Der sanfte Kuss des Todes
roch gut. Er wollte herausfinden, wie sie schmeckte. Er wollte diesen hübschen, sinnlichen Mund erforschen.
Sie drehte jedoch den Kopf zur Seite. Er folgte ihrem Blick. Er war auf die hell erleuchtete Eckwohnung im obersten Stockwerk des Hauses gerichtet. »Courtney ist da.«
»Vielleicht ist sie ausgegangen.«
»Nein, ich habe gerade einen Schatten hinter dem Fenster gesehen. Sie geht immer erst sehr spät aus.«
Jack seufzte. Das machte ihm Courtney nicht gerade sympathischer.
Fiona schob die Hände unter seine Jacke und legte sie um seine Taille. Er spürte den sanften Druck ihrer Daumen durch sein Hemd, und sein Blut geriet noch mehr in Wallung.
Sie hatte nicht nein gesagt. Sie hatte lediglich für heute Nacht nicht ja gesagt. Das war zwar nur ein winziger Unterschied, aber er fasste es trotzdem nicht als Ablehnung auf.
»Dann bis morgen«, sagte er und hoffte, sie wusste, dass er nicht nur die Arbeit meinte. Er nahm ihre Hand und zog sie zum Hauseingang.
Sie runzelte die Stirn und stemmte die Füße in den Boden.
»Was ist?«, fragte er. »Denkst du, ich fahre einfach los, ohne dich zur Tür zu bringen?«
Sie sah ihn skeptisch an.
»Da, wo ich herkomme, lässt ein Mann die Frau, mit der er aus war, nicht einfach an der Straßenecke stehen.«
Widerstrebend ließ sie sich von ihm zum Eingang ihres Hauses führen. »Das war keine Verabredung. Ich verabrede mich nicht mit Polizisten.«
Er hielt ihr die Tür auf und lächelte. »Wenn du meinst …«
»Bitte sehr.«
Der Nachtportier hielt einen Schlüsselbund in die Höhe.
Sullivan nahm ihm die Schlüssel mit einer behandschuhten Hand ab. Die anderen Schlüssel klirrten leise, als er Zimmer Nr. 103 aufschloss. Um keine Fingerabdrücke
auf dem Türknauf zu verwischen, ließ er den Schlüssel im Schloss stecken und drückte die Tür damit auf.
»Und Sie sind sicher, dass er das Zimmer gestern geräumt hat?«, fragte er den Portier.
»Ja. Er ist Dienstagmorgen ausgezogen. Das Zimmermädchen ist die Einzige, die seither hier drin war.«
»Danke für Ihre Hilfe«, sagte Sullivan und streifte ein Paar Überschuhe aus Papier über. Er nickte dem Mann zu. »Ich komme jetzt allein zurecht.«
Der Portier schob seine Brille ein Stück höher. Obwohl es unter null Grad war, trug er nur einen dünnen Jogginganzug und Turnschuhe ohne Socken. Er schien hin- und hergerissen zwischen seiner Neugier und dem dringenden Bedürfnis, zu dem Heizstrahler in seinem Büro zurückzukehren. »Dann will ich Ihnen mal nicht im Weg rumstehen. Sagen Sie Bescheid, wenn Sie sich das mit dem Kaffee anders überlegt haben.«
Er schlurfte davon, und Sullivan drehte sich um und blickte in das Zimmer, das der letzte bekannte Aufenthaltsort von Keith Janovic war. Er war vor fast sechsunddreißig Stunden von anderen Gästen gesehen worden, als er das Motel verließ, aber diese Meldung hatte Sullivan erst vor kurzem erreicht.
Sechsunddreißig Stunden, bis der Hinweis an der richtigen Stelle gelandet war. Sechsunddreißig Stunden, in denen die Spur kalt werden konnte. Sechsunddreißig Stunden, in denen das Zimmermädchen in dem finsteren kleinen Loch herumfuhrwerken und unwissentlich Beweise vernichten konnte.
Sullivan schaltete das Licht ein und betrat das Zimmer. Er schloss die Tür hinter sich, um die Kälte und die neugierigen Blicke anderer Gäste draußen zu halten. Was für
ein Glück, dass die Kapazitäten des Motels nicht ausgelastet waren. Es war eines von den vielen 0815-Motels an der Interstate 20, und der Mann, der sich mittlerweile George Green nannte, war der Einzige gewesen, der dieses Zimmer seit letzter Woche gemietet hatte.
Allem Anschein nach war er allein gewesen.
Das Pärchen, von dem der Hinweis stammte, und die beiden Angestellten, die ihn gesehen hatten, sagten alle dasselbe aus: ein großer, kräftiger Mann Mitte zwanzig, der allein unterwegs zu sein schien und einen dunkelroten Mercury Cougar fuhr. Das Auto selbst bot einen wichtigen Anhaltspunkt, dem in diesem Augenblick mehrere FBI-Leute aus Atlanta nachgingen.
Sullivan hatte man hierhergeschickt, um sich den Ort anzusehen. Er war über die Interstate 20 in Richtung Westen gerast und sogar noch vor den Leuten von der Spurensicherung eingetroffen.
Er ließ seinen Blick durch das Zimmer wandern. Es gab verschiedene Hinweise darauf, dass hier erst kürzlich saubergemacht worden war: der Geruch nach Ammoniak, überlagert von Lufterfrischer mit Zimtgeruch, der ordentliche Handtuchstapel auf dem Bett,
Weitere Kostenlose Bücher