Der Ruul-Konflikt 2: Nahende Finsternis
herumgestochert mit seinen Vermutungen und genau ins Schwarze getroffen. Die Entgleisung dauerte nur eine Sekunde und Dobson hatte sich wieder unter Kontrolle. Sein Gesicht wirkte so nichtssagend wie zuvor.
»Also die Ruul brauchen noch etwas Zeit«, stellte Hoffer zufrieden fest. »Sie sind noch nicht bereit, sich mit uns anzulegen.«
»Wenn das wirklich Ihre Meinung ist, dann sind Sie tatsächlich so beschränkt, wie Sie aussehen. Die Ruul sind …«
»Was?«, fiel ihm Hoffer ins Wort.
»… erleuchtete Wesen«, beendete Dobson den Satz. Der Tonfall des Gefangenen nahm einen genießerischen Ausdruck an. Als würde sein Geist auf höheren Sphären wandeln.
»Die Ruul durchstreifen die Galaxis auf der Suche nach fremdartigen Leben. Und wenn sie es finden, vernichten sie es oder machen es sich untertan. Nun haben sie die Menschheit gefunden. Und sie wollen …«
»Uns vernichten oder untertan machen«, beendete Clarke den Satz an Dobsons Stelle.
»Ganz genau«, schloss Dobson begeistert, dem Clarkes spöttischer Ausdruck in den Augen völlig entging. Die Pupillen des Gefangenen hingegen erinnerten Hoffer in ihrer Leere und dem Fünkchen Irrsinn an einen Drogensüchtigen. Wenn der Admiral es nicht besser gewusst hätte, so wäre seine erste Annahme gewesen, Dobson sei high.
»Wenn sie so allmächtig sind, warum haben sie es dann nicht schon längst getan?«, fragte Clarke. »Wir haben seit über fünfzig Jahren Kontakt mit den Ruul. Warum wurden wir nicht längst ausgelöscht?«
Der Gefangene entspannte sich wieder. Der gelöste Ausdruck in seinen Augen schwand. An dessen Stelle trat Wachsamkeit. Der Mann wurde vorsichtig. Hatte Angst, schon zu viel gesagt zu haben.
»Wer kennt schon die Wege der Götter. Sie hatten sicherlich ihre Gründe.«
»Die Ruul sind keine Götter.«
»Aber sie sind nahe dran. Sie sind viel mächtiger, als sie sich in ihren kühnsten Träumen vorstellen könnten, und wenn sie kommen, um die Milchstraße zu erobern, werden sie jene verschonen, die ihnen geholfen haben.«
»Darum geht es ihnen?«, folgerte Hoffer ungläubig. »Sie wollen nur ihr eigenes, erbärmliches Leben retten?«
»Die Kinder der Zukunft sind die neuen Herren der Menschheit. Wir werden die Menschen im Namen der Ruul regieren. Zumindest die wenigen, die den kommenden Sturm überleben.«
»Welchen Sturm?«
»Das fragen Sie noch?« Dobson beugte sich vor, bis seine Nase fast das Kraftfeld berührte. Nur noch einen Zentimeter und er würde sich die Nasenspitze ansengen. Dessen schien er sich aber nicht bewusst zu sein. In seinen Augen glühte der Fanatismus. »Sie sind gerade auf dem Weg ins Auge des Sturms.« Ein irres Kichern drang aus Dobsons Kehle.
»Auf dem Weg kommen wir nicht weiter, fürchte ich«, flüsterte Clarke dem Admiral leise zu. »Der Typ hat doch nicht mehr alle Latten am Zaun.«
Bei Clarkes unverblümter Ausdrucksweise musste Hoffer grinsen. »Das ist hoffentlich ihre fachmännische Meinung.« Der MAD-Offizier erwiderte das Grinsen.
»Darauf können Sie wetten.« Clarke wurde schlagartig wieder ernst. »Spaß beiseite. Was tun wir jetzt? Aus dem kriegen wir nicht mehr raus. Wir vergeuden hier nur unsere Zeit.«
»Was schlagen Sie vor?«, wollte Hoffer wissen, ohne den Gefangenen aus den Augen zu lassen. Dobson hatte sich wieder entspannt und wippte nun im Schneidersitz hin und her. Summte dabei eine Melodie vor sich hin.
»Wenn es nach mir ginge, würde ich den Kerl aus der nächsten Luftschleuse befördern«, sagte Clarke gefährlich leise. Als Hoffers Kopf zu ihm herumwirbelte und ihn scharf ansah, fügte er hinzu: »Das ist natürlich ausgeschlossen.«
»Ja. Auch wenn ich zugeben muss, dass die Idee so ihre Reize hat«, erwiderte Hoffer etwas milder. »Es muss doch eine Möglichkeit geben, an mehr Informationen zu kommen.«
Clarke betrachtete den Mann in der Zelle durch zusammengekniffene Augen und schüttelte langsam den Kopf. »Sehen Sie sich Dobson noch einmal ganz genau an. An dem ist doch eine Sache seltsam.«
»Eine?«, erwiderte Hoffer leicht amüsiert.
»Na gut, mehr als eine«, schmunzelte Clarke zurück. »Aber was mir wirklich Sorgen macht: Finden Sie, er sieht wie ein Mann aus, der denkt, dass er in den Tod gehen wird?«
»Ich finde, er sieht aus wie jemand, dem es egal ist.«
»Das ist es ja. Wenn ein Fanatiker so entspannt ist, sträuben sich mir sämtliche Nackenhaare.«
»Ich kann euch hören«, unterbrach Dobson das Gespräch spöttisch.
»Schnauze!«, brüllte
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