Der Ruul-Konflikt 4: Verschwörung auf Serena (German Edition)
doch schon alles.«
Rachel lauschte aufmerksam den Ausführungen ihrer Begleiterin und verlor mit jedem weiteren Wort weitere ihrer Illusionen. Es stand tatsächlich schlimm um Serena. Vielleicht hatten sie sich zu sehr um den Feind von außen gesorgt und dabei die Nöte, Ängste und Zukunft der eigenen Bevölkerung vernachlässigt. Ein fast nicht wiedergutzumachender Fehler.
»Hier wären wir«, sagte Daniela und blieb unvermittelt stehen.
»Hier? Wirklich?« Rachel kam nicht umhin, sich ihre Zweifel anmerken zu lassen. Daniela hatte sie zu einer Absteige geführt, für die die Worte billig oder heruntergekommen noch eine Aufwertung dargestellt hätten.
»Hier wohnst du?«, fragte sie noch einmal, in der Hoffnung, dass sich Daniela einen Scherz mit ihr erlaubte.
»Ja. Allerdings. Es sieht nicht nach besonders viel aus.«
»Ich bekomme schon vom Hinsehen Ausschlag am ganzen Körper.«
»Es hat seine Vorzüge.«
»Zum Beispiel?!«, wollte Rachel zweifelnd wissen.
»Ich habe mit dem Vermieter ein Arrangement. Statt Geld nimmt er … etwas anderes.«
Rachel bereute augenblicklich, überhaupt gefragt zu haben. Ihre Gefühle mussten sich auf ihrem Gesicht widergespiegelt haben, denn Daniela warf ihr ein leicht unechtes Lächeln zu.
»Schauen Sie doch nicht so bedrückt. Dadurch kann ich mir die Miete sparen und bin schneller weg von diesem Drecksplaneten. Hat eben alles seine Vor- und Nachteile.«
»Wenn du meinst?!«
Das Mädchen drehte sich um und wollte die Pension betreten, da rief Rachel sie noch einmal zurück.
»Sag mal, du kennst dich doch bestimmt hier aus, oder?«
»Sicher. Warum fragen Sie?«
»Ich suche jemanden. Sein Name ist Nerves.«
Daniela wich erschrocken einen Schritt zurück und ihr Gesicht mutierte zu einer Fratze des Abscheus. »Was wollen Sie denn von dem?«
»Du kennst ihn also.«
»Jeder hier kennt Nerves. Und Menschen mit Verstand wollen mit der Kanalratte nichts zu tun haben.«
»Leider habe ich keine Wahl. Er hat die Antworten auf ein paar sehr wichtige Fragen. Wo kann ich ihn finden?«
Das Mädchen schaute kurz auf ihre Armbanduhr. »Um diese Zeit ist er immer im Pink Parrot. Das ist eine seiner Tabledance-Bars. Gehen Sie einfach hier über die nächste Brücke und dann zwei Straßen weiter. Die Reklame ist kaum zu übersehen.«
»Danke. Du hast mir wirklich sehr geholfen.«
Daniela quittierte den Dank mit einem kurzen Nicken. Bevor sie die Gelegenheit erhielt, sich wieder umzudrehen, kramte Rachel in ihrer Jacke und förderte einige Geldscheine zutage, die sie dem Mädchen unter die Nase hielt. Diese bekam bei dem Anblick große Augen.
»Für mich?«
»Ja. Für deine Hilfe. Vielleicht kannst du dir damit heute Nacht irgendwo anders ein Zimmer nehmen, damit du in dieser Spelunke nicht … bezahlen musst.«
Das Mädchen griff erst zögernd nach dem Geldbündel, steckte es dann jedoch mit seligem Lächeln ein. Rachel kannte sich in dieser Branche nicht besonders gut aus, war sich jedoch sicher, dass sie ihr gerade den Gegenwert von mindestens einer Woche Arbeit überlassen hatte.
Rachel verabschiedete sich schnell und drehte sich ruckartig um, da sie Angst hatte, dass der Kleinen die Tränen auffallen würden, die ihr in die Augen schossen. Das Schicksal des Mädchens hatte sie tief berührt. Sie fragte sich, wie viele andere junge Frauen und halbe Kinder dieses Schicksal wohl teilen mochten. Sie hoffte, dass Daniela das Geld gut nutzen würde und es nicht gänzlich auf die hohe Kante legte, um sich ein Ticket anzusparen.
Als Rachel die nahe gelegene Brücke erreichte, konnte sie trotzdem nicht widerstehen und sah sich um. Daniela war im ersten Moment nicht auszumachen. Doch dann erkannte sie in der Menge den viel zu großen grauen TKA-Umhang, den diese trug. Sie war auf dem Weg zurück, den sie gekommen waren. Direkt ins Herz des örtlichen Straßenstrichs. Schweren Herzens wandte Rachel den Blick ab und sah nach vorn. Man konnte nicht alle retten. Auch, wenn man nichts lieber tun würde.
Rachel konzentrierte sich so auf die sich schnell entfernende Kleine, dass ihr nicht auffiel, wie sie ihrerseits beobachtet wurde. Als sie sich umdrehte, um Nerves’ Nachtclub zu suchen, trat ein großer, dunkelhäutiger Mann aus dem Foyer eines Hotels, das nur unwesentlich gehobenere Ansprüche hatte als die Absteige, in der Daniela untergekommen war.
Die Narbe des Mannes, die sein linkes Augenlid herunterzog, verlieh ihm ein bösartiges Aussehen. Und damit gab zufällig
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