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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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steckte Smiley sie wieder ein.
    »Es sind sogar drei Dutzend«, sagte er. »Und das hier«, Smiley klebte einen grauen Streifen, der wie ausgespuckter Kaugummi aussah, auf die Packung, »ist Plastiksprengstoff. Wenn uns was passiert, fliegt das schöne Zeug in die Luft. Also mach keine Dummheiten!«
    Sie sahen dem Einbeinigen nach, bis er zwischen den Trümmern verschwand. Timothy setzte sich auf einen Stein, Smiley hockte sich neben ihn. Die beiden Spencers stellten sich ein paar Meter entfernt in Positur, Bud vor und Sidney hinter ihnen, so daß es aussehen mußte, als bewachten sie zwei Gefangene. Irgendwo quärrte eine Stimme.
    »Was ist das?« flüsterte Timothy.
    Smiley lauschte, dann lachte er. »Möchte wissen, wer ausgerechnet hier eine Klimaanlage kaufen soll! Wahrscheinlich ein Lautsprecher des Öffentlichen Werbenetzes, der nicht abgeschaltet wurde und nun sendet, bis die Leitungen verrottet sind.«
    Als Timothy sich konzentrierte, konnte er einen Teil der Wortfetzen entziffern, zerhackte Werbesprüche, herrenlos gewordene Sprache, die sich an niemanden mehr richtete. Einen so absurden Einfall konnte nur das Leben haben.
    »Ob man uns sucht, Smiley?« fragte Timothy leise.
    »Wer denn? Wenn jemand fehlt, wird fünf Minuten lang die Abfahrt ausgerufen, dann fahren die Busse weiter.«
    »Was versäumen wir eigentlich?«
    »Nichts. Touristennepp. Spielhöllen oder Lasterhöhlen, Porno- und Drogenshops, Shows aller Art, Hahnen- und Rattenkämpfe – was weiß ich. Jedenfalls nichts, was du nicht auch in der Stadt haben könntest, nur noch unappetitlicher und widerlicher, bis an die Grenze des Absurden und Perversen getrieben und manchmal darüber hinaus.«
    »Hoffentlich ist das hier nicht eine Falle, und der Einbeinige holt ein paar Killer.«
    »Keine Angst, Tiny, ich habe ihn in der Hand. Nicht nur mit dem Rauschgift – ich weiß, wer er ist, und ich habe ihm angedroht, nicht nur ihn, sondern auch seine Familie umbringen zu lassen, wenn er uns reinlegt. Ich weiß nicht, wieso, aber er hängt an seiner Familie.«
    »Warum steckt er in Maywood?«
    »Wegen Lustmord. Das erste Mal war es ein Underdogmädchen, und er kam mit einem Bein davon, dann aber hat er die Tochter eines Polizisten massakriert.«
    Timothy spuckte angewidert aus.
    »Was willst du, Tiny! Man kann sich seine Verbündeten nicht immer aussuchen. Hauptsache, er bringt uns zu Glover, oder?« Ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Es dauerte über eine Stunde, bis Bud leise pfiff. Der Einbeinige stand zwischen den Trümmern und winkte mit der Krücke.
    Er führte sie in weniger verlassene Straßen. Die Andymen wichen weit aus, sobald sie Bud und Sidney erblickten. Wahrscheinlich hielten sie Smiley und Timothy für Opfer einer »Rent a kill«-Bande. Nach einem Weg durch mehrere Ruinen winkte der Einbeinige sie zu einer Fensterhöhle und legte einen Finger auf die Lippen. Auf der anderen Seite eines kleinen, übersichtlichen Platzes hockte ein Mann, den Rücken an eine hohe, glatte Wand gelehnt. Smiley reichte Timothy ein Fernglas. Ja, das war er, verwahrlost und abgerissen, aber ohne jeden Zweifel Glover. Er tat, als dämmere er vor sich hin, doch er hielt die Beine so, daß er jederzeit aufspringen konnte, und er beobachtete unter den fast geschlossenen Lidern hervor die Umgebung. Timothy nickte.
    Smiley polkte den grauen Streifen von der Packung und drückte sie dem Einbeinigen in die Hand; der riß sie auf, zählte nach, prüfte jede Ampulle einzeln gegen das Licht, dann war er wie der Blitz verschwunden.
    »Gib mir die Flasche«, flüsterte Timothy. »Du bleibst hier, Smiley. Bud nach links, Sidney nach rechts. Ihr schneidet ihm die Flucht ab. Ich gebe euch fünf Minuten Vorsprung. Kein Geräusch! Und laßt euch ja nicht blicken, bevor ich euch rufe.«
    8.
    Erst als Timothy sich ihm bis auf wenige Schritte genähert hatte, riß Glover den Kopf hoch. Und einen Rayvolver aus der Tasche. »Stopp! Oder ich schieße!«
    »Tag, Glover«, sagte Timothy. »Erkennen Sie mich nicht?«
    »Timothy Truckle?« Glover starrte ihn ungläubig an. »Ich traue meinen Augen nicht.«
    »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    »Dort.« Glover zeigte auf einen Steinbrocken, etwa drei Meter vor sich. »Und die Hände halten Sie so, daß ich sie jederzeit sehen kann.«
    »Leider nur noch eine.« Timothy deutete seufzend auf seinen violetten Halsstreifen, ließ sich umständlich nieder und legte die linke Hand auf den Oberschenkel.
    »Weiß Gott, das nenne ich

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