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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
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– zeitweilige Durchlässe mit einem Innen und einem Außen, wobei der Herzschlag des Gebäudes aber immer noch kraftvoll genug war, um das Blut auch weiterhin durch die Adern zu pumpen.
    Das Velasquez-Blag konnte ebenso in eine der Spalten gefallen sein, wo die Erinnerung des Kenilworth gestockt oder nachgelassen hatte und es sich selbst einfach vergessen hatte.
    Je tiefer der Wahnsinnige in das Haus von Usher eindrang, desto näher kam er dem Irrsinn, der alles beherrschte. Und am Ende, als Roderick Usher endgültig den Verstand verliert, da bricht das Haus – Poes Metapher für Rodericks Verstand, für den Schädel eines verdammten, hypersensitiven Mannes – in der Mitte auseinander und versinkt im See.
    Er würde das Jamaica erzählen, wenn er dazu wieder die Zeit hatte. Jetzt musste er erst mal klettern. Auch Jonathan war nur ein weiterer Fremdkörper in den Atemwegen des Gebäudes, der in die falsche Richtung krabbelte. Er sollte dafür sorgen, dass er wieder draußen war, bevor das Kenilworth zu niesen begann. Ein guter Gedanke.
    »Gib mir doch bitte die kleine schwarze Dose aus meinem Parka. In der rechten Außentasche.«
    Sie brachte ihm den Koks mit leichter Belustigung, sah zu, wie er einige große Linien auf der Rückseite einer Hand auslegte und sie dann schniefte, ohne etwas zu verschütten. Dann bediente sie sich selbst.
    »Prost«, sagte sie.
    Jonathan hörte dieses charakterische Quäken wie von einer Hundepfeife in seinen Ohren. Sie knackten. Dann fühlte er, wie sein Gaumen trocken wurde und das typische Nasenlaufen nach einer Kokslinie einsetzte. Er schniefte und schluckte mehrmals.
    »Fass einmal mit an.«
    Er stemmte sich gegen das entfernte Ende der Wanne und streckte seine Beine zuerst durch das Fenster. Das war der einzig sichere Weg; auf keinen Fall wollte er kopfüber hinausklettern und dann irgendwo anstoßen und hilflos herumhängen. So konnte er sich noch mit den Ellbogen am Sims abstützen, bis seine Beine Halt gefunden hatten.
    Jamaica kniete neben ihm und machte sich seine wehrlose Position zunutze: »Ein Kuss auf das gute Gelingen?«
    »Aber immer.« Er lächelte, obwohl er das nicht erwartet hatte.
    Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände und gab ihm einen Kuss, dass er beinahe den Halt an dem Kabel verloren hätte. Sie gaben beide wohlige Laute von sich, ihre Lust aufs Neue angeheizt. Als sie sich von ihm losriss, versuchten ihre tiefen grünen Augen ihn zu verschlingen. Er hätte sich ja gern verschlingen lassen, wenn da nicht noch diese kleine Aufgabe zu bewältigen gewesen wäre.
    »Ich glaube, du hast mir alle Luft ausgesaugt«, sagte er benommen.
    Sie leistete ihm Hilfestellung bei seinem Abgang, indem sie ihn unter den Schultern stützte. Seine Zehen trafen auf die Stahlträger und rutschten ab. Er spreizte seine Beine und fand Halt.
    Sie tätschelte den roten Besatz seiner Handschuhe, während er an dem Sims hing.
    »Okay. Kein Wort mehr. Das gibt ein höllisches Echo. Wenn ich am Boden ankomme und dreimal an der Leine ziehe, dann ziehst du das Paket hoch und lässt danach das Seil wieder herunter.« Er wollte es sich nicht in den Gürtel klemmen und es dann auf halber Höhe wieder verlieren oder sogar zerreißen.
    Sie nickte und nahm ihren Posten vor dem Fenster ein. Er fühlte, wie ihre Lippen ihm einen leichten Kuss auf die Stirn gaben.
    »Los«, sagte sie, und er rutschte abwärts.

20.
    Als Cruz so langsam von den Betäubungsmitteln erwachte, stellte er fest, dass er flach auf dem Rücken in einem vergitterten Krankenhausbett lag und direkt zu Marko aufblickte, der mit dem Gorilla verwandt sein musste, der ihn im Oakwood-Knast durch die Mangel gedreht hatte.
    »Wurde auch langsam Zeit, dass du wach wirst. Ich hatte langsam keine Lust mehr, diese Scheiß-Sportzeitung zu lesen.« Wenn es sich um den Playboy gehandelt hätte, wär es wohl anders gewesen.
    Der Fernseher schimmerte gottgleich aus einer Nische in der Wand herab. Ohne Ton. Er erfüllte den Raum mit einem Kobaltschimmer, in dem Markos stecknadelkopfgroße Augen glitzerten. Cruz sah, dass sein ausgekugelter Arm an eines der Bettgitter gebunden war, um ihn für die Infusionen zu stabilisieren, die Glukose in seine Adern tropften. Er trug ein Krankenhaushemd und fühlte die Knoten in seinem Rückgrat.
    »Du hast ein wirklich einmaliges Matschauge.«
    Von innen gesehen war die Augenverletzung erschreckend. Von dem Licht des Fernsehers tränte das Auge.
    Marko trug ein Tweedjackett mit Lederbesatz an den

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