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Der Sarg: Psychothriller

Der Sarg: Psychothriller

Titel: Der Sarg: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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das tun musstest, um deinen Seelenfrieden zu finden, ja, ich weiß das. Ich habe mir oft gewünscht, sie wären beide tot. Um deinetwillen, Manuel. Nur um deinetwillen.«
    Wieder lauschte sie, wieder war kein Geräusch zu hören außer ihrem Atem und dem Stöhnen, das sie nicht unterdrücken konnte.
    Sie ließ den Kopf zu Boden sinken, verzweifelt, resigniert. Ihre Muskeln erschlafften, was ein erneutes Schmerzinferno in der Schulter auslöste. Als der glühende Sturm wieder etwas nachließ, lag sie ruhig da, starrte auf eine der Kunststoffboxen und spürte den Sarg als unheimliche Bedrohung im Rücken.
    Was wohl in diesen Boxen war? Warum hatte sie sich bisher noch nicht darum gekümmert? Konnte es nicht sein, dass sie darin etwas fand, mit dem sie sich aus ihrem Gefängnis befreien konnte? Vielleicht war das Ganze ja überhaupt so etwas wie ein Spiel, das jemand mit ihr trieb? Ein grausames Spiel, ja, aber vielleicht räumte der, der für das alles verantwortlich war, ihr eine Chance ein zu entkommen? Sie hatte so etwas mal in einem Film gesehen. An den Namen konnte sie sich nicht erinnern. Da war ein Mann plötzlich irgendwo aufgewacht, wo man ihn eingeschlossen hatte, und irgendwo gab es dann da einen Schlüssel. Er musste ihn nur finden. Vielleicht …
Nein, nicht vielleicht
, sagte sie sich selbst. Das ist kein Film. Jemand möchte dich umbringen, und er wird dir keine Chance geben zu entkommen.
    Sollte sie einfach liegen bleiben und sterben? Warum nicht? Dann war alles vorbei. Alle Angst, alle Zweifel. Keine Schmerzen mehr, kein Nichts. Irgendwann die Augen schließen und für immer schlafen. Für immer.
    Wollte sie das?
Nein!
    Sie mobilisierte all die Kraft, die ihr noch blieb, und richtete sich auf. Gegen die Schmerzen versuchte sie anzuschreien, um sie halbwegs erträglich zu machen. Mit der linken Hand stützte sie sich ab und drückte sich hoch. Sie schwankte, taumelte, stand. Weinend, zitternd, nicht vor Kälte, sondern vor Schmerzen. Würgend, und sich schließlich übergebend, danach außer Atem und kurz vor einer Ohnmacht. Sie nahm nicht mehr wahr, wo sie war, aber … sie stand. Die Zeit zog an ihr vorbei wie ein gleichmäßiger, kalter Strom, an dessen Ufer sie saß. Sie hatte nichts damit zu tun, sie war zeitlos. Ihre Gedanken waren zweidimensionale Bilder, die durch einen luftleeren dunklen Raum ohne Gravitation schwebten, sich dabei um beide Achsen drehten und mal die Vorderseite, mal die schwarze Rückseite zeigten. Eva spürte nichts. Keine Schmerzen, keine Kälte, nichts. Dann gab plötzlich eines ihrer Knie nach, das Bein knickte ein, und fast wäre sie ein zweites Mal gestürzt, aber im allerletzten Moment schaffte sie es, ihr Gewicht auf das andere Bein zu verlagern und stehen zu bleiben.
    Sie hatte den Sarg noch immer im Rücken, und im Sarg lag die Nachricht an sie. Langsam drehte sie sich um, versuchte wieder, die höllischen Schmerzen zu ignorieren. Noch stand sie zu weit weg, um etwas sehen zu können, sie würde näher herangehen müssen. Sie versuchte einen ersten, vorsichtigen Schritt und hatte dabei das Gefühl, ihre Gliedmaßen seien mit Gummibändern an der Wand in ihrem Rücken befestigt. Mit aller Kraft stemmte sie sich dagegen und schaffte es, einen ersten Schritt zu machen, dann einen zweiten hinterher. Nun war sie so nahe am Sarg, dass sie ein Stück weit hineinsehen konnte. Die tote Frau sah sie zum Glück noch nicht. Ein weiterer Schritt, der noch mehr vom Inhalt preisgab, dann sah sie ein nacktes Bein. Es sah grau aus. Es sah schrecklich aus. Sie hatte gewusst, was sie erwartete, und doch war es ihr fast unmöglich, auch nur einen Zentimeter näher heranzugehen. Sie fürchtete sich davor und konnte den Blick doch nicht von dem nackten, toten Fleisch abwenden. Aber sie hatte keine Wahl, sie musste sich dem Anblick stellen, sie musste diese Nachricht lesen. Mit einem letzten, großen Schritt stand sie am Rand des Sargs und sah herein. Und wieder hörte sie sich selbst aufstöhnen. Sie wollte der Toten nicht ins Gesicht sehen, und konnte doch nicht anders. Aus den Augenwinkeln nahm sie das Schild wahr, das auf ihrer Brust lag, doch sie konnte noch nicht lesen, was darauf geschrieben stand. Wie ein Magnet wurde ihr Blick von dem weißen Gesicht angezogen, das mit dunklen Flecken durchsetzt war. Ihre Augen hingen an den blauschwarzen Lippen, die nur mehr zwei Striche waren, an …
Die Lippen.
Eva hielt den Atem nicht an, sie atmete einfach nicht weiter. Sie konnte die

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