Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
leierndem Tonfall sein Angebot aus: »Rent a kill! Rent a kill!« 51 Timothy erkundigte sich nach Einzelheiten. Der Mann wollte sich nicht, wie Timothy vermutet hatte, als Mörder verdingen, sondern ihm ein Mordopfer nach Wahl liefern, das Timothy dann »ganz in der Nähe« unbehindert und natürlich ungestraft umbringen könne.
»Bei mir können Sie auch alle notwendigen Geräte oder Gifte kaufen«, erklärte er, »vom Strick bis zum Fallbeil, vom Skalpell bis zur Laserpistole.«
Er hatte sogar einen gedruckten Prospekt, in dem die Preise der unterschiedlichen Opfer, Mordarten und Instrumente studiert werden konnten. Offensichtlich besaß er nur das eine Exemplar, denn er wollte es nicht einmal für Geld hergeben. Timothy hoffte insgeheim, daß der Mann nur ein Lockvogel war, der Perverse vom Platz weglocken und überfallen wollte.
»Komm, Smiley, gehen wir zum Bus«, sagte er, »sonst muß ich kotzen.«
Smiley holte eine nicht gerade appetitlich aussehende Plastflasche hervor. »Nimm einen Schluck, Tiny. Die Packung täuscht, es ist erstklassiger Whisky.«
Ein kleiner, verhutzelter, einbeiniger Mann humpelte auf primitiven, selbstgefertigten Krücken an ihnen vorbei.
»Porno!« krächzte er. »All-Sense-Super-Porno-Show! Alles, wovon Sie je geträumt haben und noch mehr dazu!«
»Komm«, flüsterte Smiley, »das ist unser Mann.«
Sie folgten dem Einbeinigen in so großem Abstand, daß sie ihn gerade noch sehen konnten. Am Rande des Platzes sprach Smiley ihn an. Er tat so, als wollten sie die angepriesene Porno-Show besuchen, aber den Preis drücken.
Der Einbeinige führte sie durch eine Reihe verlassener Straßen. Timothy fühlte sich äußerst unbehaglich zwischen den ausgebrannten, zerbröckelnden Mauern, er steckte die Hand in die Jackentasche und umklammerte den Griff der Stungun. Smiley vergewisserte sich immer wieder, daß ihnen niemand folgte. Plötzlich hopste der Einbeinige in einen Keller, hastete unvermutet schnell einen nicht enden wollenden, verwinkelten Gang entlang, wies auf einen Raum, sagte: »Warten!« und verschwand.
Smiley schubste Timothy vorwärts und riß seinen Mantel herunter, ebenso die Spencers. Timothy hatte sich schon gewundert, daß sie in langen Staubmänteln gekommen waren, jetzt sah er, warum: Sie trugen darunter schwarze Uniformen und breite Koppel, an denen nicht nur Pistolenhalfter, sondern auch lange Ketten und geflochtene Peitschen hingen. Die Spencers stopften die Hosenbeine in die Schäfte ihrer Stiefel, schnallten breite, mit Stahlnieten besetzte Ledergamaschen um Arme und Hals, stülpten sich Uniformmützen auf und sahen wie waschechte Vandymen aus. Smiley streifte einen Kittel über und verwandelte sich mit ein paar Handgriffen in einen Sandyman. Er entfärbte sein Haar und sprühte Spray in die Augen, so daß sie sich rot umränderten und zu tränen begannen.
»Nun zu dir, Tiny«, sagte er. Timothy hielt entsetzt die Hände vor die Augen.
»Du gehst als Violet«, erklärte Smiley. »Krempel die Hosen auf und stecke Schuhe und Strümpfe da in den Beutel, auch Hemd und Jacke.« Smiley reichte Timothy ein zerschlissenes Hemd und Sandalen von undefinierbarer Farbe, dann färbte er ihm einen violetten Streifen um den Hals und reichte ihm einen Plastsack.
»Steck den Arm da ’rein, Tiny, dann sieht es aus, als wäre er amputiert.« Smiley grinste. »Und du kannst in dem Sack deine Waffe schußbereit halten.«
Smiley warf sich den Beutel mit ihren Sachen über den Rücken. Die Spencers fuhren die Teleskopruten zu voller Länge aus und ließen sie wippen. Sie waren gerade fertig mit ihrer Kostümierung, da steckte der Einbeinige den Kopf um die Ecke, musterte die vier kurz, nickte zufrieden und forderte sie auf, ihm zu folgen. Erneut durch lange Kellergänge, dann eine Treppe hinauf und nach einer beschwerlichen Kletterpartie über ein zerbrochenes Dach wieder hinunter, durch ein unübersichtliches Ruinenfeld zu einem Platz, dessen Umgebung fast völlig eingeebnet war.
»Warten«, sagte er wieder. »Wenn ich in zwei Stunden nicht zurück bin –« Er zuckte mit den Schultern und vollführte die eindeutige Geste des Halsabschneidens unter seinem Kinn, dann hielt er Smiley fordernd die Hand hin. Smiley holte eine Packung aus der Tasche und nahm eine Ampulle heraus. Der Einbeinige studierte die eingeschliffene Schrift, hielt die Ampulle gegen den Himmel, zog eine Spritze hervor und injizierte sich das Zeug in den Unterarm. Als er nach der Packung greifen wollte,
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