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Der Samurai von Savannah

Der Samurai von Savannah

Titel: Der Samurai von Savannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. Coraghessan Boyle
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Scheiben trockenen Weizentoast?«
    »Kein Problem«, sagte Rico und schleuderte das Omelett nochmals durch die Luft, diesmal nur zum Angeben.
    Ruth goss sich eine Tasse Kaffee ein, tat etwas Süßstoff dazu und blieb vor dem Tisch stehen, bis Irving Thalamus einen Platz für sie freigeräumt hatte. »Gut geschlafen?«, fragte er und blickte sie lasziv an, als sie sich neben ihn setzte und die Beine übereinanderschlug. Seine Augen waren zusammengekniffen, die Lider faltig und dunkel. Er sah aus, als müsste er eigentlich Burnus und Sandalen tragen und irgendwo im Negev Kamele oder Haremsdamen zählen.
    Ruth schenkte ihm ein reumütiges Lächeln. »Zu viel gesoffen«, sagte sie, »aber Sax und ich haben noch einen Spaziergang gemacht, bevor wir ins Bett sind.« Sie machte eine Pause. »Das hat mich wieder ein bisschen aufgemöbelt. Und geschlafen hab ich wie ein Stein.«
    Er schlug die Augen nieder und stocherte mit seiner Gabel im Essen herum, baute in der Mitte seines Tellers eine kleine Pyramide aus Rührei. Die Postkarte von seinem Sohn – erstes Semester in Yale – war bitteres Brot gewesen. Der Sohn hatte vor, die Ferien mit Irvings Frau, die von diesem getrennt lebte, in Mount Kisco zu verbringen. Anscheinend hatte sein Vater ihn vorher brieflich in ein Haus eingeladen, das er auf Key West gemietet hatte. Die Karte war eine unmissverständliche Absage, und der Junge hatte hinzugefügt, er halte seinen Vater für einen Heuchler, einen narzisstischen, überschätzten Kommerzautor und moralischen Zwerg, der seinen Patriarchenpenis nicht in der Hose behalten konnte. Der Brief des Agenten war noch schlimmer. So schlimm, dass sich Ruth beim Lesen sogar kurz schuldig gefühlt hatte – aber nur ganz kurz, denn sie war schließlich Künstlerin und Intellektuelle, und sie machte sich ihre eigenen Regeln. Der Agent – einer der prominentesten in New York – hatte geschrieben, dass Irving Thalamus’ Verleger, bei dem seine letzten sechs Bücher erschienen waren, schwere Bedenken habe, auch den neuen Roman zu publizieren. Hundstage sei ein peinliches Machwerk. Unsinnig. Zusammenhanglos. Der Verleger wisse – und der Agent pflichtete ihm bei, sanft und mit vielen Worten –, dass Irving es irgendwann auch so sehen werde. In sechs Monaten, mit ein bisschen Distanz, werde er den Roman selbst verwerfen. Bestimmt. Er habe auch an seine Karriere zu denken, an seine Zukunft im Pantheon der amerikanischen Literatur – weshalb sie zu diesem Zeitpunkt mit einem voreiligen Schritt verderben? Zum Schluss drückte der Agent noch seine Zuversicht aus, dass die Erholungskur in der bukolischen Atmosphäre von Thanatopsis House ihm gewiss enorm guttun werde.
    »Na, und wie läuft’s mit deiner neuen Erzählung?«, fragte er und hob das eckige Kinn wieder in ihre Richtung.
    Sie wusste, dass er nicht die Wahrheit hören wollte, sondern dass die einzige richtige Antwort auf seine Frage nur Jammern sein konnte; sie musste sich selbst beschimpfen, über das leere Blatt Papier, über die eigene Unfähigkeit klagen und sich mit ehrfürchtigem Blick erkundigen, wie er es eigentlich schaffte, ein brillantes Buch nach dem anderen zu produzieren. Sie trank noch einen Schluck Kaffee, stellte die Tasse ab und beugte sich nah zu ihm. »Ich hab noch nie im Leben besser arbeiten können«, antwortete sie.
    »Na, wunderbar«, sagte er, »ist ja toll, wirklich toll.« Sein Blick wurde waidwund.
    Bob rief etwas über eine Runde Poker am Abend und stand vom Tisch auf. Ina Soderbord, trotz der fast zweiunddreißig Grad im rosa Jogginganzug, erhob sich ebenfalls und folgte ihm, worauf Ruth die Brauen hochzog. Irving Thalamus nickte zustimmend. Dann kam Rico im Cha-Cha-Cha-Rhythmus aus der Küche, aus der gedämpft Salsamusik herüberdrang, und stellte Ruth einen Teller mit Ei und Toast hin. Sie ließ sich Zeit, das Ei auf die Toastscheibe zu platzieren und es mit Salz und Pfeffer zu bestreuen, ehe sie sich wieder an Thalamus wandte und ihm jene Frage stellte, die nach allen Regeln schriftstellerischer Etikette auf die seine folgen musste: »Und bei dir? Kommst du mit Hundstage gut voran?«
    Er warf ihr einen seltsamen Blick zu, den Blick eines Mannes, dem jemand die Hosen gestohlen und die Post geplündert hat. Aber nein, wie konnte er es wissen? Seit sie hier war, hatte er über nichts anderes als Hundstage geredet – sie hatte sich bestimmt nicht verraten. »Ach das«, sagte er achselzuckend. »Ganz gut. Geht so.« Er machte eine Pause. »Ich sitz

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