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Der sanfte Kuss des Todes

Titel: Der sanfte Kuss des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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passt es mir nicht, Courtney. Ich muss Seminararbeiten korrigieren. Und dann wollte ich eigentlich malen.«
    »Fiona! Du bist doch noch keine hundert! Mann, ständig erzählst du, dass dein Schreibtisch wartet oder dass du irgendeinen Scheiß pinseln musst oder …«
    »Nun mach mal langsam!«
    »Ist doch wahr. Komm schon, ich lade dich auch auf einen Drink ein.«
    Fiona nagte an ihrer Unterlippe. Irgendwie verlockte sie die Aussicht schon. Sie dachte an die zweiundvierzig Seminararbeiten über die Renaissance, die gelesen werden wollten. Wenn ihr noch einmal jemand eine Arbeit ablieferte, in der Dan Brown als Quelle zur italienischen Freskomalerei angegeben wurde, würde sie einen Schreikrampf kriegen.
    Abgesehen davon war es Freitagabend, und ihr war einsam zumute. Der Kaffee heute Nachmittag war das einzige Date, das sie seit Monaten gehabt hatte. Sie lebte langsam das Leben einer Einsiedlerin.
    »Okay, ich komm mit.«
    Das Kreischen am anderen Ende zwang sie dazu, den Hörer von ihrem Ohr wegzuhalten. »Ich wusste doch, dass du mitkommst! Zieh dir was Schickes an, ja? Du musst heute Abend nicht als Mutter von Laura Bush auftreten.«

    Fiona knirschte mit den Zähnen.
    »Ach ja, mein Auto ist gerade in der Werkstatt, es wäre also nett, wenn du mich abholst.«
     
    Jack fuhr mit dem Aufzug zu Fiona Glass’ schickem Loft hoch und fragte sich, was er hier eigentlich machte. Er hatte keine Zeit für solche Sperenzchen. Auf seinem Schreibtisch in Graingerville stapelten sich die Akten, eine Mitarbeiterin war im Mutterschaftsurlaub, und dann war da noch der ungelöste Mordfall. Und von alldem abgesehen, hatte er bereits einen ganzen Tag damit verschwendet, hierherzufahren und eine zickige Kunstlehrerin zu bequatschen.
    Die Aufzugtüren glitten auf, und Jack sah sich um. Auf diesem Stockwerk befanden sich sechs Wohnungen, ihre lag ganz hinten links. Nathan hatte ihm ihre Adresse gegeben, als sie sich im County Line ein großes Steak genehmigt hatten. Mitten in ihrem Gespräch hatte Nathans Handy geklingelt und sie war dran gewesen, hatte ihm von irgendeinem Brief erzählt, den sie bekommen hatte, und ihn gebeten, ihr keine Aufträge mehr zu vermitteln.
    Aber das konnte ihn nicht davon abhalten, herzukommen.
    Jack war es schon immer schwergefallen, ein Nein zu akzeptieren. Seine Mutter hatte ihm beigebracht, dass er persönlich vorstellig werden sollte, wenn er von jemandem etwas wollte, höflich darum zu bitten und bei einem Nein nicht gleich aufzugeben, sondern noch einmal darum zu bitten. Nötigenfalls immer wieder. Das war das Credo der Familie Bowman und der Grund, warum seine Schwestern als Pfadfinderinnen mehr Kekse als alle anderen an den Mann gebracht hatten und warum ihr Sportverein immer genug Spenden zusammenbekommen hatte, um in den Frühjahrsferien Ausflüge nach South Padre bezahlen
zu können. Die Bowmans konnten einer Kuh Milch verkaufen und Jack war nicht bereit, ein Nein nach nur einem Versuch zu akzeptieren. Er blieb vor der Wohnung Nummer 4A stehen und zauberte ein freundliches Lächeln auf seine Lippen.
    Noch bevor er anklopfen konnte, wurde die Tür aufgerissen.
    Fiona sprang einen Schritt zurück. »Was tun Sie denn hier?«
    Sie hatte sich umgezogen. Und wie. Wahnsinn! Jack starrte mit offenem Mund auf die beiden hellen Rundungen, die zwischen den Falten eines lilafarbenen Stoffes hervorsahen. Es gelang ihm, seinen Blick von ihrem Dekolletee loszureißen, nur um im nächsten Moment an den glänzend roten Lippen hängenzubleiben. Eine Kirsche, die zwei Kugeln Vanilleeis krönte.
    »Jack?«
    Sie trat auf den Flur, und da bemerkte er die Stiefel.
    Viele Frauen in Graingerville trugen Stiefel. Cowboystiefel. Das hier waren schwarze Schnürstiefel, die ihr bis zu den Knien reichten und dünne, zehn Zentimeter hohe Absätze hatten. Ein schwarzer Minirock schmiegte sich an ihre Hüften.
    »Hallo? Sind Sie noch da?«
    Sein Kopf zuckte nach oben. »Sie sehen … schick aus, Frau Professor.«
    Etwas Unverständliches vor sich hin murmelnd schlüpfte sie in einen langen schwarzen Mantel mit hohem Kragen, drehte sich um und schloss die Tür ab.
    Die Haare fielen ihr in Wellen über die Schultern. Sie waren hellbraun mit einem rötlichen Stich oder rot mit einem Goldschimmer, ach egal, jedenfalls hinreißend.

    Sie drehte sich wieder zu ihm um. »Ich dachte, Sie wollten zurück nach Graingerville fahren.«
    Jack räusperte sich. »Ich war schon auf dem Weg, da fiel mir ein, dass ich vergessen habe, Ihnen

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