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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
Autoren: Gert Prokop
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dem Arbeitszimmer, steckte ihn mit spitzen Fingern durch einen schmalen Spalt der Küchentür, riß ihn wieder heraus und ließ Napoleon die Werte analysieren.
    »Eindeutig psychogene Aerosole, Sir«, meldete Napoleon, »für eine genaue Analyse reicht die Probe nicht aus.«
    »Können solche Aerosole eine synästhetische Umpolung der Sinne bewirken?«
    »Bei hoher Dosierung ja, Sir. Es gibt Kampfstoffe mit derartiger Wirkung.«
    Woher? dachte Timothy. Die Wohnung schien noch nicht völlig verseucht zu sein, nur die Küche. Die Rosen! Wie sollte er sie entfernen, ohne sich noch einmal der Wirkung auszusetzen? Und warum hatte Inger –? Timothy grinste. Er holte die Atemmaske, die er in Seabridge »ausgeliehen« hatte. Nun würde sie ihm helfen, Ingers Angriff abzuwehren. Er steckte die Rosen in den Nihilator und lüftete gründlich. Die Aerosole verschwanden.
    Sollten die Rosen wirklich von Inger kommen? Viel wahrscheinlicher war ein später Gruß von Grandma. Aber wußte die überhaupt von Ingers Existenz? An der Westküste war jetzt erst Nachmittag. Timothy rief in Seabridge an. Inger, so erfuhr er, sei nach Chicago geflogen und wolle ihn besuchen. Timothy nahm den Whisky und setzte sich vor den Videomaten. Sehr mysteriös.
    Während er aufmerksam eine Sendung über Mimikry verfolgte und staunend miterlebte, wie sich eine Laubheuschrecke als grünes Blatt und eine Akazienraupe als Dornenstachel tarnte und eine Gottesanbeterin zur rosaroten Orchideenblüte wurde, dachte er plötzlich: Du solltest Devlin sagen, was mit Brooker geschehen ist.
    »Quatsch«, sagte Timothy laut, »wie kommst du nur auf solch einen Unsinn!« Wenige Minuten später, er bewunderte gerade, mit welcher Vollkommenheit sich die Raupe des Kaiseratlas tarnte, nicht nur ein Blatt abbiß, so daß es sich im Verdorren zu einer Röhre rollte, in die die Raupe sich einspinnen konnte, sondern gleich noch ein halbes Dutzend weiterer Blätter, die so zu Attrappen wurden, dachte er es schon wieder. So intensiv, daß er sich energisch zur Ordnung rufen mußte, nicht zum Communicator zu gehen und Devlin anzurufen – da sah er das gelbe Pünktchen leuchten: Subfaszinationsalarm. Jemand schickte heimlich Botschaften in sein Unterbewußtsein! Timothy schaltete den Videomaten aus. Also Devlin. Und bestimmt hatte er nicht nur die unterschwelligen Befehle per Videomat geschickt, sondern auch die präparierten Rosen. Was würde er als nächstes unternehmen?
    Timothy brauchte nicht lange zu warten. Angst überfiel ihn. Eine undefinierbare, allgemeine, lähmende Angst. Dann stachen bohrende Schmerzen in sein Gehirn, ließen den Schädel brummen, dröhnen, tosen. Dann Stille. Dann wieder der Schmerz. Timothy zwang sich, auf die Uhr zu sehen. Vier Sekunden Schmerz, zwanzig Sekunden Pause. Frequenzimpulse, wahrscheinlich Dezimeterwellen. Wollten sie ihn mit Resonanzschwingungen verrückt machen? Die Welle erfaßte ihn wieder, Timothy konnte sich kaum noch rühren. In der Pause angelte er die Dose mit Puderzucker und streute eine dünne Schicht auf den Tisch. Sobald der Schmerz einsetzte, ordnete sich der Puder zu konzentrischen Kreisen, dann zu Spiralen, zu Zebrastreifen. Dann blieb der Schmerz lange aus. Immer länger. Timothy fühlte sich erleichtert, vergnügt, ausgelassen. Die Vibrationen formten Chladnische Klangfiguren von bezaubernder Schönheit aus dem Puderzucker. Infraschall!
    Wenn du jetzt noch den Videomaten laufen hättest, dachte Timothy, würde keine Macht der Welt dich davon abhalten, Devlin anzurufen und alles zu gestehen. Wozu aber erst der Angriff mit den Rosen? Vielleicht waren die Aerosole nur falsch dosiert?
    Timothy grinste. Devlin sollte seine Show bekommen. Aber zuerst holte er den Destruktor aus dem Wandschrank. Die Skalen zeigten an, daß das Gerät hart arbeiten mußte, um die Vibrationen durch Interferenz-Schwingungen aufzuheben. Die mußten mit einem starken Sender arbeiten. Sicher aus der Nebenwohnung.
    Timothy ließ sich mit Devlin verbinden; er begrüßte ihn freundlich. »Ich dachte, ich sollte Sie unbedingt anrufen«, sagte er dann.
    »Ja?« Devlin sah ihn erwartungsvoll an. »Ist Ihnen etwas eingefallen, was uns bei der Suche nach Brooker helfen könnte?«
    »Das nicht«, erklärte Timothy vergnügt. »Da weiß ich wirklich nichts. Aber ich möchte Sie so gerne morgen zum Essen einladen!«
    Devlin murmelte etwas und verschwand vom Bildschirm. Timothy war unsicher, ob er ihn von seiner Unschuld überzeugt hatte. Vielleicht würde
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