Der Ruf des weißen Raben (German Edition)
dem Tod bewahrte. Zauberei, die von Myra ausging.
Stille umgab den Wagen, als er wenig später sanft und sicher auf dem Boden der Schlucht aufsetzte.
»Myra, du hast uns gerettet!«, rief Chad fassungslos. »Wir sind gerettet!«
Myra zitterte am ganzen Körper. Es fiel ihr schwer, zu begreifen, dass sie nicht tot waren.
»Bist du verletzt?«, fragte Chad.
Sie schüttelte ungläubig den Kopf.
»Du hast uns gerettet«, wiederholte er und zog sie dankbar in seine Arme. Dann wandte er sich an Heather und Meghali. »Seid ihr verletzt? Braucht ihr Hilfe?«
»Uns geht es gut«, erwiderte Meghali mit bebender Stimme. »Wir sind nur ein bisschen zittrig.« Dann drückte sie Myras Schulter. »Danke, Myra.«
Noch bevor Myra Zeit hatte, sich über ihre unerwartete Rettung zu wundern, meinte Chad: »Lasst uns von hier verschwinden, bevor Morris uns überrascht.«
»Ich glaube, den haben wir fürs Erste abgehängt«, sagte Meghali leichthin.
»Ich will kein Risiko eingehen«, erwiderte Chad. »Je schneller wir von hier weg sind, desto besser.« Mit einem kräftigen Ruck stieß er die verbeulte Fahrertür auf und stieg aus.
Myra folgte ihm. Draußen musste sie sich am Wagen festhalten, so sehr zitterten ihre Beine. Hatte tatsächlich sie es bewirkt, das Auto wie eine Feder zu Boden schweben zu lassen?
Heather und Meghali traten zu ihr, auch sie waren sehr blass und zittrig.
Plötzlich knallten Schüsse durch die Dämmerung.
»Er kann uns doch unmöglich sehen!«, rief Heather erstaunt aus.
»Ich glaube, er schießt auf gut Glück. Aber er wird nicht lange brauchen, um zu uns herunterzusteigen. Seht, er hat eine Lampe geholt!«
Sie konnten Morris nicht erkennen, sahen aber den Strahl einer starken Taschenlampe, der zu ihnen herunterleuchtete.
Chad fischte unter dem Rücksitz nach seinem Gewehr und im Handschuhfach nach seinem Revolver. Er steckte den Revolver im Rücken in den Hosenbund, das Gewehr jedoch legte er ohne Vorwarnung an und feuerte zwei Schüsse direkt unterhalb des Taschenlampenstrahls.
Im nächsten Augenblick fiel die Lampe zu Boden, und sie hörten einen dumpfen Schrei.
»Ist er tot?«, fragte Meghali atemlos.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Chad. »Es hat sich so angehört, als hätte der Schuss ihn zumindest gestreift. Es ist aber gut möglich, dass Morris versucht, uns reinzulegen.«
Myra hatte sich wieder gefangen. Sie holte einen Rucksack, Lebensmittel und ein paar Decken aus dem Kofferraum.
»Hier!«, rief sie und gab einige der Sachen an Chad und Meghali weiter. »Jetzt lasst uns so schnell wie möglich von hier verschwinden!«
Doch das war leichter gesagt als getan. Der Fuß der Schlucht war dicht mit Bäumen bewachsen, und dazwischen wucherten riesige Büsche.
»Was machen wir nur? Wir kommen nicht schnell genug voran!«, rief Myra verzweifelt.
Chad sah sich um. Er konnte kaum noch etwas erkennen, so dunkel war es in der Zwischenzeit geworden. Wie sollten sie Morris entkommen?
»Wir müssen uns ein Versteck suchen, bis es hell genug ist, um weiterzugehen«, warf Heather ein.
»Aber nicht hier«, entgegnete Chad. »Sollte Morris noch am Leben sein, wird er wissen, dass wir keine Lampen haben. Er hätte ihren Schein von oben gesehen. Sobald er hier unten angekommen ist, wird er als Erstes die nähere Umgebung absuchen. Lasst uns also noch tiefer in den Wald gehen. Die Bäume werden uns schützen.« Er drehte sich suchend um und forderte die anderen auf: »Es muss hier irgendwo einen Trampelpfad geben. Schaut euch um!«
Endlos viel Zeit schien zu verstreichen.
Endlich entdeckte Myra einen Trampelpfad.
»Hier! Schnell«, rief sie leise, und die anderen folgten ihr.
Sie konnten dem Pfad ungefähr eine halbe Stunde lang tief in den Wald hinein folgen, dann war es endgültig zu dunkel geworden. Sie verließen den Pfad und suchten Schutz hinter einem dichten Busch, direkt neben dem dicken Stamm einer großen Zeder.
Meghali verteilte die Decken, und Heather kramte ein paar Müsliriegel aus dem Rucksack hervor.
»Wir müssen bei Kräften bleiben«, sagte sie mit fester Stimme. »Esst.«
Keiner von ihnen war hungrig, aber sie wussten, dass Heather recht hatte. Sie mussten bei Kräften bleiben.
Erst jetzt bemerkte Myra, dass ihre Hände und Knie noch immer zitterten. Morris war wahnsinnig, wie besessen. Wie sollten sie ihm jemals entkommen?
»Wie lange wird es dauern, bis es hell wird?«, flüsterte sie und lehnte sich erschöpft an Chads Schulter.
Er legte einen Arm um sie und
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