Der Schädelring: Thriller (German Edition)
Bisschen Grau im Braun seiner Pupillen. Eine tief vergrabene Traurigkeit.
„Armer Walter, ja vielleicht. Arme Frau, würde ich eher sagen. Es gibt natürlich jede Menge Höhlen und Klippenränder auf dem Cracker Knob, wo ein Mensch seinem Schöpfer begegnen könnte. Aber ein Bergmädchen würde solche Gefahren kennen und sie würde nicht einfach mitten in der Nacht herumwandern. Auf keinen Fall.“
Frau Covington sprach, als ob sie durch den Dunst der Zeit sehen konnte. „Gewisse Leute sagen, dass Walter bei ihrem Verschwinden seine Hand im Spiel gehabt hätte, dass er ihr über die Klippe geholfen hätte, wenn Sie wissen, was ich meine. Vielleicht hat er sie erwürgt und in einer dieser Felsenspalten auf dem Nordabhang verschwinden lassen.“
„Er hat mir einen guten Eindruck gemacht. Er ist freundlich.“
„Na, ja, ich stelle nicht gerne derartige Vermutungen auf. Ich bin mir nicht sicher, doch ich habe gehört, sie sei schwanger gewesen, als sie verschwand.“
Der Kuchen fühlte sich wie ein Stück Holz in Julias Hals an, als sie sich vorstellte, wie eine verängstigte junge Frau in den wilden Bergen mit all den Felsabstürzen und dem Lorbeergestrüpp umherirrte.
Frau Covington neigte sich verschwörerisch nach vorne. „Ist dies nicht der Student, dieser Spanner?“
„Student?“
„Ja, der in der Wohnung dort drüben. Sie haben ihn dabei erwischt, wie er ein Mädchen in der oberen Wohnung bespitzelt hat. Die Polizei war hier.“
„Wurde er verhaftet?“
„Nein. Er behauptete, dass er stockbetrunken gewesen sei, was bei ihm im Allgemeinen nicht weit von der Wahrheit entfernt ist. Er sagte, er habe nach seiner Freundin gesucht. Keines der Mädchen hat Anklage erhoben. Ich nehme an, die verkehren alle im selben Milieu. In der folgenden Woche veranstalteten sie eine Party zusammen, als ob nichts geschehen wäre.“
Julia schob ein Stück Kuchen und Speiseeis in den Mund.
„Sie haben was von eigenartigen Vorkommnissen gesagt. Was meinen Sie damit?“ fragte Frau Covington.
„Nichts besonderes, nur komische Geräusche in der Nacht.“
„Hartley.“
„Was ist mit Hartley?“
„Deke Hartley lebte fünf Jahre lang in Ihrem Haus. Ein wunderlicher alter Kauz. Das Licht brannte die ganze Nacht hindurch; er kam und ging zu allen möglichen Zeiten, hatte nie eine feste Routine. Ich traue Menschen nicht, die keine Alltagsroutine haben.“
„Was hat dies mit den komischen Geräuschen im Wald zu tun?“
„Die Hartleys waren ein grobes Pack, aber Deke gelang es, sich aus Schwierigkeiten rauszuhalten. Einige sagten jedoch, er wäre in zweifelhafte Geschäfte verwickelt gewesen. Ich schnüffle im Allgemeinen nicht in den Angelegenheiten anderer Menschen herum, aber man hört halt so Einiges.“
Julia verbarg das Grinsen hinter einem weiteren Bissen Kuchen. Sie vermutete, dass sie alles hören würde, worüber Frau Covington nicht sprechen wollte.
„Ich glaube, dass er was mit Drogen zu tun hatte“, sagte Frau Covington. „Die eigenartigsten Gerüche kamen aus diesem Haus. Leute besuchten ihn mitten in der Nacht und man konnte nie ihre Gesichter sehen. Dieses ewige Hin und Her machte mich ganz verrückt.“
„Herr Webster sagte mir, dass der frühere Mieter vor Ablauf des Mietvertrags verschwunden sei und dass das Haus seither leer gestanden habe.“
„Ja, er war einfach auf und davon. Ließ alle seine Kleider zurück, ließ den Fernseher eingestellt, das Essen im Kühlschrank, war wie vom Erdboden verschwunden. Sein Auto stand drei Wochen lang unberührt in der Einfahrt. Letztendlich habe ich die Polizei angerufen. Ich nehme an, er fungiert noch immer unter ‚Vermisst wird‘. Das war etwa vor zwei Jahren, wenn ich mich recht erinnere. Etwa zur gleichen Zeit, als das kleine Mädchen ermordet wurde.“
Julia wunderte sich, weshalb Herr Webster ihr nichts von all dem erzählt hatte. Vielleicht hatte er befürchtet, dass sie den Mietvertrag nicht unterschreiben würde. Zudem erkundigte man sich bei der Haussuche nicht unbedingt nach dem Schicksal des früheren Mieters. Julia glaubte nicht daran, dass Häuser von Geistern heimgesucht wurden, ob es sich nun um Geister von Toten oder nur um Erinnerungen handelte. Das Haus war eine gute Wahl gewesen, solide und preiswert, trotz dieser Enthüllungen. Friedlich genug, damit sie Zeit zum Nachdenken hatte und die richtige Anzahl Bewohner rund herum, um sich nicht total isoliert zu fühlen. Auch wenn der Nachbarhund gelegentlich kleine Landminen
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