Der Ruul-Konflikt 2: Nahende Finsternis
Sensorendaten der Arrow-Jäger, die der Flotte als Augen und Ohren dienten, erschienen auf beiden Bildschirmen an Hoffers Kommandostation. Und was er da sah, schnürte ihm die Kehle zu. Er hasste es, wenn er recht hatte.
»Die Arrows zurückrufen«, bellte er. »Sofort! Und verbinden Sie mich mit Schwarmführer Nelha Ashal.«
»Sir?«
»Keine Fragen jetzt, Andrews. Tun Sie es einfach.«
»Aye-aye, Sir. Die Jäger zurückrufen. Com, eine Verbindung zur Nesneska etablieren.«
»Verbindung steht. Sprechen Sie.«
»Schwarmführer?«
»Ja, Admiral«, erwiderte der Til-Nara. »Wir haben sie schon geortet.« Hoffer stutzte. Dass die Til-Nara der menschlichen Technik in mancherlei Hinsicht einiges voraushatte, war ihm klar gewesen. Aber um auf diese Entfernung eine angreifende Armada orten zu können, musste die insektoide Sensorentechnik der terranischen um Lichtjahre voraus sein. Buchstäblich.
»Dann kennen Sie unser Problem ja schon.«
»Allerdings. Ich schlage sofortigen Rückzug zur Gravitationsnullgrenze vor und sobald wie möglich Sprung zu den Notfallkoordinaten.«
»Das geht nicht, Schwarmführer. Die Evakuierung ist längst nicht abgeschlossen. Die Transporter sind noch nicht mal gestartet.«
»Das ist bedauerlich, aber nicht zu ändern. Eine Schlacht gegen eine solche Flotte können wir nicht überleben. Schon gar nicht, wenn wir im Orbit eines Planeten festsitzen. Wie sagt ihr Menschen doch? Sie haben uns mit heruntergelassenen Hosen erwischt.«
»Ich lasse diese Asalti nicht auf einem verlorenen Planeten zurück. Ganz zu schweigen davon, dass wir noch Hunderte Marines auf der Oberfläche haben.«
»Unter den gegebenen Umständen sind das akzeptable Verluste«, meinte der Til-Nara mit geschäftsmäßiger, distanzierter Stimme. Hoffer glaubte, nicht richtig gehört zu haben. Dann schloss er die Augen. Natürlich dachte der Til-Nara in diesen Bahnen. Sein Volk hatte sich schließlich aus Insekten entwickelt. Die Bedürfnisse einzelner wurden den Bedürfnissen des großen Ganzen untergeordnet. Von der Regel, niemanden zurückzulassen, hatte der Schwarmführer vermutlich noch nie etwas gehört. Es auf diese Art zu versuchen, hatte gar keinen Sinn. Also musste Hoffer den Hebel an einem Punkt ansetzen, den der Til-Nara ganz sicher verstand. Autorität.
»Schwarmführer Nelha Ashal. Ich bin der Flottenkommandant, der auch von Ihrer Regierung und dem Triumvirat akzeptiert wurde. Ich gebe die Befehle und ich sage, wir halten die Stellung, bis die Evakuierung abgeschlossen ist. Und Sie werden gehorchen.«
Der Til-Nara sah ihn schweigend an. Das Gesicht des Insektoiden auf einem Bildschirm zu sehen, ließ noch weniger Schlussfolgerungen auf seine Gedanken zu, als wenn er Hoffer gegenüberstand. Der Admiral fragte sich, ob der Til-Nara sehen konnte, dass er schwitzte, oder ob er dies überhaupt als Zeichen der Nervosität interpretieren konnte.
Schließlich nach einer scheinbaren Ewigkeit nickte der Til-Nara. »Sie geben die Befehle. Wir gehorchen. Wir halten die Stellung. Kontaktieren Sie uns, sobald Sie sich für eine Strategie entschieden haben. Die Nesneska erwartet ihre Anweisungen.« Der Bildschirm wurde dunkel.
»Admiral?«
»Ja, Commander?«
»Erinnern Sie mich daran, dass ich niemals mit Ihnen Poker spiele.«
Hoffer grinste und der XO erwiderte es ehrlich. Auf seinem elektronischen Datenterminal piepste es. Er tippte darauf herum.
»Weitere Sensordaten, Sir. Das sollten Sie sich ansehen.«
Hoffer beugte sich vor, als sein XO die Daten überspielte, und mit jeder neuen Information sank seine Zuversicht. Mit jeder weiteren Hiobsbotschaft setzte sein Herzschlag für einen Moment aus.
Wo vorher Hunderte von Schiffen an der Nullgrenze materialisiert hatten, erschienen plötzlich noch Hunderte mehr. Dann waren es schon über tausend. Nur Minuten später hatte sich die Zahl schon verdoppelt. Dann verdreifacht. Und es erschienen immer mehr. Die schiere Anzahl feindlicher Schiffe drohte Hoffer den Atem zu rauben. Und ein Ende war nicht in Sicht.
Jonathan Clarke hatte es sich im Zellentrakt der Prince of Wales bequem gemacht. Gegenüber der Zelle des einzigen Insassen. Seine Gesellschaft bestand in einem Marine, der Wache schob, und dem Gefangenen, der allerhand verrücktes Zeug vor sich hin brabbelte.
Er hatte Hoffers Angebot auf Leute, die ihm halfen, nicht angenommen. Denn er wusste nicht, wem er trauen konnte. Also erledigte er die Aufgabe lieber selbst. Jeder konnte mit Dobson im Bunde sein.
Weitere Kostenlose Bücher