Der Ruf des weißen Raben (German Edition)
der Natur, nicht auf die Rufe der Vögel, die ihm hätten sagen können, dass Chad in unmittelbarer Nähe war, sondern ließ sich auf den Knien nieder, um die Fußspuren neben dem Rucksack zu untersuchen.
Chad wartete auf den richtigen Augenblick. Er hatte einen schweren Ast vom Boden aufgehoben und stand verborgen hinter dem nächsten großen Baum, direkt neben den am Boden knienden Mann. Er wusste, er hatte nur diese eine Chance.
Der Schlag an den Kopf traf den anderen Mann mit voller Wucht. Leblos sackte er zu Boden. Eine Blutlache breitete sich unter seinem Kopf aus.
Chad horchte aufmerksam nach Anzeichen der beiden anderen Männer. Nichts. Er schulterte also den Rucksack und wollte sich gerade erneut auf den Weg machen, als er eine Art Sender an der Jacke des toten Mannes entdeckte. Ohne zu zögern, entfernte er ihn und schleuderte ihn in den Wald.
Einer warnenden inneren Stimme folgend, suchte Chad den Toten nach Waffen ab. Eine geladene Pistole und zwei volle Magazine steckten unter dessen Jacke. Er nahm sie an sich. Dann machte er sich auf den Weg und änderte erneut seine Richtung.
Schon bald bemerkte er einen weiteren Verfolger. Gut. Es musste ihm irgendwie gelingen, auch diesen Mann auszuschalten!
Chad würde denselben Trick versuchen. Wieder nahm er den Rucksack ab, ließ ihn auf der Erde liegen und verschwand im Unterholz. Dann griff er nach einem schweren, stabilen Ast und wartete hinter einem dichten Busch.
Der zweite Mann tauchte kurz darauf auf und besah sich verwundert den Rucksack.
Chad war erstaunt über die Ähnlichkeit der Männer. Sie waren von gleicher Statur, trugen die gleiche Kleidung, hatten den gleichen Haarschnitt. Der einzige Unterschied war, dass der erste Mann dunkelhaarig gewesen war und dieser blond.
Auch der Blonde verriet durch seine Körpersprache, dass er sich nicht mit den Gesetzen der Wildnis auskannte. Er trat immer wieder auf trockene Äste, was ein lautes Knacken verursachte, und er versuchte, seine Unsicherheit dadurch zu verbergen, dass er leise mit sich selbst redete. Aber er war umsichtiger als der andere Mann, denn er hatte, sobald er den Rucksack entdeckt hatte, seine Pistole gezogen.
Irgendetwas ließ den Mann plötzlich aufhorchen. Er richtete sich auf und blickte sich wachsam um.
In diesem Augenblick verwarf Chad seinen Plan. Er ließ den Ast fallen, zog die Pistole, die er dem ersten Verfolger abgenommen hatte, und schoss dem Mann instinktiv in schneller Folge in Nacken und Kopf.
Der Mann brach lautlos zusammen.
Chad beugte sich über ihn, entfernte dessen Sender und nahm auch dessen Pistole an sich.
Erschöpft und angespannt schulterte Chad den Rucksack. Dann blickte er sich lauschend um. Er hatte zwar zwei der Verfolger ausschalten können, aber die Schüsse würden Morris auf seine Fährte locken. Er durfte keine Zeit verlieren.
Chad machte wieder einen Umweg. Er wartete auf einen Schatten, der hinter den Bäumen verschwand, auf ein leises Knacken oder auf den Schrei eines Vogels, auf irgendein Anzeichen dafür, dass Morris in der Nähe war.
Nichts.
Eine Viertelstunde später fragte Chad sich, was er als Nächstes tun sollte. Die Dämmerung legte sich unaufhaltsam über die Wildnis und die umliegenden Berge. Er musste unbedingt zurück zum Versteck, bevor es dunkel wurde. Sonst würden die Frauen während der Nacht auf sich allein gestellt sein.
Minuten vergingen, ohne dass sich etwas rührte. Chad wusste, dass Morris nicht so leicht aufgeben würde, und er vermutete, dass er sich noch immer in der Nähe aufhielt. Aber er war sich sicher, dass Morris ihn in diesem Moment nicht beobachtete. Also kehrte er auf einem Umweg zu der Stelle zurück, wo sich am Morgen der Pfad für Myra aufgetan hatte. Er fand den schmalen Weg und atmete auf. Von jetzt an würde er schnell vorankommen. Wenn alles glattging, würde er schon bald bei den Frauen sein.
Eine knappe Stunde später erreichte Chad die kleine Anhöhe, auf der sich ihr Lagerplatz befand. Dämmerung umhüllte Wald und Berge, aber Chad konnte die Umrisse von Heather und Meghali trotzdem deutlich erkennen.
Leise rief er ihre Namen, um sie nicht zu ängstigen.
»Chad! Wir sind so froh, dass du zurück bist!«, antwortete Meghali ebenso leise. »Ist alles in Ordnung?«
Chad schüttelte den Kopf und erzählte den beiden Frauen, was geschehen war.
»Ich konnte Morris einfach nicht in die Finger bekommen«, schloss er. »Der Kerl ist zu gerissen. Aber ich habe das ungute Gefühl, dass er uns
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