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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
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nach draußen führte, brachten den neuen Mieter in Kenilworth billiges Imitat einer Waschküche. Eine münzbetriebene Waschmaschine und ein Trockner. Eines von beiden war immer defekt. Der Weg nach da unten war verlorene Liebesmüh.
    Er holte eine Flasche Quietly-Bier aus dem Kühlschrank und stellte erfreut fest, dass er gerade mal wieder kühlte. Quietly-Bier hatte keine Schraubverschlüsse. Er schloss den Kühlschrank nur ganz vorsichtig, um den Fluch damit nicht heraufzubeschwören. Wenn das Ding jetzt wieder nicht funktionierte, konnte er sein Bier immer noch in den Schneewehen kühlen, die sich hoch auf den Fensterbänken draußen auftürmten … Falls die Fenster nicht festgefroren waren. Nach zwei, drei belebenden Zügen aus der Flasche pickte er mit der Kuppe seines Mittelfingers die letzten Reste Koks von seinem Silberspiegel. Teufelsstaub für die Gaumen. Danach leckte man sich die Finger.
    Seine Ohren spitzten sich erneut nach dem Geräusch des Geistes, fingen aber nur die des Velasquez-Monsters auf. Dann ging der Pieper los, den er sich in die Tasche seiner Jeans geklemmt hatte. Das wäre eigentlich mal eine Abwechslung gewesen, aber in seinem Zustand ließ der abrupte Alarm ihn fast zur Lampenfassung an der Decke springen.
    Dieser verfluchte Bauhaus.
    Zeit und Bequemlichkeit waren dem mörderischen Chicagoer Winter zum Opfer gefallen. Erreichbar zu sein hatte Ähnlichkeit mit russischem Roulette. Und deswegen war Cruz zurzeit das Auf-Abruf-Opfer einer Versorgungslinie, die sich sein örtlicher Mentor ausgedacht hatte. Dieser fette Kinderschänder. Sobald der Pieper losging, musste Cruz sich auf den Weg machen, drei Blocks nordwärts zum Oakwood-Postamt. Da würde er im Postfach 100 eine Überraschung finden. Ein Rückruf zu einer von Bauhaus’ abhörsicheren Nummern würde den Empfang bestätigen, und dann würde er genauere Lieferinstruktionen erhalten. Alle Geschäfte wurden so abgewickelt, bis Cruz eine sicherere Wohnung fand oder ein Telefon bekam. Bauhaus genoss die Kontrolle, die er so über ihn hatte. Münzfernsprecher waren indiskutabel, wenn man sich Gedanken um die Sicherheit machte. Cruz’ Absteigen, egal, wie nobel die auch werden würden, würden nie an die Paranoia heranreichen, mit der Bauhaus seine kleine Nazifestung gesichert hatte. Und ein US-Postfach war eines der sichersten Verstecke, das man an einem Ort wie Oakwood nur finden konnte.
    Er goss sich den Rest seines Biers hinter die Binde und schluckte nur noch Schaum. Dann schnürte er seine neuen Stiefel – Leder, das eingelaufen, aber noch nicht abgewetzt war, olive Leinenbesätze an den Seiten, gute dicke Sohlen. Streusalz und Chemikalien hatten dem Glanz zwar schon zugesetzt, aber Cruz hatte sie mit wasserabweisendem Spray eingesprüht. Er zwängte sich in sein Ninja-Outfit und verknotete ein Halstuch, um sich gegen die Kälte zu wappnen. Alle Klettverschlüsse waren zu, und der Reißverschluss war bis zum letzten Glied verhakt. Eine Kapuze hatte er noch in einer Tasche im Kragen, und ein Klettverschluss schloss an seinem Hals ab. Er wusste, es waren draußen mindestens zehn Grad unter null.
    Er rüttelte noch einmal an dem Knauf seiner Tür, um sich davon zu überzeugen, dass sie auch wirklich verschlossen war, tastete nach seinen Schlüsseln und trat in die abgestandene Luft des inneren Flurs hinaus. Die Wohnungstür seiner Nachbarin ragte vor ihm auf. Er schlängelte sich um die Eingangstür dieser Luftschleuse herum und überprüfte noch einmal, dass auch diese geschlossen war.
    Er sah hinunter. Eine magere schwarze Katze sah zu ihm auf, als erwarte sie, eingelassen zu werden.
    Cruz mochte Katzen nicht besonders, er verabscheute sie aber auch nicht. Beim einzigen Mal, an dem er überhaupt über sie nachgedacht hatte, war es um die Überlegung gegangen, dass der einzige wirkliche Unterschied zwischen Katzen und Ratten darin bestand, dass Katzen die Kunst des Einschmeicheins bei Menschen gelernt hatten. Er fragte sich, ob diese hier der Frau gehörte, mit der er seine Luftschleuse teilte, Linda Soundso, die fette Frau, deren versperrte Tür anderthalb Meter von seiner entfernt war in diesem behelfsmäßigen gemeinsamen Ex-Flur.
    Er stieg über die Katze hinweg, die nach der Luft aus der Luftschleuse schnüffelte, als wisse sie genau, was sie da tat. Wenn sie zu Linda gehörte, dann sollte sie besser gut für sich selbst sorgen.
    Er steuerte auf die enge, gewundene Treppenflucht zu, weil er genau wusste, dass Fergus den

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