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Der Sarg: Psychothriller

Der Sarg: Psychothriller

Titel: Der Sarg: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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des Zimmers tauchte, fast schwarz aussah. »Sie können sich nicht vorstellen, wie es ist, in völliger Dunkelheit aufzuwachen und nicht zu wissen, wo man ist. Ich habe keine Worte dafür. Innerhalb weniger Sekunden hatte ich solche Angst, dass ich fast verrückt geworden bin. Dann habe ich angefangen alles abzutasten, und obwohl meine Hände auf allen Seiten schon nach wenigen Zentimetern auf Widerstand stießen, hat es einige Zeit gedauert, bis ich verstanden hatte, dass ich in einem Sarg lag.« Sie stockte. Dieser furchtbare Moment war plötzlich wieder so präsent, als wäre er gerade erst Minuten her. Eva zog die Beine an und verschränkte die Arme in ihrem Schoß. »Ich hatte noch nie solche Panik und solche Angst.« Ihre Stimme klang brüchig.
    »Gab es früher schon einmal eine Situation, in der Sie irgendwo eingesperrt waren? In einem Fahrstuhl zum Beispiel?«
    »Nein.« Noch während sie es sagte, tauchte ein schreckliches Bild vor ihr auf, eine Szene, vor vielen, vielen Jahren. Ein kleiner Junge, der von einer Frau mit bewegungsloser, wie erstarrter Miene hinter sich hergezogen wird. Er ist nackt, sein Körper überzogen mit blauen Flecken. Er hat sich auf den Boden geworfen, versucht sich in wahnsinniger, stummer Angst mit panisch weit aufgerissenen Augen gegen den erbarmungslosen Griff der Frau zu stemmen, sich irgendwo festzuhalten, doch er ist zu schwach. Als sie die Kellertreppe erreichen, erlahmt seine Gegenwehr, und nach einer Sekunde gespenstischer Stille beginnt er zu wimmern und zu betteln. »Bitte, Mami, nicht, bitte, bitte …« Eva hat sich neben dem Garderobenschrank versteckt. Sie ballt eine Hand zur Faust und presst sie sich auf den Mund, sie beißt auf die Knöchel, um nicht laut schreien zu müssen. Sie kennt die kleine Klappe unten im Keller. Und sie weiß, es wird dauern, bis sie ihren kleinen Bruder wiedersieht. »Nein, ich noch nie«, flüstert sie.
    Leienberg hob eine Braue. »Hat es eine bestimmte Bedeutung, wenn Sie sagen:
Ich
noch nie?«
    Eva hob den Kopf, sie sah den Psychiater nur verschwommen und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Ich … Mein kleiner Bruder ist als Kind manchmal … Er … Er wurde manchmal bestraft. Körperlich. Und eingesperrt.«
    »Ihr Bruder?«, fragte Leienberg hörbar überrascht. »Ich wusste bisher nicht, dass Sie einen Bruder haben.«
    »Hatten.«
    »Wie?«
    »Ich
hatte
einen Bruder.«
    »Oh, entschuldigen Sie bitte. Er ist tot?«
    Noch immer blitzte diese Szene vor Eva auf. Sie versuchte, an etwas anderes zu denken, sie
musste
an etwas anderes denken.
    »Eva?«
    »Meine Stiefmutter sagte, er sei bei einer Bootsfahrt ertrunken, da war er sechs. Können wir bitte von etwas anderem reden?«
    Leienberg sah sie fragend an. »Was heißt das, Ihre Stiefmutter sagte, er sei ertrunken? Können Sie …«
    »Bitte, ich … ich kann nicht, ich möchte jetzt über etwas anderes reden.«
    »Ich verstehe, dass Ihnen das weh tut, Eva, aber vielleicht haben wir hier einen Schlüssel gefunden, eine mögliche Erklärung. Wir sollten uns darüber unterhalten, wirklich.«
    Eva griff nach ihrem Weinglas, trank es mit zwei großen Schlucken leer und stellte es wieder ab. »Können wir das bitte in Ihrer Praxis machen? Bei unserem nächsten Termin? Ja?«
    Leienberg war enttäuscht, das sah sie ihm an, aber er erwiderte: »Sicher, ganz wie Sie möchten.«
    Eine Weile saßen sie sich schweigend gegenüber, dann goss Eva in beide Gläser Wein nach, um ihre Gedanken von der Vergangenheit loszureißen.
    »Hat Ihr Vater auch schon in diesem Haus gelebt?«, wechselte Leienberg schließlich das Thema.
    »Ja, das ist sozusagen mein Elternhaus. Es ist die einzige Immobilie, die mein Vater mir vermacht hat. Alle anderen Häuser hat Inge geerbt.«
    »Ah, verstehe. Und wo wohnt Ihre Haushaltshilfe? Hat sie hier im Haus gewohnt, als sie noch bei Ihrem Vater war?«
    »Hildegard? Nein, sie hat schon immer eine kleine Wohnung in Rodenkirchen gehabt.«
    »Hm … Auch nicht gerade eine günstige Wohngegend. Wenn Sie doch bei Ihrem Vater gearbeitet hat, wäre es da nicht naheliegend gewesen, hier nach Marienburg zu ziehen?«
    Eva zuckte mit den Schultern. »Nein, ich glaube, das hat Hildegard nie in Erwägung gezogen. Wenn sie nur für mich arbeiten würde, hätte ich nichts dagegen, wenn sie hier wohnen würde. Aber sie ist nur in Teilzeit bei mir, nur drei Tage in der Woche. Die restliche Zeit arbeitet sie für Hubert Wiebking.«
    »Hubert Wiebking?«
    »Ja, er hat

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