Der sanfte Hauch der Finsternis - Frost, J: Der sanfte Hauch der Finsternis - Destined for an early Grave (Night Huntress/ Cat & Bones 4)
im Fummel.
Sie schlang die Arme um mich. Verblüfft erstarrte ich. Annette drückte mich kurz und flüsterte: »Du hast die richtige Entscheidung getroffen.« Dann löste sie sich mit einem Lächeln wieder von mir.
»Du siehst ganz hinreißend aus, Cat. Der Tod scheint dir wirklich gut zu bekommen.«
Eine dermaßen herzliche Begrüßung hatte ich von ihr nicht erwartet. »Danke«, stammelte ich. »Hab mir sagen lassen, das wäre diese Saison der letzte Schrei.«
Sie lachte, ein sexy Unterton lag darin. »Darf man hoffen, dass deine ausschließlich heterosexuellen Neigungen mit deinem Puls zu Grabe getragen wurden?«
Das war nun wieder die Annette, die ich kannte. Ein gieriger Hai im Körper einer schönen Frau.
»In diesem Punkt hat sich nichts geändert«, klärte ich sie nüchtern auf. »Aber danke der Nachfrage.«
Ihre Augen blitzten. »Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, heißt es doch so schön. Ach, ich muss weiter. Wollen dir schließlich noch jede Menge Leute beim Nicht-Atmen zugucken. «
Nahe des Haupteingangs entdeckte ich eine vertraute Gestalt. Glattes dunkles Haar mit ausgeprägten Geheimratsecken umrahmte ein hageres Gesicht, aus dem kupfergrüne Augen in meine blickten.
»Vlad!«
Die Anspannung der vergangenen Stunde hatte ihren Tribut von mir gefordert, und ich war so froh, jemanden zu sehen, dem ich vertraute, dass ich meinen Platz verließ, um
ihn zu begrüßen. Er riecht nach Zimt und Rauch , dachte ich, als ich ihn umarmte. Was für eine interessante Kombination .
Dann wurde mir bewusst, dass es im Saal still geworden war. Als ich mich umsah, hatte jeder in seiner Beschäftigung innegehalten, um uns anzustarren; und der Blick, den Bones mir zuwarf, hätte Dampf gefriertrocknen können.
»Kätzchen«, wandte er sich an mich. »Würdest du bitte zurückkommen … sofort .«
Oh-oh. Offensichtlich war es ein Fauxpas gewesen, einen Freund außerhalb des vorgeschriebenen Protokolls zu begrüßen.
»Die Pflicht ruft«, murmelte ich Vlad zu. »Danke, dass du gekommen bist.«
»Kein Problem.« Das ehrliche Lächeln, das er mir geschenkt hatte, verwandelte sich wieder in sein übliches sardonisches Grinsen. »Geh deine Fans begrüßen.«
Meine Fans, ja, das waren sie. In meinem ganzen Leben war ich mir noch nicht so beurteilt und seziert vorgekommen wie an diesem Abend. Scheiß auf meinen nicht vorhandenen Herzschlag und die fehlende Atmung; hätte mir jemand den Mund aufgerissen und meine Fangzähne sehen wollen, wäre ich auch nicht weiter überrascht gewesen.
»Verzeihung«, entschuldigte ich mich bei Bones. Ich war überrascht, als ich sah, wie starr er geworden war; ein zorniger Geruch ging von ihm aus, als hätte ihn jemand mit Kerosin übergossen.
»Ja, ja«, antwortete er, sein Tonfall kälter als Eis. »Darf ich dir Malcolme Untare vorstellen? Du kennst ihn unter einem anderen Namen. Apollyon.«
Fast hätte ich die Hand zurückgezogen, als der Mann, den ich bisher kaum eines Blickes gewürdigt hatte, sie mit laschem
Griff schüttelte. Das war der Ghul, der die vielen Gerüchte über mich in Umlauf gebracht hatte?
Malcolme Untare, oder Apollyon, wie er sich selbst nannte, war etwa so groß wie ich ohne Schuhe. Sein schwarzes Haar war gefärbt, wie man unschwer erkennen konnte, und er hatte sich sogar einige Strähnen über den Kopf gekämmt, wie manche Männer es aus der irrigen Hoffnung heraus tun, sie könnten so ihre Glatze verstecken. Ich widerstand dem plötzlichen Drang, die Strähne wegzuziehen und seinem kahlen Haupt darunter » Kuckuck!« zuzurufen. Da ich ihn aber gerade erst stehen gelassen und Vlad zuerst begrüßt hatte, fürchtete ich, dass ich damit dann doch zu weit gehen würde.
Eines konnte ich mir allerdings nicht verkneifen. »Angenehm«, sagte ich zu ihm und ließ ihm einen mehr als festen Händedruck angedeihen.
Apollyon ließ meine Hand los, als wäre ihm die Berührung zuwider. Er hatte wässrig blaue Augen und zarte Pausbäckchen, die nicht zu seinem Auftreten passen wollten. Irgendwie fand ich, sein Gesicht hätte voller Warzen sein müssen, weil er mich an eine widerliche, fette Kröte erinnerte.
»Sie entsprechen genau der Vorstellung, die ich mir von Ihnen gemacht habe«, verkündete er mit verächtlichem Lächeln.
Ich richtete mich zu voller Größe auf. In meinen Absatzschuhen war ich fünf Zentimeter größer als er. Ein Arschloch wie Apollyon konnte es bestimmt nicht leiden, wenn eine Frau ihn überragte. »Das Kompliment kann ich nur erwidern.
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