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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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ohne zu zögern, behaupten, daß er stimmt? Gibt es überhaupt noch eine öffentlich zugängige Information, die nicht manipuliert wurde, sei es nun von den Regierungsstellen, den Firmen oder den Interessengruppen? Wohl noch nie haben sich so viele, so hochqualifizierte Leute damit befaßt, die Wahrheit zu verschleiern oder wenigstens zu verdrehen: Die Vergangenheit hat uns eingeholt: ›Mundus vult decipi – ergo decipiatur!‹ Das ist das erste Gebot unseres Jahrhunderts.« Die Bachstelze sah ihn mißtrauisch an.
    »Ein über zweitausend Jahre alter lateinischer Spruch: ›Die Welt will betrogen sein – also betrügen wir Sie!‹ Wenn ich in den Nachrichten höre, daß heute Dienstag ist, sehe ich erst einmal auf dem Kalender nach, ob es auch stimmt.«
    »Heute ist Mittwoch«, sagte die Bachstelze lächelnd. »Seien Sie nur vorsichtig mit solchen Äußerungen, Tiny!«
    »Na, ist doch wahr!« brummte Timothy. »Und jeder weiß das.«
    »Auch die Verbreitung von wahren und nicht geheimen Informationen kann strafbar sein, wenn sie zum Schaden des Staates geschieht«, zitierte die Bachstelze.
    »Vielleicht ist das der Grund, warum so viel gelogen wird«, sagte Timothy. »Wer weiß schon, ob eine Wahrheit ihm nicht später einmal als staatsgefährdend angekreidet wird! – Die Verbreitung von unwahren Informationen zum Nutzen des Staates wird aber nicht verfolgt, oder?«
    Die Bachstelze grinste. »Gibt es ein besseres Mittel gegen zu gutes, also gefährliches Wissen als gezielte falsche Informationen?«
    »Also, was ist mit Ihrer Königin der Königinnen?« fragte Timothy.
    »Sie ist eine Schwindlerin – natürlich ist sie das! –, aber eine besonders erfolgreiche und besonders gefährliche. Und Sie, Tiny, sollen sie entlarven.«
    »Warum?« Timothy griff nun doch nach der Flasche »Old Finch«. »Warum gerade ich? Und warum gerade diese eine Schwindlerin?«
    »Ist es nicht Grund genug, daß ich Sie bitte?«
    »In der Tat. Einem Commissioner schlägt man keinen Wunsch ab. Aber etwas mehr müßte ich doch wissen.«
    »Alles, was Sie wollen! Sie sollen jede Information bekommen, die Sie benötigen, jede! Notfalls lasse ich sogar den Central-Computer für Sie arbeiten.« Die Bachstelze stand auf und trippelte durch den Raum. »Beauty Kovacs, so heißt sie wirklich, ist eine Zigeunerin, Abkömmling ungarischer Einwanderer, aber sie spricht weder ungarisch noch die Zigeunersprache, und sie ist auch nicht hundert Jahre alt, wie sie behauptet – und wie sie aussieht, ich nehme an, sie hat sich künstlich altern lassen –, sondern knapp sechzig, und sie ist keine Analphabetin, sondern hat in Harvard studiert: Videozistik und Mathematik. Bis vor ein paar Monaten war sie bei der GENERAL ELECTRIC beschäftigt. Vor zwölf Wochen hat sie ihren Salon im ›Queens‹ aufgemacht und im Nu alle Konkurrenten aus dem Feld geschlagen. Die besten und mächtigsten Leute der Staaten drängen zu ihr, aber nicht das stört mich.« Die Bachstelze blieb vor Timothy stehen und blickte ihm starr in die Augen. »Sie scheint wirklich alles zu wissen, Tiny, alles! Ich habe mit ein paar Leuten gesprochen, die bei ihr waren. Sie sind fasziniert. Und beunruhigt.«
    »Lassen Sie ihr doch einfach die Lizenz entziehen«, meinte Timothy, »Sie sind Commissioner.«
    »Dazu brauche ich eine Handhabe. Beweise. Die Sie mir liefern sollen. Sie hat einflußreiche Gönner.«
    »Die GENERAL ELECTRIC?«
    »Nicht nur. Ich weiß, was Sie denken: Industriespionage und ähnliches. Eine Wahrsagerin, bei der die Mächtigen sich Rat holen, die also Einblick in die internsten Dinge erhält, ist eine Goldgrube für vielerlei Leute. Wir erhalten wertvolle Informationen von den Wahrsagern.«
    »Vielleicht steckt die NSA dahinter?« meinte Timothy. »Wenn sie wirklich so allwissend scheint –«
    »Nein, die NSA ist es nicht«, sagte die Bachstelze entschieden. »Auch nicht das FBI oder eine andere Polizei. Sie arbeitet für keine staatliche Stelle, deshalb schließe ich auch den UNDERGROUND aus. Eine Agentin des UNDERGROUND würde pro forma für einen von uns arbeiten, um nicht aufzufallen. Ich habe sie in aller Stille von meinem besten Mann beobachten lassen; er hat nicht einmal eine Ahnung, wie sie es anstellt, so allwissend zu sein, und für wen sie wirklich arbeitet, und ich kann unmöglich eine offizielle Untersuchung anstellen, bevor ich nicht handfeste Indizien habe.«
    »Sie wollen sich nicht die Finger verbrennen, wenn wirklich einer der Bigbosse

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