Der Ruul-Konflikt 6: Im Angesicht der Niederlage (German Edition)
ist, zünde ich in der Kirche ein paar Kerzen an.«
»So religiös hätte ich sie gar nicht eingeschätzt.«
»Auch das muss man in meinem Job manchmal sein.«
Plötzlich wurde das Podium hell erleuchtet und eine Frau mittleren Alters in einem wallenden, edlen Abendkleid stellte sich vor das Mikrofon.
Knapp außerhalb des Lichtkegels, gerade noch schemenhaft zu erkennen, postierten sich ein halbes Dutzend SES-Agenten in schwarzem Anzug, die die Menge misstrauisch beobachteten.
Präsidentin Gabriele Tyler war nicht wirklich eine schöne Frau, doch sie versprühte Charme, Kompetenz und ein nicht zu leugnendes Maß an Charisma. Seit sie die letzten Wahlen gegen den ehemaligen Präsidenten Harkon Magnus gewonnen hatte, war ihr viel Anerkennung zuteilgeworden für die Art, wie sie die Staatsgeschäfte lenkte. David selbst hatte sie nicht gewählt, doch auch er gab gerne zu, dass sie ihre Sache nicht schlecht machte. Vor allem die Mittel, die sie immer wieder dem Militär beschaffte, hatten viele Offiziere überrascht. Es war überaus beruhigend, dass sie die ruulanische Bedrohung ernst nahm. David und Jonathan folgten gebannt der Begrüßungsrede der Präsidentin. Währenddessen hielt sich die Presse bewusst im Hintergrund. Auf einer Galerie etwa fünf Meter über ihren Köpfen hatten einige Fernsehsender ihre Kameras postiert. Ansonsten sah man nur hin und wieder das Aufblitzen eines Fotoapparats.
Die Aufnahmen würden den Planeten natürlich auf absehbare Zeit nicht verlassen. Die Konferenz war schließlich als geheim eingestuft, doch die Präsidentin hatte entschieden, einige Pressevertreter einzuladen, um die Verhandlungen für die Nachwelt festzuhalten. Die Aufnahmen würden veröffentlicht, sobald das Bündnis – falls es denn eines geben sollte – offiziell bekannt gegeben wurde. Wäre es nach David gegangen, hätte die Presse keinen Fuß auf MacAllister gesetzt.
»Meine sehr geehrten und verehrten Gäste«, begann Präsidentin Tyler mit melodischer, jedoch weitreichender Stimme, die man noch im hintersten Winkel des Saales vernehmen konnte. Jonathan fragte sich insgeheim, ob dies an der guten Akustik des Saales liegen mochte oder an irgendeiner technischen Spielerei, die gezielt eingesetzt wurde, um diesen Effekt zu erzielen. »Es ist Freude, Ehre und Privileg zugleich, Sie alle hier und heute auf der MacAllister-Konferenz begrüßen zu dürfen. Ich bin zutiefst bewegt, dass Sie meiner Einladung so zahlreich gefolgt sind.« Sie machte eine einstudierte Pause und wandte sich der Sca’rith-Delegation zu.
»Die Menschen vom Terranischen Konglomerat begrüßen König Sal’mon’dai von den Sca’rith, der uns mit seiner Anwesenheit beehrt.«
Der Sca’rith-König bleckte seine Reißzähne und deutete ein Nicken in Richtung der Präsidentin an. David beschlich die Vermutung, dass das Blecken der Zähne das Sca’rith-Äquivalent eines Lächelns darstellen sollte. Die Verbeugung des Sca’rith wirkte steif, als wäre diese Bewegung seinem Körper fremd. David vermutete, derartige Verbeugungen gehörten eher nicht zu den Sca’rith-Gepflogenheiten.
»Weiterhin freuen wir uns über das Kommen des Obersten Theokraten Quel Thai von den Meskalno und seines Gefolges. Herzlich willkommen.«
Der Meskalno gab mit keinem Muskelzucken zu erkennen, ob er die Worte der Präsidentin überhaupt gehört hatte. David wusste jedoch, dass das Meskalno-Staatsoberhaupt die Worte sehr wohl verstanden hatte, jedoch verstimmt war, dass man die Sca’rith zuerst vorgestellt hatte. Er hatte noch nie einen Meskalno mit eigenen Augen gesehen. In natura wirkten sie weit fremdartiger für das menschliche Auge, als es Abbildungen und Hologramme zu suggerieren vermochten. Wie Pommeroy bereits auf der Lydia so treffend ausgeführt hatte, ähnelten die Meskalno entfernt Gottesanbeterinnen. Bis auf den Umstand, dass sie auf jeder Körperseite vier statt drei Gliedmaßen besaßen und auf dem flachen, gedrungenen Schädel neun Augen die Anwesenden begutachteten. Vier auf jeder Kopfseite und ein neuntes Auge dort, wo eigentlich die Stirn hätte sein müssen. Die Meskalno waren knapp zwei Köpfe größer als selbst die Sca’rith, von denen bereits der kleinste über zwei Meter maß.
»Wir entbieten auch unser Willkommen an Pal Polos, Schwarmführer dritter Klasse der Nerai-Sphäre.«
Durchdringendes Klicken unterbrach die Präsidentin. David warf einen schnellen Blick nach rechts, wo die Til-Nara sich lautstark in ihrer Sprache
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