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Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Der Ruf des weißen Raben (German Edition)

Titel: Der Ruf des weißen Raben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanna Seven Deers
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wenn Myra nur einen Teil der Zeremonie verfolgt hatte, auch wenn es im Verborgenen geschehen war, hatte sie den alten Sitten zufolge doch aktiv daran teilgenommen. Das bedeutete, dass die Geistwesen sie durchaus als Mittler, als ausführenden Arm für ihre Hilfeleistung auserwählt haben könnten. Unvermittelt musste Chad an den Rauch denken, der am Ende der Zeremonie auf mysteriöse Weise den Gang hinaufgezogen war, in dem, wie er jetzt wusste, Myra gestanden hatte, bevor er schließlich durch die Öffnungen im Dach in den Nachthimmel verschwunden war. Dieser Gedanke jagte ihm einen heißen Schauer über den Rücken.
    »Ich denke, wir müssen auf jeden Fall versuchen herauszufinden, was es mit den Felssäulen auf sich hat.«
    Es war schon früher Nachmittag, als sie die letzten Campingsachen aus Chads kleiner Wohnung zum Auto trugen. Chad wollte nicht noch einmal den Aufstieg wagen, ohne für Notfälle gerüstet zu sein. Auch Essensvorräte vergaß er diesmal nicht.
    Es war noch wärmer geworden, und Myra war froh, dass sie mit dem Aufstieg gewartet hatten, bis die Nachmittagshitze vorüber war. Sie nahmen nicht viel Ausrüstung mit, denn beim Bergsteigen kam es auf jedes Gramm an, das man nicht mitschleppen musste. Auch wenn es nicht mehr so warm war.
    Chads Wohnung hatte sich als typische Junggesellenwohnung entpuppt. Myra hatte Berge von schmutzigem Geschirr in der Küche entdeckt und haufenweise gestapelte Bücher und Papiere im Wohnzimmer. Im Flur hatte sie über Schuhe und Jacken steigen müssen, und Chads Kleiderschrank schien das Sofa zu sein, das unter den Stapeln gewaschener, aber nicht zusammengelegter Wäsche kaum zu erkennen war. Auch hatte sie nicht eine Grünpflanze oder ein Fenster mit Gardinen entdecken können, und Myra hatte ihren Spaß gehabt, zu beobachten, wie Chad sich entschuldigend durch das unglaubliche Chaos wühlte und nach seinen Campingsachen suchte. Er versicherte ihr, dass es normalerweise nicht so unordentlich in seiner Wohnung aussah und dass Myra ihn einfach nur an einem ungünstigen Tag und ganz unvorbereitet angetroffen hatte. Myra hingegen war erleichtert, dass er offensichtlich keine Freundin hatte, für die es sich aufzuräumen lohnte.
    »Arbeitest du hier auch?«, fragte Myra und nahm einen Rucksack mit Lebensmitteln in die Hand.
    Chad schloss die Haustür ab. Er grinste verlegen.
    »Wie könnte ich hier etwas wiederfinden? Zum Arbeiten gehe ich in mein Büro.« Dort hatte er, wie er erzählte, eine nette Sekretärin, die ihn bemutterte und jegliche Unordnung im Keim erstickte.
    Myra lachte laut und packte den Rucksack in den Kofferraum. Als sie um das Auto herum zur Beifahrertür ging, fiel ihr Blick auf einen schwarzen Chrysler, der am Straßenrand geparkt war.
    »Ich weiß nicht, warum so viele Menschen sich ein schwarzes Auto zulegen«, kommentierte sie gedankenversunken.
    Chad folgte ihrem Blick, sagte aber nichts.
    Sie waren schon eine Zeitlang unterwegs, als Chad nach einem Blick in den Rückspiegel meinte: »Der schwarze Chrysler folgt uns jetzt schon eine ganze Weile.«
    Myra wollte sich umdrehen, aber Chad legte ihr warnend eine Hand auf den Arm.
    »Tu das nicht! Wir verhalten uns am besten so, als hätten wir den Wagen nicht bemerkt.«
    »Wer könnte das sein?«, wunderte Myra sich.
    Chad zuckte mit den Schultern.
    »Ist dir in der letzten Zeit schon einmal ein solches Auto aufgefallen?«, wollte er wissen.
    Myra überlegte eine Weile. Dann fiel es ihr ein.
    »Als wir als unsere älteren Ichs Heather besucht haben, parkte ein schwarzer Chrysler vor ihrem Haus.« Sie hielt erschrocken inne. »Meinst du, es ist Morris?«, fragte sie beunruhigt.
    »Das könnte sehr gut sein«, meinte Chad mit finsterer Miene, fuhr aber nicht schneller.
    »Warum sollte er uns folgen?« Myra sah ihn unsicher an. »Wir müssen den Wagen abhängen, Chad.«
    »Ich weiß nicht, warum man uns folgt. Auf jeden Fall klebt der Chrysler, seit wir meine Wohnung verlassen haben, wie eine Klette an uns dran. Ich will nichts riskieren. Sollte es tatsächlich Morris sein, darf er uns auf keinen Fall folgen, wenn wir den Berg hinaufsteigen. Ich kenne eine Stelle am Highway, die schon nahe am Thunder Mountain gelegen ist und die schlecht einsehbar ist. Dort lasse ich dich aussteigen und fahre sofort weiter. Du versteckst dich in den Büschen neben der Straße, bis Morris vorbeigefahren ist. Dann machst du dich querfeldein auf den Weg zur Baumgrenze. Von der Stelle aus wirst du für den Aufstieg etwas

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