Der Ruf des weißen Raben (German Edition)
wir uns ein Plätzchen suchen, das uns besser vor Morris schützt, von dem aus wir jedoch den Weg überblicken und auch Myra sehen können, sobald sie zurückkommt.«
Die Frauen stimmten ihm zu und schauten sich um.
»Vielleicht dort oben«, meinte Chad schließlich und deutete zu einigen großen Zedern und Felsbrocken, die nicht weit entfernt zu ihrer Linken auf einem Hügel standen. »Lasst uns hintereinandergehen, damit wir so wenig Spuren wie möglich hinterlassen.«
Chad half Heather und Meghali den Hügel hinauf, dann ging er zu der Stelle zurück, wo sie eben noch gesessen hatten, und beseitigte alle Spuren, die sie dort und auf dem Weg zu ihrem neuen Versteck hinterlassen hatten.
Danach ließ er sich neben den Frauen nieder, die es sich hinter den Felsbrocken bequem gemacht hatten.
»Was meinst du, wie lange wird sie unterwegs sein?«, fragte Meghali und rieb sich den schmerzenden Rücken.
»Ich weiß es nicht. Bisher haben ihre Reisen zwischen ein paar Stunden und fast drei Tagen gedauert. Wir müssen abwarten.«
»Hauptsache, Morris taucht nicht auf«, sagte Meghali mit sorgenvoller Miene.
»Es tut mir leid, dass wir euch in die Sache reingezogen haben.« Chad blickte die Frauen entschuldigend an. Heather und Meghali hatten sich bisher nicht beklagt, aber er konnte sehen, dass sie hungrig, müde und verängstigt waren.
»Vielleicht sollte ich zum Wagen zurückgehen und Lebensmittel und Decken holen«, überlegte er laut.
»Ich glaube nicht, dass es gut wäre, wenn wir uns trennen«, meinte Heather und warf Chad einen bittenden Blick zu.
»Vielleicht hat Chad recht«, warf Meghali ein. »Wir wissen nicht, wann Myra zurück sein wird, und früher oder später brauchen wir etwas zu essen. Myra wird auch hungrig sein, wenn sie zurückkommt.«
»Ich denke, ihr seid hier sicher, während ich weg bin.« Chad stand auf und zog seinen Revolver aus dem Hosenbund.
»Weiß einer von euch, wie man damit umgeht?«
»Ich kenne mich damit aus«, sagte Meghali mit fester Stimme.
Chad gab ihr den Revolver.
»Die Waffe ist geladen, aber es ist die einzige Munition, die wir haben, also geh sparsam damit um. Ich nehme das Gewehr mit … für alle Fälle.« Dann fügte er hinzu: »Was auch immer passiert, was auch immer ihr hört, verlasst auf keinen Fall euer Versteck, es sei denn, ich fordere euch dazu auf. Versprochen?«
Die Frauen nickten.
»Und wenn Myra inzwischen zurückkommt?«
»Achtet darauf, dass niemand in der Nähe ist, wenn ihr sie in unser Versteck führt.«
»Wie lange wirst du weg sein?«, wollte Meghali wissen.
Chad überlegte. »Es sollte nicht länger als drei Stunden dauern, bis ich zurück bin. Auf jeden Fall vor Einbruch der Dunkelheit.«
Mit diesen Worten verließ er Heather und Meghali. Er verwischte sorgsam seine Spuren, bis er wieder auf dem Weg war, dann ging er mit schnellen Schritten in die Richtung, aus der sie am Morgen gekommen waren.
Besorgt bemerkte Chad, dass ein Unwetter heraufzog, und er war froh, dass Heather und Meghali einen geschützten Platz gefunden hatten.
Dunkle Wolken türmten sich am Himmel, und schon bald fielen die ersten dicken Tropfen. Chad hatte die Stelle erreicht, an der Myra auf wundersame Weise den Weg durch das Dickicht gefunden hatte. Von nun an würde er sich auf sein Orientierungsvermögen verlassen müssen. Er blieb stehen und sah sich um. Der Abhang, über den sie am vergangenen Abend gestürzt waren, konnte nicht mehr weit sein.
Schließlich erspähte Chad einen Trampelpfad. Er war schmal und niedrig und ein bisschen eng, führte aber immerhin durch das dichte Buschwerk.
Der Regen wurde stärker. Er trommelte auf die Bäume und Büsche und verursachte einen gewaltigen Lärm.
Das dichte Buschwerk schützte Chad ein wenig vor dem Regen, und er war dankbar dafür. Trotzdem dauerte es nicht lange und er war vollkommen durchnässt.
Chad hatte nun den Abhang erreicht. Abwartend sah er sich um. Er musste sich unbedingt vergewissern, dass Morris nicht in der Nähe war, bevor er zum Wagen hinüberging. Morris war bewaffnet, und Chad wollte ein direktes Zusammentreffen unbedingt vermeiden.
Aus sicherer Entfernung, versteckt hinter einer großen Zeder, beobachtete Chad aufmerksam die Umgebung, erst dann entschied er sich, zum Wagen zu gehen. Der Regen hatte nachgelassen, aber der Wald schien wie leergefegt. Kein noch so kleines Streifenhörnchen war zu sehen, keine Vogelstimme zu hören. Nur das eintönige Trommeln des Regens auf Bäume,
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