sich die Mühe? Warum bleiben sie nicht hier?«
»Wahrscheinlich sind die Winter zu kalt für sie«, meinte ich.
»Und warum bleiben sie dann nicht in Afrika«, wollte Rob wissen, »wo es heiß ist und sie immer satt Fisch haben?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Vielleicht sind ihre Nester hier sicherer. Ich meine, bei uns gibt’s keine Affen oder Schlangen und solches Zeugs, das die Eier frisst oder die jungen Vögel.«
»Es gibt Leute, die die Eier stehlen«, wandte Euan ein.
»Ein Haufen Irrer«, sagte ich. »So nennt sie Hamish.«
»Kommt schon!«, drängte Rob.
Wir folgten ihm auf dem Höhenweg über den Bergrücken. Das Fahren ging einwandfrei, durch ein paar Rinnen, die wir rein- und rausflitzen konnten. Der sommerblaue Himmel spiegelte sich drunten im See.
»He, hier hinunter«, rief Rob. Er bog ab in Richtung eines abschüssigen Pfads durch den Kiefernwald. »Slalomtraining!«
Wir folgten Robs Spur im Slalom um die Bäume herum. Die Äste hingen so niedrig, dass ich mich ducken musste, um nicht vom Rad geworfen zu werden. Wir schossen aus dem Dunkel hinaus auf ein Waldstück, das Dad gerodet und mit einheimischen Bäumen neu bepflanzt hatte. Wir jagten an der eingezäunten Schonung vorbei, hinunter in den Waldgürtelaus Eichen und wilden Kirschbäumen, der sich um den See zog.
Mit einer Vollbremsung kam Rob in einem Ring aus weißen Felsbrocken schlitternd zum Stehen. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass wir uns ganz nahe am Baumhaus befanden. Es war nur ein paar Meter entfernt.
»Was ist das für ein Platz?«, fragte Rob. »Hier waren wir noch nie.«
Euan war vom Rad gestiegen und lief um den Steinkreis. »Sieht so aus, als hätte sie jemand so aufgestellt«, meinte er.
»Gehen wir«, sagte ich.
»Wir sind doch eben erst angekommen«, sagte Rob. Er kraxelte auf einen der Felsen. Ein Sonnenstrahl fiel auf sein Gesicht. »Perfekt«, seufzte er.
Er legte sich auf den Stein und schloss die Augen. Hätte er jetzt nach oben geschaut, wäre sein Blick direkt aufs Baumhaus gefallen. Ich wollte ihnen nichts davon erzählen, jedenfalls noch nicht. Ich brachte es noch nicht übers Herz, wieder dort hochzuklettern. Ich schob mein Rad hinunter auf den Pfad am See und wartete.
»Was ist los, Callum?«, rief Euan.
»Ich bin am Verhungern«, entgegnete ich. »Fahren wir runter und schauen, ob Mum uns was zu essen gibt.«
Rob sprang vom Fels und gemächlich radelten wir alle drei den Pfad entlang. Herbstlaub, blutrotes Herbstlaub, trieb auf dem dunklen See, schwemmte an Land und verstopfte die Ufer.
»Wer ist denn das?«, fragte Euan, als wir eine Gestalt in blauem Hemd und Jeans am gegenüberliegenden Ufer stehen sahen.
»Das ist Hamish«, sagte ich. »Der Naturschutzwart vom Reservat, von dem ich euch erzählt habe.«
Ich zog an Rob vorbei und radelte voraus.
»Hi, Hamish«, begrüßte ich ihn.
Rob und Euan hielten neben uns an.
»Das sind Rob und Euan«, stellte ich meine Freunde vor.
Hamish nickte ihnen zu, aber ohne sein übliches heiteres Lächeln.
»Es sieht nicht gut aus, oder?«, sagte er.
»Was?« Ich wusste nicht, wovon er redete.
»Iris«, sagte er. »Hast du’s nicht bemerkt?«
»Ich hab ein, zwei Tage nicht nach ihr geguckt«, gab ich zu.
Hamish schüttelte den Kopf. »Sie hat ihre Position seit drei Tagen nicht verändert. Das Signal kommt aus einem Mangrovensumpf. Sie ist weder geflogen, um zu fischen, noch um einen neuen Schlafplatz zu finden. Das sieht nicht gut aus.«
Ich trat nach einem Steinchen. »Mist, ich hätte mich kümmern müssen.« Ich war wütent auf mich.
»Sieht nicht so aus, als ob du was tun könntest«, bemerkte Rob.
»Ich hab ein Versprechen gegeben«, entgegnete ich. »Ich hab Iona versprochen, mich um Iris zu kümmern.«
»Rob hat recht.« Hamish legte mir die Hand auf die Schulter. »Du
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