Der Ruul-Konflikt 2: Nahende Finsternis
Die Luke schloss sich hinter Kerrelak und der Transporter gewann rasch an Höhe. Die Luft in dem Gefährt roch muffig und abgestanden. Von den verschiedenen Ausdünstungen von fast hundert Ruul ganz zu schweigen. Kerrelak rümpfte angewidert die Nase. Einige der anwesenden Krieger bemerkten es und gingen nervös auf Abstand. Einem so hochrangigen Mitglied der ruulanischen Militärmaschinerie waren sie vermutlich noch nie begegnet.
»Herr«, wagte der große Ruul zu sagen. »Darf ich etwas fragen?«
»Meinetwegen.«
»Was ist geschehen?«
Kerrelak erwog für einen Moment, seinem Gegenüber die Wahrheit zu sagen, verwarf diesen Gedanken aber sofort. Er hatte eine Niederlage erlitten. Es schadete seinem Ruf, wenn die Wahrheit bekannt wurde, und das konnte er nicht gestatten. Also entschied er sich für eine Prise Wahrheit, die mit einer gehörigen Portion Lüge und Übertreibung gewürzt war.
»Es war ein Hinterhalt«, erklärte er großspurig. »Ich weiß nicht, wie viele es waren, aber mit Sicherheit mehrere Dutzend nestral`avac. Und dazu auch noch einige Asalti, die ihnen halfen. Wir hatten keine Chance. Sie hatten uns umzingelt, ehe wir wussten, wie uns geschah. Ich konnte mich zum Glück freikämpfen.« Er schlug die Augen nieder und hoffte, genau den richtigen Ausdruck von Trauer und Bedauern zu vermitteln. »Die Übrigen haben es nicht geschafft.«
»Eine Tragödie.«
»So ist es.«
»Es gibt allerdings auch gute Neuigkeiten.«
Kerrelak schnaubte belustigt. »Das wäre zur Abwechslung wirklich etwas Neues.«
»Die nestral`avac wurden gefunden.«
Kerrelak war sofort hellwach und starrte den anderen Ruul mit großen Augen an. Er musste kampflustiger ausgesehen haben, als er gedacht hatte, denn sein Gegenüber versuchte, in der engen Kabine etwas Distanz zwischen sich und Kerrelak zu bringen.
»Wo?«, brachte Kerrelak schließlich heraus.
»In Singri. Unsere Krieger haben sie aus einem Gebäude vertrieben und verfolgen sie gerade. Die Asalti helfen ihnen.«
Kerrelak legte die Stirn in Falten. Also hatten die Menschen tatsächlich die Asalti gefunden. Die wenigen, die noch in Freiheit waren. Das war zwar nicht gerade hilfreich, aber auch kein vollständiges Desaster. Mit etwas Glück konnte er nun beide Probleme auf einmal lösen. Mit neuem Elan sah er auf. Mühsam rang er sich sogar ein Lächeln ab.
»Wie ist dein Name?«
»Nestarr`garas-ko.«
»Nestarr. Das sind wirklich gute Neuigkeiten. Gib dem Piloten Bescheid. Meine Pläne haben sich geändert.«
»Was soll ich ihm sagen?«
»Kurs auf Singri. Es wird Zeit, das nestral`avac-Problem zu beseitigen.«
Kapitel 11
»Willkommen beim Asalti-Widerstand.«
Der sichere Unterschlupf, den Mansu ihnen versprochen hatte, entpuppte sich als düsteres und muffiges Kellerloch unter einem besonders schlimm zugerichteten Teil der Hauptstadt.
Über ihnen stand kaum noch ein Stein auf dem anderen. Klägliche Mauerreste waren die einzigen Überbleibsel aus der Zeit vor der Invasion. Alles andere lag in Trümmern. Ironischerweise hatte genau das den Fortbestand der Asalti gesichert, wie der Anführer des Widerstands ihnen erklärte. Einige Keller hatten das Bombardement und den anschließenden Bodenangriff überstanden und mehrere Dutzend Familien hatten es geschafft, dorthin zu flüchten.
Die Ruul glaubten, das ganze Gebiet gesäubert zu haben, und kümmerten sich nicht weiter darum. Und die Asalti hatten einen Ort, an dem sie sich vor den Patrouillen der Slugs verstecken konnten.
Scott sah sich um. Er war der Meinung, seine Gefühle gut genug unter Kontrolle zu haben, doch Mansus nächste Worte zeigten, dass dieser den Soldaten durchschaut und seine Gedanken erraten hatte.
»Schwer zu glauben, dass wir es hier herunter geschafft haben. Vor allem wenn man bedenkt, was die Ruul mit dem restlichen System machen.«
Schuldgefühle überkamen ihn, als er daran dachte, dass niemand im bekannten Weltraum eine Ahnung von den Vorgängen im Asalti-System hatte. Dass die Ruul dabei waren, ein Volk zu vernichten. Ein Genozid unbeschreiblichen Ausmaßes.
»Allerdings.« Er nickte schwach. In dem Keller befanden sich an die zweihundert Asalti. Zusammengepfercht wie die Ölsardinen. Überwiegend Frauen und Kinder. Viele der Kinder waren sogar noch im Säuglingsalter.
»Und hier versteckt ihr euch?«
»In diesem Versteck und in zehn oder zwölf anderen«, bestätigte der Asalti. »Hier verstecken wir uns, während sie unser Volk abschlachten.«
Scott
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